Baeuerin sucht Frau
lassen, dass du in einen der Brüder verknallt bist? Das war doch gelogen.«
Antje starrt mich an. »Wie kommst du darauf«, stottert sie. Abrupt steht sie auf, nimmt die Kanne mit dem fertigen Kaffee von der Heizplatte. Ich stelle mich direkt hinter sie, so dass sie mir nicht ausweichen kann, als sie sich umdreht.
»Habe ich Recht?«, will ich wissen.
Antje drückt sich irgendwie doch an mir vorbei. »Jochen wartet im Wohnzimmer«, weicht sie aus und macht eine auffordernde Kopfbewegung zu den Haken, an denen die Kaffeetassen hängen. »Nimmst du die Tassen?«
Ich schaffe es, ihr erneut den Weg zu verstellen. »Habe ich Recht?«, bestehe ich auf eine Antwort.
Antje seufzt. »Ja. Aber jetzt, bitte!« Sie weist mit dem Kopf in Richtung Wohnzimmer. Ich nehme die Tassen vom Haken, folge ihr zu Jochen.
Na also, triumphiere ich innerlich. Das ist doch schon mal ein Anfang. Und nachher, wenn Jochen weg ist, werde ich der Sache weiter auf den Grund gehen.
Als wir ins Wohnzimmer kommen sitzt Jochen auf der Couch. Antje setzt sich neben ihn, für mich bleibt der Sessel.
Antje nickt Jochen aufmunternd zu. »Sie hat sich beruhigt.« Wahrscheinlich um ihm den Anfang etwas zu erleichtern, erzählt sie: »Jochen und ich haben selber schon einige Irrtümer zwischen uns geklärt. Wir waren ja früher eigentlich fast so was wie Freunde. Dann gerieten der alte Heinrich und Jochens Vater aneinander. Erik war selbstredend auf Heinrichs Seite. Natürlich hat Jochen da automatisch angenommen, ich sei auf Eriks. Deshalb ging er mir lieber aus dem Weg. Dabei hatte ich mit dem Ganzen gar nichts zu tun.«
»Stimmt«, bestätigt Jochen. »Und das ist nicht das einzige Mal gewesen, dass der Dickkopf meines Vaters Folgen für mich hatte. Abgesehen davon, dass mein Bruder Jan immer sein Liebling war.«
»Weil er es seit jeher versteht, sich ins bessere Licht zu rücken als du«, sagt Antje und beißt herzhaft in ihre Streuselschnecke. Ungeniert kauend erzählt sie: »Ich erinnere mich wie er dir in der Schule die Hausaufgaben geklaut hat. Du hast dann vom Lehrer zu hören bekommen, dass du dir ein Beispiel an Jan nehmen solltest.«
»So in dem Stil«, meinte Jochen. »Als Junge habe ich auf dem Hof doppelt soviel wie mein Bruder geschuftet. Aber er wurde später auf die Uni geschickt. Ich habe stattdessen abends und nachts Bücher gebüffelt - nach der ganzen Hofarbeit am Tag. Zu Zeiten, als mein Bruder in Studentenclubs feiern ging.« Er zuckt mit den Schultern. »Hab halt gedacht, mein Vater würde meine gute Arbeit zu schätzen wissen. Ich hab kräftig angepackt. Ein Schulterklopfen von ihm hat mir gereicht.« Jochen schüttelt den Kopf. »Ich glaube, mein Vater merkt gar nicht, dass er Jan bevorzugt. Er liebt mich bestimmt auch, nur ...« Erneutes Schulterzucken. »... irgendwie eher wie einen guten Hofhund.«
Ich sehe Jochen entsetzt an. »Bitte was?«
»Ja. Ist doch wahr. Jan kam von der Uni zurück und der Alte machte ihn zum zweiten Geschäftsführer. Das habe ich noch geschluckt. Auch, dass weder Jan noch Vater auf mich hören. Dabei hab ich die Mängel auf´m Hof immer als Erster gesehen. Die beiden bauchpinseln sich doch nur gegenseitig, wie gut sie dies oder jenes Geschäft abgeschlossen haben. Die Missstände im Betrieb wurden aber immer größer. Dann kam das neue Projekt, das Biogaswerk. Der Kredit von der Bank war genehmigt, die Pläne schon gezeichnet, da gab es plötzlich ein Problem. Eine zugezogene Ökobäuerin aus der Nachbarschaft wollte ihr Land nicht verkaufen. Der Alte hat schlicht nicht mit diesem Widerstand gerechnet und nun war das Drama groß. Um die Mehrkosten zu finanzieren, haben Jan und Vater bei den Betriebskosten weiter die Daumenschrauben angesetzt. Die Ökobäuerin hatten sie ab sofort auf dem Kieker.«
Bis hierher frage ich mich noch, warum erzählt Jochen mir das alles? Wenn ich scharf auf Familiensaga bin, schaue ich mir die Wiederholungen vom Denver Clan an. Aber nun wird es doch noch interessant.
»Vater war begeistert von seiner Idee, das E605 auf dein Kartoffelfeld zu spritzen«, erzählt Jochen weiter. »Er hat sich den Skandal in den schönsten Farben ausgemalt. Ich glaub, die Vorfreude darauf hat er richtig genossen. Natürlich macht er sich mit so etwas nicht selbst die Hände schmutzig. Er hat mich geschickt. Er fand seine Idee so genial. Niemand kann Jan und mich auseinander halten, erst recht nicht bei Nacht. Jan hat an diesem Abend dafür gesorgt, dass wir beide Alibis hatten und
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