Bär, Otter und der Junge (German Edition)
lässt, wie du es noch nie zuvor bei einem Menschen gespürt hast. Jetzt stell dir vor, einen dieser Momente zu erleben, in denen die Zeit sich verlangsamt, wenn dieser Mensch an dir vorbeigeht und sich eure Augen treffen, aber es ist nicht das langsame Schlagen deines Herzens, das dich nach Luft schnappen lässt, sondern der Schatten, den du schon ein paar Mal über das Gesicht dieses Menschen hast huschen sehen, ein Schatten, von dem du weißt, dass du ihn verursacht hast und von dem du weißt, dass du etwas gegen ihn tun könntest, wenn du nur den Mumm hättest, es zu tun. Wenn doch nur...
„Warte“, mein Ausruf ist kaum hörbar, als ich nach seinem Arm greife.
Creed, da gibt es etwas, das ich dir sagen wollte. Weißt du, es ist einiges passiert, seit du gegangen bist. In der Tat ist schon seit Jahren eine Menge passiert. Ich bin der Grund dafür, dass Otter fortgegangen ist. Ob er mir nun zustimmt oder nicht, ich bin der Grund dafür, dass er fortgegangen ist, und ich bin der Grund dafür, dass er fortgeblieben ist. Zwischen deinem Bruder und mir ist etwas geschehen, Creed, und es ist geschehen, gleich nachdem meine Mom uns hat sitzenlassen. Ich hatte Angst. und ich war traurig, und er ist in der Nacht, bevor er gegangen ist, zu mir gekommen, und ich habe etwas getan, das ich nicht hätte tun sollen. Ich habe ihn geküsst. Ich habe deinen Bruder geküsst. Aber das ist es nicht, was ich falsch gemacht habe. Mein Fehler war, dass ich mich davon so sehr habe erschrecken lassen, dass er gegangen ist. Ich hätte ihn aufhalten können. Ich hätte die letzten drei Jahre nicht geschehen lassen müssen, wenn ich es wirklich gewollt hätte. Und versteh mich nicht falsch; ein Teil von mir wollte ihn aufhalten. Aber alles andere um mich herum ist auseinandergefallen, und ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte. Ich weiß, dass ich das, egal wie sehr ich es versuche, nicht weiter als Ausrede benutzen kann.
Aber etwas Komisches ist passiert, Creed. Otter ist zurückgekommen. Otter ist zurückgekommen und in mir hat sich etwas verändert, etwas in mir hat sich befreit. Zum ersten Mal seit langer Zeit, habe ich mich durch die Augen eines anderen gesehen. Es hat mich geblendet, denn es war wie in die Sonne zu sehen. Noch nie hat mich jemand so angesehen. Etwas in mir hat sich verändert, und seitdem habe ich damit zu kämpfen. Es ist ein täglich anschwellender Kampf, und ich kann kein Ende ausmachen, und das macht mir Angst. Aber wenn du die Wahrheit wissen willst ich will, dass du es weißt. Ich liebe ihn. Ich liebe Otter. Ich denke, das habe ich immer, und ich denke, das werde ich immer. Es klingt verrückt, dass so etwas von mir kommt, das weiß ich. Ich bin der letzte Mensch, von dem du erwarten würdest, so etwas zu hören. Ich will es nur nicht mehr für mich behalten. Ich bin es müde, dagegen anzukämpfen, und Otter hat mir gesagt, dass der Kampf um mich alles ist, was er je gekannt hat, und ich konnte ihm das nicht mehr antun. Nicht, wenn er endlich zu mir nach Hause gekommen ist. Nicht, wenn ich es für uns beide einfacher machen könnte. Ich bin in deinen Bruder verliebt, Creed, und alles wird gut werden. Zwischen uns beiden wird sich deshalb nichts ändern. Du bist noch immer mein bester Freund, du bist noch immer mein Bruder. Kannst du das verstehen? Bitte sag mir, du kannst...
„Was, Bär?“, fragt mich Otter leise, wartend. Creed sieht neugierig zu uns herüber. Die Worte können herausbrechen, ich weiß, dass sie es können. Ich weiß, dass sie es können.
„Nichts“, murmle ich, als ich seinen Arm loslasse. Otter sieht mich einen Moment traurig an. . Er zuckt unauffällig mit den Schultern und geht aus dem Zimmer. Ich sehe ihm hinterher. Es fühlt sich an, als würde ich ihm immer beim Fortgehen zusehen.
„Der Junge weiß es also?“, fragt Creed, völlig unwissend ob der Tatsache, dass gerade die Welt zusammengebrochen ist. „Wie gesagt, tut mir leid, Alter. Ich weiß nicht, was ich mir gedacht habe.“
„Mir tut es auch leid“, flüstere ich kaum hörbar.
Kapitel 9
Wo Bär und der Junge Pläne schmieden
(und schlechte Gedichte schreiben)
„W AS soll ich nur tun?“, stöhne ich in meine Hände. „Ich kann mich beinahe selbst dabei sehen, offen und ehrlich über alles zu sein, aber ich erkenne diese Person nicht wieder. Und ich hab Angst, dass ich es nicht tun kann. Otter wird frustriert sein und gehen. Wie, um alles in der Welt, habe ich mich in diese Situation gebracht?“
Ein
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