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Bären im Kaviar

Bären im Kaviar

Titel: Bären im Kaviar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles W. Thayer
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vorteilhaft. Inspizierende Generale
entdeckten weniger leicht, daß man vergessen hatte, seine Schuhe zuzuschnüren,
und wenn man bei einer Parade die Nase krauste, um einen Moskito zu
verscheuchen, ertappte einen der Offizier vom Dienst nicht ganz so schnell bei
einer »unbefugten, eigenmächtigen Bewegung«. Außerdem befreite es einen von der
Notwendigkeit übertriebener Aufmerksamkeit während des Drills. Ein Onkel von
mir, der im ersten Weltkrieg vergebens Offizier zu werden versuchte, pflegte zu
sagen, nur ein Schwachsinniger könne wirklich gut exerzieren. Jeder, der auch
nur den leisesten Hang zum Denken habe, werde sich unweigerlich, gerade wenn
der Zugführer kommandiere: »In Linie links marschiert auf« oder »Linie rechts«,
einer hochinteressanten geistigen Spekulation hingegeben haben und natürlich
den Anschluß verpassen. Diese Meinung meines Onkels hat etwas für sich.
    Dann gab es noch das sogenannte
»soldatische Auftreten«, das eine ganz bestimmte Stellung von Schultern und
Wirbelsäule erforderte. Ich habe niemals mit gerecktem Hals und entblößtem
Adamsapfel ungehemmt denken können. Sobald sich wirkliche Probleme ergeben,
neigen mein Kinn und meine Schultern dazu, sich nachdenklich zusammenzuziehen.
    Wie ich jedoch sehr schnell lernte,
war das nicht die in West Point geforderte Haltung. Als ich in diese Akademie
ein trat, fiel es mir noch schwer, gegen meine Denker-Gewohnheiten anzugehen.
Entweder sackte mein Kinn herunter, wenn ich dachte, oder mein Kinn stand
waagerecht, und mein Geist schlief ein. Das erste Jahr war infolge dieses
Dilemmas ungemütlich, bis es mir schließlich gelang, meine Energien zwischen
die geistigen und körperlichen Vorgänge aufzuteilen.
    Weiteren Kummer bereiteten mir die
Uniformen. In West Point gibt es eine üppige Serie von Regeln, Statuten,
Flaggen- und Klingelsignalen, Nachrichtensystemen und Gott-weiß-was-sonst-noch,
um einem jederzeit zu sagen, welche Uniform in welcher bestimmten Sekunde
gewünscht wird: jetzt etwa Reithose mit Pullover, gleich darauf weiße Hose mit
langem Rock. Es vergingen Monate, ehe man die Bedeutung aller Zeichen kapierte.
Weshalb freilich der Offizier vom Dienst sich grade auf die eine oder andere
Uniform versteifte, ist mir stets ein Geheimnis geblieben. Den sichersten
Anhaltspunkt für unsere Mutmaßungen fanden wir auf die Dauer in den
individuellen Persönlichkeiten der verschiedenen Offiziere vom Dienst.
    »Pete
Newhy ist heute dran«, überlegte man, »schätze, das bedeutet weiße Uniform —
vorausgesetzt, es regnet stark.« Oder: »Dapper Dan hat heute Dienst. Da werden
wir wohl bis zum Zapfenstreich in Paradeuniform ‘rumsausen.«
    Chacun
à son goût.
    Und dann gab es noch den
West-Point-Fetischismus der Sauberkeit. Unsere gewöhnlichen Uniformen hatten
vorn einen schwarzen Bortenbesatz, der meiner festen Überzeugung nach aus
Chamäleonhaut gemacht wurde. Alles, was ein verärgerter, zornesroter Inspektor
zu tun hatte, war, lange genug auf meinen Besatz zu starren — und prompt
erschien ein großer brauner Fleck, der aussah, als ob ich Tomatensoße
geschlabbert hätte. Das gleiche passierte bei Schuhen, Mützenschirmen,
Gewehrläufen oder sonstigen Gegenständen, die blank und sauber sein sollten.
Nicht, daß ich besonders viel gegen die Flecken an sich gehabt hätte — was mich
verletzte, waren die Tadel, die sie mir zuzogen. Sobald eine gewisse Anzahl
dieser Tadel vorlag, konnte man sie an einem freien Nachmittag, kreuz und quer
über den Kasernenhof marschierend, ab-»arbeiten«. Nach dem Tarif: Pro Tadel
eine Stunde. Viel Zeit, wenn man nach dem Stundenplan lebt! Obgleich ich es
niemals fertigbrachte, die Tadel zu umgehen, entdeckte ich doch wenigstens nach
einiger Zeit eine Möglichkeit, sie nicht mehr abzuarbeiten. Eine feststehende
Regel erlaubte jedem, der einer Sportmannschaft angehörte, das Abmarschieren
seiner Tadel bis nach Beendigung der jeweiligen Sportsaison aufzuschieben. Nun
wurde aber Polo das ganze Jahr hindurch gespielt, und es glückte mir
schließlich, bei dem Schreibstuben-Unteroffizier, der das Tadelbuch führte,
einen dauernden Aufschub durchzusetzen. Zuerst fand er den Gedanken ein bißchen
komisch und versuchte ihn mir auszureden, aber da er mein Stubenkamerad war,
hatte ich massenhaft Zeit, ihn zu überzeugen. Es klappte großartig bis zum
Vortag jenes Tages, an dem wir aus General MacArthurs Händen unsere
Offizierspatente empfangen sollten. Irgendein übereifriger Wichtigtuer in

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