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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
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obschon ein
Teil davon kürzlich abgeschwemmt und durch ein ziemlich wackeliges Holzgestell
ersetzt worden war. Wir entluden den Bus, und einige spannende Augenblicke
später war der Fahrer tatsächlich drüben, ohne durchgebrochen zu sein. Dafür
aber war die nächste Brücke über den Tschaschrud total zertrümmert. Wir
schlugen am Ufer unser Lager auf und zerbrachen uns, gemeinsam mit den Spitzen
der ortsansässigen Bevölkerung, die Schädel, wie wir wohl hinüberkommen würden.
Die Frühjahrsüberschwemmungen waren noch nicht vorüber, und der Fluß führte
Hochwasser. Schließlich fanden wir zwei ziemlich große Kähne, die
aneinandergebunden und als Fähre benutzt werden konnten: die Vorderräder des
Omnibusses auf dem einen, die Hinterräder auf dem anderen Kahn! Doch gleich
darauf erhob sich die Frage, wie nun das Ganze zu steuern und zu bewegen sei.
Nach etlichem Hin und Her erbot sich ein junger eingeborener Krieger, mit
seinem Pferd auf die andere Seite zu schwimmen und dort ein Seil zu befestigen,
an dem wir unsere Fähre dann hinüberziehen konnten. Es klang ein wenig prekär,
doch blieb uns kaum etwas anderes übrig, es sei denn, wir warteten etliche
Wochen, bis das Hochwasser gesunken war. Er sprang also mit seinem Rosse
aufklatschend ins brausende Wasser und krabbelte nach einigen aufregenden
Minuten tatsächlich drüben ans Ufer — etliche hundert Meter unterhalb des
Einsprunges zwar, aber das Seil immer noch fest am Sattel des Pferdes. Wenige
Stunden später hatten wir den Tschaschrud heil passiert.
    Die Brücke über den Hilmend, knapp vor
der Einfahrt nach Kandahar, sah auf den ersten Blick ganz harmlos aus. Erst als
wir näher kamen, stellten wir fest, daß die Auffahrt weggeschwemmt war und nur
ein enger, S-förmiger Damm im Winkel von fünfundvierzig Grad an die Brücke
heranführte.
    Die Aufsicht über die Brücke hatte ein
alter ungarischer Techniker. Es sei sehr schwierig, erklärte er, die
Eingeborenen gerade Linien herstellen zu lassen. Es käme zum Schluß doch immer
so etwas wie eine S-Kurve heraus. Überdies sei auch der Damm kürzlich erst von
den Fluten angeknabbert worden, und sie wären kaum dazu gekommen, ihn zu
flicken, geschweige denn ganz neu zu errichten. Immerhin könnten wir unser
Glück ja mal versuchen.
    Nach diesen aufmunternden und
herzerfreuenden Worten entluden wir wieder einmal unseren Bus, und der unselige
Fahrer erhielt den Befehl, loszubrausen. Der Rücken des Dammes lag gute zehn
Meter höher als das felsige Flußufer. Wer von oben herunterrutschte, konnte
einen sehr ordentlichen Purzelbaum schlagen, ehe er unten ankam. Der Fahrer
erwog die Aussicht, klemmte sich stirnrunzelnd hinter das Steuerrad, setzte ein
Stück rückwärts und versuchte dann den Damm mit einem gewaltigen Anlauf zu
nehmen. Als er bergauf fuhr, klapperte der alte Bus und stöhnte heulend, aber
die Schwungkraft riß ihn noch um die erste Kurve, bevor die Räder zu rutschen
anfingen. Sekunden später lag er mitten in der letzten Kurve vor der Brücke. Da
aber ließ sein Anzugsvermögen ihn im Stich, und die Räder begannen wild zu
mahlen. Langsam rutschte er rückwärts auf die Steilseite des Dammes zu. An
diesem Punkt des Geschehens wandte ich mich entsetzt ab und machte einen langen
Spaziergang in die Wüste. Aber das splitternde, blecherne Krachen, das ich
jeden Augenblick — beim Aufschlag von Bus und Fahrer auf das Felsufer — zu
hören glaubte, ertönte nicht. Als ich schließlich umkehrte, hockte der brave
Omnibus auf der äußersten Kante des Abhanges, die Hinterräder drehten sich über
dem Abgrund, das Chassis war tief in den Sand gewühlt.
    Ich sah den ungarischen Techniker an:
    »Was nun?«
    »Oh, das macht nichts! Wir werden den
Bus, so wie er da liegt, fest verankern, und morgen früh lasse ich ihn durch
ein paar kräftige Burschen wieder flottmachen. Sie können solange bei mir
bleiben. Ich bin ein ziemlich guter Koch und habe sogar eine Dusche im Garten.
Außerdem, wissen Sie, habe ich seit sechs Monaten keinen Angehörigen der weißen
Rasse gesehen und — ganz ehrlich gesagt — gehofft, daß der Fahrer den Dreh
nicht kriegen würde.«
    Wir verbrachten einen sehr vergnügten
Abend mit unserem neuen ungarischen Freund, der uns eine sehr, sehr lange
Geschichte über seine diversen Rettungen aus den Händen der Deutschen, der
Russen, der Italiener und verschiedener anderer Nationen erzählte. Es mag alles
bis aufs I-Tüpfelchen wahr gewesen sein, doch konnte ich mich des

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