Baeuerin sucht Frau
ist mal als er selbst, mal als ich an verschiedenen Orten aufgetaucht. So konnte nichts schiefgehen.« Jochen hebt die Hände in die Luft, lässt sie wieder sinken. Die Geste wirkt hilflos. »Wie sollte ich ahnen, dass ihr ins Feld geht um die Käfer abzusammeln? Als ich davon gehört habe, bin ich sofort zu meinem Vater. Zu spät, hat er gemeint. Wir konnten nichts mehr machen.«
»Und so was will Bürgermeister werden«, murmelt Antje. »So ein Arsch.« Sie sieht Jochen an, zuckt mit den Schultern. »Tschuldige, aber dein alter Herr ist ein Widerling. Und leider auch noch kriminell.«
Ich bringe kein Wort hervor, stehe unter eine Art Schock. Obwohl ich fest davon überzeugt war, dass Wuttke seine Finger im Spiel hatte, die Bestätigung meiner Vermutung ausgerechnet aus dem Mund seines Sohnes zu hören, den ganzen Hergang der Dinge, darauf war ich nicht vorbereitet.
»Ich war zu feige, was zu unternehmen«, fährt Jochen fort. »Statt dir zu sagen was los ist, habe ich es zugelassen, dass die Kinder in das Feld gingen. Ist meine Schuld. Reines Glück, dass nichts Schlimmeres passiert ist. Nicht auszudenken, wenn ...« Jochen bricht ab.
Wir schweigen. Stellen uns vor was »wenn« hätte werden können. Ich erwache zuerst aus der Starre.
»Die Untersuchungen sind abgeschlossen. Die Dinge stehen wie sie stehen. Es ist zu spät, daran was zu ändern«, stelle ich fest.
»Bist du verrückt?«, platzt Antje da heraus. »Du kannst Bruno Wuttke das doch nicht durchgehen lassen! Jetzt, wo wir wissen, woran wir sind, kriegen wir ihn!« Sie nickt Jochen enthusiastisch zu. »Nicht wahr?«
Der nickt zurück, weniger enthusiastisch, aber offensichtlich auch fest entschlossen.
Antje sieht zu mir. »Deshalb ist Jochen gekommen. Er will dir helfen! Ich habe es dir doch gesagt!« Die letzten Worte enthalten einen leisen Vorwurf.
»Mein Vater prahlt beim Abendbrot gerne mit seinen Taten. Ich werde das Gespräch noch mal auf das E605 bringen. Wenn mich nicht alles täuscht, kennt sich die Polizei mit Abhörtechnik aus.«
Im Stillen leiste ich Jochen Abbitte. Ich habe ihn falsch eingeschätzt. Er tut mir nicht leid. Schließlich hat er das E605 gespritzt. Dafür gibt es keine Entschuldigung. Weder einen herrischen Vater noch erlittene Ungerechtigkeiten. Aber ich kann ihn auch nicht verurteilen. Zumal er seinen Fehler längst eingesehen hat und nun versucht zu retten, was zu retten ist.
»Wenn wir Weinhaus einschalten, riskierst du ein Strafverfahren«, gebe ich deshalb zu Bedenken. »Immerhin warst du an der Sache beteiligt.«
»Ist mir klar.«
»Aber ...«
»Kein Aber. Ich tue das auch für mich, wisst ihr? Stellt euch vor, was passiert, wenn mein Vater Bürgermeister wird. Irgend etwas oder jemand steht ihm dann immer im Weg. Wer weiß, was er das nächste Mal von mir verlangt. Und ob das dann auch noch so glimpflich abgeht. Ich sorge lieber jetzt für klare Fronten.«
»Wenn du das durchziehst und es kostet deinen Vater den Bürgermeisterposten, wird er dir das nie verzeihen«, warne ich Jochen. »Du weißt, was das heißt.«
»Ja. Ich werde zu Hause ausziehen. Ich dachte, ich könnte vielleicht ...« Jochen bricht ab, sieht Antje hilfesuchend an.
Die reagiert sofort. »Was hältst du davon, wenn Jochen bei dir auf dem Hof als Helfer anfängt?«, springt sie für ihn ein. »Jochen ist ein erfahrener Landwirt. Ihr werdet euch gut ergänzen.«
Ich starre sie an. Das kann sie unmöglich ernst meinen. Allein die Vorstellung! Außerdem vergisst sie eine Kleinigkeit.
»Antje, ich muss meinen Hof wegen dieser ganzen Aktion aller Wahrscheinlichkeit nach verkaufen«, erinnere ich sie.
»Also, na ja«, meldet Jochen sich da wieder. Er kratzt sich am Kopf. »Ich habe es Antje schon gesagt, finanziell könnte ich dir auch helfen. Als Wiedergutmachung. Der Alte hat mich zwar schon besser bezahlt als die anderen Angestellten und ich hab keine großen Sprünge gemacht. Keine Zeit. Weißt ja selbst wie es ist. Deshalb bin ich ziemlich gut bei Kasse. Ich würd was investieren, dir was vorschießen, Sylvia.« Ein Seitenblick zu Antje. Die nickt. »Wir könnten Geschäftspartner werden.«
»Geschäftspartner? Wir beide?« Das wird ja immer besser! Eben noch Helfer, jetzt Partner.
»Wir haben doch schon mal gut zusammen gearbeitet. Erinnerst du dich?«, versucht er meine Skepsis zu zerstreuen.
Natürlich erinnere ich mich an die Geburt von Karlas Zwillingen. Aber das war etwas anderes. Außerdem - »Es ist ein Biohof. Und soll
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