Ball der Vampire
ausbrechen können. Ich umarmte Quinn kurz und ging nach unseren Gefangenen sehen.
Die Pelts saßen, mit Handschellen gefesselt und von Rasul bewacht, im Wohnzimmer auf dem Boden. Barbara und Gordon hatten so sanfte Mienen gehabt, als ich sie im Merlotte's in Sams Büro getroffen hatte, jetzt war diese Sanftheit von Wut und Bosheit abgelöst, was seltsam deplatziert wirkte in ihren harmlosen Vorstadtgesichtern.
Eric brachte auch Sandra ins Wohnzimmer und lud sie neben ihren Eltern ab. Eric stand in der einen Tür, Quinn in der anderen (die, wie mir ein Blick verriet, ins Schlafzimmer von Mr Klein & Dunkel führte). Rasul, der mit der Waffe in der Hand dastand, entspannte sich etwas, da er jetzt so beachtliche Unterstützung hatte. »Wo ist der kleine Kerl?«, fragte er. »Sookie, freut mich, Sie so wohlbehalten zu sehen, auch wenn Ihre Aufmachung etwas hinter Ihrem üblichen Standard zurückbleibt.«
Die Shorts waren weitgeschnittene Cargoshorts, das T-Shirt war riesig und die weißen Socken setzten dem Ganzen die Krone auf. »Sie verstehen es wirklich, einer Frau das Gefühl zu vermitteln, dass sie schön ist, Rasul«, erwiderte ich und versuchte, wenigstens ein halbes Lächeln zustande zu bringen. Ich setzte mich auf den Stuhl mit der hohen Lehne und fragte Barbara Pelt: »Was wollten Sie mit mir machen?«
»Wir wollten Sie so lange bearbeiten, bis Sie uns die Wahrheit gesagt hätten und Sandra zufrieden gewesen wäre«, sagte sie. »Unsere Familie wird erst Frieden finden, wenn sie die Wahrheit kennt. Und die Wahrheit liegt in Ihnen verborgen, das weiß ich einfach.«
Ich war beunruhigt. Mehr als beunruhigt. Weil ich nicht wusste, was ich darauf antworten sollte, sah ich von Eric zu Rasul. »Nur zwei Vampire insgesamt?«, fragte ich.
»An dem Tag, an dem zwei Vampire nicht mehr mit einer Handvoll Werwölfen fertig werden, werde ich wieder zu einem Menschen«, entgegnete Rasul so hochnäsig, dass ich fast versucht war zu lachen. Doch er hatte natürlich recht (auch wenn sie noch einen Tiger zur Unterstützung gehabt hatten). Quinn lehnte in der Tür und gab ein hübsches Panorama ab, obwohl mich in diesem Moment seine nackte Haut überhaupt nicht interessierte.
»Eric«, sagte ich, »was soll ich tun?«
Ich glaube nicht, dass ich Eric schon jemals um Rat gefragt hatte. Er war überrascht. Aber es war ja nicht nur mein Geheimnis. Nach einem Augenblick nickte er.
»Ich erzähle Ihnen, was Debbie zugestoßen ist«, sagte ich zu den Pelts. Ich bat Rasul und Quinn nicht, den Raum zu verlassen. Ich würde mich jetzt sowohl von den ständigen Schuldgefühlen befreien als auch aus Erics Macht über mich, die auf unserem Geheimnis basierte.
Ich hatte über jenen Abend schon so oft nachgedacht, dass die Worte ganz automatisch kamen. Weinen musste ich nicht, denn all meine Tränen hatte ich schon vor Wochen vergossen, ganz für mich allein.
Als ich fertig war mit meiner Geschichte, saßen die Pelts nur da und starrten mich an.
»Das klingt ganz nach unserer Debbie«, sagte Barbara Pelt schließlich. »Mir scheint, es ist die Wahrheit.«
»Sie besaß wirklich ein Gewehr«, bestätigte Gordon Pelt. »Ich habe es ihr vor zwei Jahren zu Weihnachten geschenkt.« Die beiden Werwölfe sahen einander an.
»Sie war ... immer so aktiv«, begann Barbara nach einem Augenblick und wandte sich dann an Sandra. »Weißt du noch, wie wir vor Gericht mussten, als sie in der Highschool dieser Cheerleaderin Klebstoff in die Haarbürste geschmiert hat? Weil die mit ihrem Exfreund ausging? Das klingt doch ganz nach Debbie, hm?«
Sandra nickte, das Isolierband verhinderte, dass sie etwas sagen konnte. Tränen liefen ihr über die Wangen.
»Und Sie können sich noch immer nicht erinnern, wohin Sie sie gebracht haben?«, fragte Gordon Eric.
»Ich würde es Ihnen erzählen, wenn ich mich erinnern könnte«, erwiderte Eric. Auch wenn's mich nicht sonderlich interessiert , schwang in seinem Tonfall mit.
»Sie haben die beiden jungen Werwölfe angeheuert, die uns in Shreveport überfallen haben«, sagte Quinn.
»Das hat Sandra gemacht«, gab Gordon zu. »Wir haben erst davon erfahren, nachdem Sandra sie bereits gebissen hatte. Sie hatte ihnen versprochen ...« Er schüttelte den Kopf. »Sie hatte sie mit ihrem Auftrag nach Shreveport geschickt, aber die beiden hätten wieder nach Hause kommen müssen, um ihren Lohn abzuholen. Und dann hätte unser Jackson-Rudel sie getötet. In Mississippi werden keine Werwölfe durch Biss geduldet.
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