Balla Balla
durchs schüttere Haar.
»Weiß man schon ...«
Der Mann schüttelte den Kopf und Plotek fragte sich, warum die Nickelbrille so gut Bescheid wusste. Aber noch ehe er nachfragen konnte, schlug jemand mit seinem Löffel gegen ein Glas. Augenblicklich wurde es ruhig. Der Dosensuppenfabrikant Stadelmaier erhob sich langsam vom Stuhl, räusperte sich und fing dann mit belegter Stimme und sichtlich gerührt an zu sprechen.
»Liebe Trauernde, liebe Spielvereinigung-Fans, liebe Verantwortliche, liebe Freunde. Leider hat uns ein trauriger Anlass zusammengeführt. Ich muss, glaube ich, nicht ausführen, dass nicht nur wir hier, sondern die ganze Fußballwelt über den Verlust dieser beiden großartigen Spieler trauern. Ivo und Jo gehörten zu dem Besten, was der deutsche Fußball zu bieten hatte. Die Lücke, die die beiden im deutschen Angriff hinterlassen, wird über Jahre hinweg nicht zu schließen sein. Diese beiden wunderbaren Stürmer, die am Anfang einer großen Karriere standen, sind nicht zu ersetzen. Zugegeben, wir haben noch andere gute Stürmer, aber diese beiden besaßen alles, was ein Fußballer besitzen muss. Sie waren trickreich, schnell, torgefährlich, hatten ein unglaubliches Spielverständnis und waren technisch so versiert, dass es eine bloße Freude war, ihnen zuzuschauen.«
Stadelmaier machte eine Pause und sah provozierend in die Runde, während Plotek Bierglas und -deckel vor sich akkurat an der Tischkante ausrichtete. Wie aus einer Laune heraus zählte er in Gedanken die Buchstaben vom Namen des Dosensuppenfabrikanten: Gerhard-Frank Stadelmaier bestand aus 23 Lettern. Verwundert sah er auf. Stadelmaier redete noch immer.
»Ich verspreche«, sagte er, »dass ich alles tun werde, um herauszufinden, wer für den Tod unserer beiden Spieler verantwortlich ist. Ich werde alles Menschenmögliche veranlassen, damit die Mörder zur Rechenschaft gezogen werden.«
Wieder machte er eine kurze Pause und sah die Versammelten an.
»Ich hoffe, dass die SpVg Altona-Nord den Klassenerhalt schafft und in absehbarer Zeit wieder ganz oben mitspielt. Meine Unterstützung sei dem Verein gewiss.«
Verhaltenes Klopfen und Klatschen von den Trauernden.
Dann meldete sich Stadelmaier ein letztes Mal zu Wort: »Alle Getränke gehen auf meine Rechnung. Danke.«
Der Beifall der Leute klang schon etwas lauter, während Stadelmaier sich setzte.
Aber kaum hatte er sich gesetzt und einen großen Schluck aus seinem Sektglas getrunken, stand ein Mann vom Tisch auf. Er trug schwarze Lederklamotten und um den Hals einen grün-roten Schal. »Ihr seid doch schuld daran, an der ganzen Kommerzscheiße«, schrie er und zeigte dabei in Richtung Dosensuppenfabrikant.
»Wer is’n das?«, hörte Plotek neben sich jemand in die Runde fragen.
»Einer von den Ultras«, kam es aus der Runde zurück.
Man muss wissen, dass die Ultras ein Zusammenschluss von Fans waren, die sich ganz besonders mit dem Verein identifizieren. Diese Identifikation ist aber nicht nur ein leeres Versprechen. Ihr folgte vielmehr auch eine aktive Unter-
Stützung des Vereins in den Stadien. Nicht selten war das Leben eines Fans vollständig davon geprägt. Diese treuesten der treuen Fans organisierten die Choreografien während des Spiels auf den Rängen und fehlten bei keinem Auswärtsspiel.
»Ihr habt den Nachwuchs doch auf dem Gewissen mit eurer geldgierigen Spielerpolitik«, schrie der Typ mit rotem Kopf und ballte dabei die ausgestreckte Hand zur Faust.
Der Dosensuppenfabrikant schüttelte den Kopf, hin und her gerissen zwischen Verachtung und Amüsement.
»Halt dein Maul, Güni!!!«, brüllte der Präsident und sprang wutentbrannt auf.
»Und DU gehörst auch dazu!«, schrie Güni jetzt noch lauter und Speichel spritzte aus seinem Mund. Er lachte verächtlich und ein paar Männer neben ihm klatschten Beifall. Der Dosensuppenfabrikant tippte sich immer wieder an die Stirn. Das war des Guten zu viel. Güni sprang über die Stühle hinweg auf den Dosensuppenhersteller zu, packte ihn am teuren Kaschmir-Kragen und zog ihn vom Stuhl hoch.
»Du bist der größte Schaden für den Verein«, kläffte er und hielt ihn noch immer fest.
Nun erhoben sich noch ein paar andere. Ein wenig unbeholfen, aber dennoch entschlossen schlugen sie auf Güni ein. Auch Arno mischte sich jetzt in die Handgreiflichkeiten ein. Aber die anderen Ultras beließen es nicht bei Beifallsbekundungen. Sie eilten Güni tatkräftig zur Hilfe. Eine wüste Keilerei kam in Gang, bei der einige
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