Ball der Vampire
flüsterte sie. Sie musste die kleine Schachtel wohl gerade geöffnet haben. Unter Aufbietung all meiner Disziplin schaffte ich es, mich nicht umzudrehen und mit hineinzuschauen.
»Gefällt er dir?«
»Ja, er ist wunderschön.«
»Wirst du ihn tragen?«
Schweigen. Ihr schwirrte der Kopf. Die eine Hälfte rief laut »Jippie!«, und die andere war verwirrt.
»Ja, unter einer Bedingung«, sagte sie langsam.
Ich konnte seinen Schock förmlich spüren. Was immer Andy erwartet hatte, das nicht.
»Und die wäre?«, fragte er und klang plötzlich mehr wie ein Polizist als wie ein Liebhaber.
»Dass wir in unserem eigenen Haus wohnen.«
»Was?« Wieder hatte sie Andy überrascht.
»Ich hatte immer den Eindruck, dass du in dem Haus deiner Familie wohnen willst, zusammen mit deiner Großmutter und deiner Schwester, auch wenn du verheiratet bist. Es ist ein wunderschönes altes Haus, und deine Großmutter und Portia sind großartige Frauen.«
Das war wirklich taktvoll. Sehr gut, Halleigh.
»Aber ich möchte mein eigenes Haus haben«, sagte sie sanft und stieg immer weiter in meiner Wertschätzung.
Dann musste ich die Beine in die Hand nehmen, ich hatte schließlich Gäste zu bedienen. Doch während ich Bierkrüge auffüllte, leere Teller abräumte und Geld zu Sam an die Kasse trug, wuchs mein Respekt vor Halleigh, denn die Bellefleur-Villa war das schönste Haus von ganz Bon Temps. Die meisten jungen Frauen hätten einen Finger oder auch zwei hergegeben, um dort leben zu dürfen; erst recht nachdem die alte Villa aufwendig renoviert und modernisiert worden war, da der Familie von einem geheimnisvollen Fremden Geld zugeflossen war. Dieser Fremde war eigentlich Bill, der entdeckt hatte, dass die Bellefleurs seine Nachfahren waren. Und weil er wusste, dass sie von einem Vampir kein Geld annehmen würden, hatte er zur List der »geheimnisvollen Erbschaft« gegriffen. Caroline Bellefleur hatte sich mit einem solchen Feuereifer auf die Renovierung der Villa geworfen, wie Andy in einen Cheeseburger biss.
Ein paar Minuten später hielt Andy mich plötzlich fest. Er hatte mich auf dem Weg zu Sid Matt Lancasters Tisch abgefangen, und so musste der alte Rechtsanwalt noch etwas länger auf seinen Hamburger mit Pommes frites warten.
»Sookie, ich muss es wissen«, sagte er mit drängendem Unterton, wenn auch sehr leise.
»Was denn, Andy?« Seine Eindringlichkeit erschreckte mich.
»Liebt sie mich?« In Gedanken bemühte er sich, die Demütigung niederzukämpfen, dass er mich tatsächlich gefragt hatte. Andy war stolz, und er wollte irgendeine Art Versicherung, dass nicht auch Halleigh, wie alle anderen Frauen, nur hinter seinem guten Namen oder dem schönen Haus seiner Familie her war. Tja, das mit dem Haus hatte er ja bereits herausgefunden. Halleigh wollte es nicht; und er wäre bereit, in ein bescheidenes kleines Haus mit ihr zu ziehen, wenn sie ihn wirklich liebte.
Noch nie hatte jemand so etwas von mir verlangt. Und nach all den Jahren, in denen ich sehnlichst gewünscht hatte, die Leute sollten mir glauben und meine verrückte Begabung verstehen, musste ich schließlich feststellen, dass es mir doch keinen Spaß machte, in der Hinsicht ernst genommen zu werden. Aber Andy wartete auf eine Antwort, und ich konnte sie ihm nicht einfach verweigern. Er war einer der hartnäckigsten Männer, die ich je kennen gelernt hatte.
»Sie liebt dich genauso sehr wie du sie liebst«, sagte ich, und er ließ meinen Arm los. Ich setzte meinen Weg zu Sid Matts Tisch fort. Als ich mich nach Andy umdrehte, starrte er mir noch immer nach.
Daran kannst du jetzt herumkauen, Andy Bellefleur , dachte ich. Dann schämte ich mich ein wenig. Aber er hätte eben nicht fragen sollen, wenn er die Antwort nicht hören wollte.
Irgendetwas war da draußen im Wald um mein Haus.
Ich hatte mich bettfertig gemacht, sobald ich nach Hause gekommen war, denn das ist einer meiner Lieblingsmomente jeden Abend: mir das Nachthemd anzuziehen. Es war so warm, dass ich keinen Bademantel brauchte, und deshalb war ich in meinem alten knielangen Schlafshirt durchs Haus gestreunt. Beim Abwaschen hatte ich auf die Geräusche der Nacht gelauscht, das Quaken der Frösche, das Sirren der Insekten, und eben dachte ich daran, das Küchenfenster zu schließen, weil die Märznacht jetzt doch kühl zu werden schien.
Da verstummten die vertrauten Geräusche, die die Nacht bis dahin so freundlich und geschäftig gemacht hatten wie den Tag, auf einmal abrupt.
Ich hielt inne,
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