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Balla Balla

Balla Balla

Titel: Balla Balla Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sobo Swobodnik
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und schwarzer Chiffon, durch den die pralle Lebenslust hindurchschien. Und i die unzureichend getarnte Freizügigkeit verachtete den Tod oder, schlimmer noch, machte ihn lächerlich. Alles wurde wie immer von unzähligen Kameras aus unterschiedlichen Perspektiven dokumentiert, als wäre die Beerdigung keine Totenfeier, sondern erst das Finale um Leben und Tod, für die Stubenhocker an den Fernsehschirmen mundgerecht aufbereitet. Stars und Sternchen lassen sich die Gelegenheit natürlich nicht nehmen, um ihre Gesichter samt geschminkter Betroffenheit werbewirksam in die bundesrepublikanischen Wohnzimmer zu schieben. Manch einer, der glaubte, eine Viererkette sei ein Halsband, wird bei dieser Gelegenheit zum rührseligen Fußballfan. Natürlich waren auch viele Fußballspieler vertreten, auch welche, die wo schon mal
    Weltmeister waren. Und auch Arno Brunner konnte Plotek jetzt inmitten den Trauernden ausmachen. Plotek hatte bislang nur Doppelhochzeiten gekannt, Doppelbeerdigungen waren ihm fremd. Man lernt eben nie aus, dachte er. In diesem Moment wurden Jo Hillebrand und Ivo Jovanovic in ihren Särgen von den Sargträgern, allesamt aktive Spieler der SpVg Altona-Nord, vom Wägelchen herunter und in die Grube gehoben.
    »Bedenke, Mensch, dass du Staub bist und wieder zu Staub wirst. Der Herr ist gütig. Er wird euch aufnehmen in das Himmelreich.«
    »Amen.«
    Ein Posaunenchor posaunte und die Särge verschwanden langsam in den Gruben. Den meisten Trauernden liefen Tränen der Rührung über die Wangen. Anschließend nahmen alle mit einem Schäufelchen voll Dreck von den beiden Superkickern Abschied. Das Klackern der Dreckbatzen auf dem Sarg erinnerte Plotek an Tontaubenschießen.
    Als Plotek schließlich vor der Grube stand und das Schäufelchen in der Hand hielt, waren die Särge schon vollständig mit Dreck bedeckt.
    Alles schien völlig reibungslos seinen Lauf zu nehmen. Dann aber schob Schwester Sieglinde Ritschi in seinem Rollstuhl ans Grab. Ritschi nahm das Schäufelchen erst gar nicht in die Hand, sondern spie einen Batzen Spucke auf die Särge. Schwester Sieglinde wischte ihm rasch den Mund ab, während die Trauergemeinde peinlich berührt zu Boden sah. Maike hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund. Benny van der Tal hingegen schien interessanterweise ein wenig zu grinsen. Wenny weinte noch immer oder gerade deswegen hemmungslos. Plotek dachte, offenbar hat Ritschi nicht nur körperliche, sondern auch noch ganz andere schwerwiegende Probleme.
    Nach der Beerdigung trafen sich viele der Trauernden im Clubheim der Spielvereinigung zum Leichenschmaus. Schwester Sieglinde und Ritschi waren nicht dabei. Auch Benny van der Tal und Wenny blieben dem Leichenschmaus fern. Wenny, der überhaupt nur fähig war, mit einer Überdosis Schmerzmittel an der Beerdigung teilzunehmen, klagte schon nach kurzer Zeit über Ziehen und Stechen in Brust und Bauch und auch Benny schien nicht den besten Eindruck zu machen.
    Maike saß an einem der langen Tische neben Plotek, der dagegen nichts einzuwenden hatte. Eigentlich hatte sich auch Plotek aus dem Staub machen wollen. Aber als Maike ihn freundlich gefragt und ihm dabei tief in die Augen gesehen hatte und er darin schier versunken war, hatte er einfach zugestimmt.
    Zuerst war die Stimmung noch angespannt und dem Umstand entsprechend traurig. Aber je mehr die Leute tranken, desto lockerer wurden sie. Wie das bei einem Leichenschmaus eben war. Hin und wieder wurde verhalten gelacht und unter die traurigen Mienen mischten sich immer mehr entspannte Gesichter.
    Man sprach natürlich über nichts anderes als über die Superkicker, auch wenn sie nun tot waren.
    »Weiß man eigentlich schon, woran Ivo nun gestorben ist?«, fragte Maike in die Runde.
    Zunächst war nur ein undefinierbares Gegrummel zu hören. »Klar«, sagte dann ein Mann mit grau melierten Schläfen und einer Nickelbrille.
    »Und verraten Sie es auch?«, hakte Maike nach.
    »Klar«, sagte die Nickelbrille erneut und machte eine lange Pause. Alle, die um ihn herum saßen, starrten auf seine Lippen, als ob jetzt gleich der Heilige Geist aus ihm sprechen würde.
    »Laut der gerichtsmedizinischen Untersuchung starb Ivo an einer Überdosis hoch konzentriertem Pflanzengift, das offenbar in einen Power-Drink gemischt war.«
    »Pflanzengift?«, fragte Maike erstaunt.
    »Exakt.«
    »Aber wie kommt das denn ...«
    »Irgendjemand wird es schon hineingemischt haben«, sagte der Mann mit der Nickelbrille und fuhr sich mit der Hand

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