Bären im Kaviar
Champagner, vielen Toasten
und herzlichen Wünschen, und so konnte unsere für den Mittag vorgesehene Reise
erst gegen fünf Uhr nachmittags losgehen. Dann aber brausten wir endgültig aus
der Stadt in die Wüste hinein.
Vom ersten Augenblick an entwickelten
Gordon und sein Jeep die Angewohnheit, rund fünfzehn Kilometer voraus die
Gegend zu erkunden. Wie mir schien, wurde die Nützlichkeit seines
Maschinengewehrs dadurch etwas herabgesetzt. Knapp hundert Kilometer hinter
Teheran versperrten uns große Felsblöcke den Weg, so daß mein Fahrer Gas
wegnehmen und sich vorsichtig um sie herumschieben mußte. Während dieser Aktion
wies uns das häßliche Pfeifen einer Gewehrkugel nachdrücklich darauf hin, daß
Nachtfahrten im kriegerischen Persien nicht gerade der bekömmlichste
Zeitvertreib sind. Als wir Gordon im nächsten Dorf einholten, stellten wir zwei
niedliche Kugellöcher im Benzintank fest. Unser Fahrer, ein leicht nervöser
Perser, schaffte es aber, sie mit einer kaugummiartigen Masse zu verkleben,
während wir uns im lokalen Tschai-chana, dem Teehaus, für die Nacht
einrichteten.
Zwei Tage lang schaufelte sich unser
Wagen mühsam durch die Wüste, dann erreichten wir Mesched, wo uns das
amerikanische Konsulat aufnahm. Ich stattete dem sowjetischen und dem
englischen Konsulat Besuche ab, besichtigte das Grab des neunten Imam und
machte mich mit meinem Gefolge schleunigst wieder auf den Weg zur Grenze. Nach
dem Büchsenkugelzwischenfall hatten wir die Weiterfahrt jeweils auf die
Tagesstunden beschränkt, doch war unser Plan durch meine Höflichkeitsbesuche so
durcheinandergebracht, daß wir uns entschieden, diesmal trotz der hereinbrechenden
Dunkelheit über die Grenze bis nach Herat zu fahren.
Als unser Bus den letzten persischen
Außenposten erreichte, war es etwa elf Uhr abends. Gordon Enders samt
Maschinengewehr und Jeep hatte die Grenze natürlich mittlerweile längst
passiert. Der Leutnant auf dem Grenzposten erzählte uns etwas säuerlich, die
Stämme ringsum befänden sich in ungewöhnlich rastloser Gemütsverfassung, was —
wie wir ohne Schwierigkeiten heraushörten — bedeutete, daß sie noch
schießfroher waren als sonst schon. Ihre Lieblingsjagdgründe, fuhr der Leutnant
fort, seien die neun Meilen zwischen seinem Posten und der ersten afghanischen
Garnison jenseits der Grenze. Seiner Meinung nach sei es mehr als tollkühn,
diese Strecke bei Nacht zurückzulegen. Ich stimmte ihm zu und sagte, wir nähmen
von Herzen gern seine freundliche Einladung an, bis zum anderen Morgen bei ihm
zu bleiben. Mit arabeskenreicher orientalischer Höflichkeit setzte er uns
auseinander, daß er uns keineswegs eingeladen habe, die Nacht bei ihm zu
verbringen, daß die Stämme zweifellos über die Busladung reicher Amerikaner in
ihrem Bereich informiert seien und daß er über nur sechs Soldaten verfüge und
nicht beabsichtige, die nächsten Stunden mit dem Abwehren einiger hundert
aufgeregter Stammesbrüder zuzubringen. In diesem Falle hielt ich es für
gescheiter, zur nächsten persischen Garnisonstadt zurückzufahren. Das, erklärte
er, sei jedoch mehr als albern, da sie rund fünfzig Kilometer zurückliege und
wir todsicher angegriffen werden würden, ehe wir auch nur die Hälfte des Weges
hinter uns gebracht hätten. Ich deutete vorsichtig an, er sei keine übermäßig
große Hilfe für uns. Vorn tobten die Stämme durch die Nacht, hinten war es
mindestens ebenso gefährlich, und wo wir waren, durften wir nicht bleiben.
Konnte er uns vielleicht wenigstens einen konstruktiven Rat geben? Aber alles,
was der Leutnant vorschlagen konnte, war, daß wir die (wie er es nannte)
»notwendige Vorsicht« walten ließen und im übrigen schnellstmöglich von seinem
Außenposten verschwänden, ehe wir die Aufmerksamkeit der Stämme schon hier auf
uns richteten. In Abwesenheit Gordons und seines Maschinengewehrs fielen die
»notwendigen Vorsichtsmaßnahmen« etwas mager aus, aber wir taten unser Bestes.
Bob Allen gab ich den geladenen Revolver und instruierte ihn gleichzeitig, sich
neben den Fahrer zu setzen und ihn umzulegen, falls er stoppe. Meine Büchse gab
ich geladen an Yang weiter mit dem Befehl, nur auf meine Aufforderung hin zu
schießen. Für mich selber holte ich die Jagdflinte hervor. Den Koffer mit den Codes
stellte ich nebst einer kleinen Flasche Benzin und einer Dose Streichhölzer
zwischen meine Knie. Das letzte, was mir übrigblieb, wenn wir wirklich in
Schwierigkeiten geraten würden, wäre, sie zu
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