Bären im Kaviar
einen Jeep unpassierbar. Man mußte also vor den
Bergen nach Süden ausweichen und über Kandahar nach Kabul zu gelangen
versuchen. Zwischen Herat und Kandahar gibt es drei große Flüsse, die alle hoch
oben im Hindukusch entspringen, nach Persien hinunterfließen und dort im
Wüstensand versickern. Über jeden sind im Verlauf der Geschichte mehrere
Brücken geschlagen worden, doch reißt meist jede Frühjahrsüberschwemmung einen
oder zwei Pfeiler weg.
Ich telegrafierte also nach Washington
um die Erlaubnis, mich von einem Armeebomber, deren es in Teheran etwa ein
halbes Dutzend gab, nach Kabul fliegen zu lassen. Die US-Luftwaffe am Orte
versicherte mir, mich in etwa vier Stunden nach Kabul befördern zu können.
Washington freilich schien von der Idee nicht viel zu halten, denn es
beantwortete meine Depesche nicht einmal. So entschloß ich mich, die
Überlandtour zu riskieren, und bat das State Department telegrafisch um die
Genehmigung, mir einen Panzer-Spähwagen zu leihen, von denen — nach Ansicht der
in Teheran stationierten Militärbehörden — in Persien eine überreichliche
Anzahl vorhanden war. Doch auch das schien keinen Anklang zu finden, denn auch
diesmal erhielt ich keine Antwort. Schließlich telegrafierte ich, daß ich,
falls ich nichts Gegenteiliges höre, einen dreißig Personen fassenden
Chevrolet-Omnibus mieten und zwei Tage später abfahren würde. Nebenbei wies ich
noch darauf hin, daß die Kosten fast so hoch seien wie die für einen Bomber und
dreimal so hoch wie die für einen Panzer-Spähwagen. Antwort bekam ich natürlich
wiederum nicht.
In Teheran hatte ich das Glück, einen
jungen Amerikaner — Bob Allen - aufzutreiben, der fließend Persisch sprach und
einiges von der Arbeit im Auswärtigen Dienst verstand. Er erklärte sich bereit,
als mein Legationssekretär mitzukommen. Bob war als Sohn eines Missionars in
Persien groß geworden und kannte nicht nur die Landessprache, sondern auch
Sitten und Charakter der Bevölkerung. Darüber hinaus besaß er noch den für eine
Aufgabe wie die vor uns liegende unerläßlichen Humor. Außer Allen umfaßte meine
Suite Yang, der inzwischen mit mir hin und her um die halbe Weit gereist war,
und Midget, die ich seit acht Jahren besaß. Washington hatte versprochen,
Einrichtungsgegenstände, Formulare, Schreibmaschinen und das übrige Drum und
Dran zur Eröffnung einer Legation herüberzuschicken, doch als ich endlich
startbereit war, war in Teheran nur ein Koffer mit Geheimkodes eingelaufen.
Liebenswürdigerweise erlaubte mir Dreyfus, unser Gesandter, seinen eigenen
Laden zu plündern — bis auf die Schreibmaschinen, die damals in der ganzen Welt
knapp geworden waren.
Wir nahmen sämtliche Bänke aus dem
Chevrolet und kauften für Allen und mich ein paar gebrauchte, dick gepolsterte
Sessel, die auf den Boden genagelt wurden. Dann stopften wir unser Gepäck und
die Bürogegenstände hinten in den Bus, packten aufs Dach einige hundert
Gallonen Benzin und waren abfahrbereit.
Und genau zu diesem Zeitpunkt rollte,
von Indien kommend, ein Jeep in Teheran ein, dem Major Gordon Enders entstieg,
der — wie er verkündete — neue Militärattache der Gesandtschaft in Kabul. Er
erzählte noch, daß sämtliche Brücken zwischen Kabul und Teheran kaputt seien
und die Stämme im östlichen Persien sich mal wieder in einem Aufstand befänden
und die Gegend durchtobten. Zum Glück, so fügte er beruhigend hinzu, besitze er
ein Maschinengewehr und freue sich, mich auf der Reise zu eskortieren. Gordon
hatte den größten Teil seines Lebens in unmögliche Abenteuer verwickelt
zugebracht: Er hatte der »Lafayette-Esquadrille« (der amerikanischen
Fliegerabteilung in der französischen Armee im Ersten Weltkrieg) angehört, war
unter anderem Pilot Tschiangkaischeks gewesen, hatte an etlichen Tibetexpeditionen
teilgenommen und war schließlich Radiokommentator des Senders der
Purdue-Universität geworden. Als Burschen besaß er einen wildblickenden Mann
aus dem Stamme der Pathan, der, nach Gordons Worten, Yang helfen würde, uns die
Reise angenehm zu gestalten. Gordon und sein Pathan hatten uns allein noch
gefehlt, um die Tour erfolgreich durchzuführen. So brachen wir also gleich am
ersten Tag nach seiner Ankunft auf. Die Abfahrt verzögerte sich leider etwas,
weil die polnische Kolonie, der ich ja bei ihrer Ankunft in Teheran hatte
behilflich sein können, darauf bestand, mir noch einen »Satteltrunk« zum
Abschied zu reichen. Er bestand aus etlichen Kisten
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