Bären im Kaviar
versucht
hatten, in Afghanistan eine Gesandtschaft zu eröffnen, hatte ich mir die
wortreiche und beredte Schilderung des afghanischen Gesandten über das Leben in
seinem Lande angehört und beiläufig gegenüber Bullitt erwähnt, daß es eine ganz
amüsante Aufgabe sein müsse, dorthin zu gehen. Und als sich das Department acht
Jahre später entschloß, der Bitte zu entsprechen, stand auf der Liste als
einzige Person, die jemals vorgeschlagen hatte, nach Afghanistan geschickt zu
werden — ich selber.
Um jedoch dem Department volle
Gerechtigkeit zukommen zu lassen, muß ich hinzufügen, daß ich diese Versetzung
niemals bedauert habe.
Ich brauchte nicht lange, aus
Kuibyschew abzureisen. Bevor ich ging, gab ich noch ein großes Abschiedsfest.
Der leise Verdacht, daß mich nach mehr als sieben Jahren Rußland selbst das
State Department nicht sehr bald wieder hierhin zurückschicken würde, war nicht
von der Hand zu weisen und eine Feier deshalb wohl angebracht.
Um die ständige Speisekarte —
Schwarzbrot und Büchsenwürstchen — etwas zu bereichern, schickte ich den
Botschaftsdiener, mit einer Kiste Wodka, einigen Goldstücken und etlichen Sack
Zucker ausgerüstet, aufs Land, damit er ein Schwein erhandle. Er bekam es auch,
nur war es leider erst wenige Monate alt und nicht viel mehr als dreißig
Zentimeter lang. In Zucker, Wodka und Gold umgerechnet, kostete es etwa
zweihundert Dollar.
Das Fest war so fröhlich, wie alle
Feste in Rußland sind, und dauerte mehrere Tage. Schließlich aber konnte ich
mich aus dem Staube machen, nahm Midget und Yang und fuhr zum Flughafen, wo ich
eine Maschine nach Teheran nehmen wollte.
Der Flughafenleiter bestand darauf,
daß Hunde nicht mitfahren dürften. Glücklicherweise hatte irgend jemand Wodka
mitgebracht, um uns während der auf allen Flughäfen üblichen Verspätung warm zu
halten. Ich gab die Flasche dem Leiter. Als die Maschine endlich beladen und
startbereit war, wäre es ihm sogar Wurscht gewesen, wenn ich eine Herde Kühe
mitgenommen hätte.
Im Bus nach Kabul
Eine Lieblingsredewendung enttäuschter
Legationssekretäre ist: »Damals, als ich Geschäftsträger in Polen war...« (Ein
Geschäftsträger ist ein Diplomat, der vorübergehend an der Spitze einer
Gesandtschaft steht.) Ihre Erzählung beschreibt meist eine haarsträubende
diplomatische Krisis und wie der Legationssekretär sie dadurch abwendet, daß er
unter Hintansetzung jeglicher Sicherheit für sich selber kühn bis zum König
vordringt und ihm ein auf zwölf Stunden befristetes Ultimatum überreicht.
Stellt man etwas genauere Nachforschungen an, wird sich wahrscheinlich ergeben,
daß der Legationssekretär Geschäftsträger war, weil der Botschafter den Posten
wegen unerträglicher Langeweile verlassen hatte, der Botschaftsrat mit
Ziegenpeter zu Bett lag, der Erste Sekretär mit der Botschaftsstenotypistin
durchgebrannt und der Zweite Sekretär den Nachmittag über fischen gegangen war.
Nun, als ich Geschäftsträger in
Afghanistan war, wollten mich die Afghanen nicht einmal in ihr Land lassen.
Legationssekretäre, so beklagten sie sich nicht ohne Grund, seien zur
Anknüpfung diplomatischer Beziehungen zwischen souveränen Staaten nicht
zuständig. Kaum sehr überzeugend argumentierte ich dagegen, daß ich eben ein
ganz besonderer Legationssekretär sei. Zudem, füge ich hinzu, hätten wir Krieg,
und mein Land werde mit der Zeit gewiß auch einen richtigen Gesandten ernennen.
Die Afghanen meinten, wenn es sich so verhalte, könnten vielleicht auch sie mir
mit der Zeit ein Visum erteilen. So saß ich nahezu sechs Monate in Teheran
herum und wartete auf mein Visum, doch erst als Präsident Roosevelt Cornelius
H. van Eengert zum Gesandten bestimmte, sagten die Afghanen, ich könne nach
Kabul kommen. Arbeit der ungewöhnlichsten Art gab es in jenen turbulenten Tagen
1942 in Teheran ausreichend, und es war durchaus nicht schwierig, während des
Wartens auf mein Visum rege tätig zu bleiben. Da kamen zum Beispiel die Polen
an, die Stalin endlich wieder aus der Sowjetunion herausließ. Sie waren
ursprünglich aus Polen nach Rußland »umgesiedelt« worden, wie die Sowjets sich
euphemistisch ausdrückten, als die Rote Armee nach der Aufteilung Polens durch
die Nazis ihrerseits auch ein Viertel des Landes besetzt hielt. Wahrscheinlich
handelte es sich um jene Einwohner, die unter einem sowjetischen Regime doch
nicht so recht vorangekommen wären und die der Kreml, liebenswürdig besorgt
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