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Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Welt in Flammen
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verhinderten, daß große Wasserreservoirs einen Teil der gespeicherten
Flüssigkeit durch Verdunstung verloren. Die Natur hatte dieses Prinzip nur in
weltweitem Maßstab angewandt und dadurch allmählich das Gleichgewicht der
Elemente gestört. Zusätzlich schien sie sich auch noch über die hilflose
Menschheit lustig machen zu wollen, denn weit vor den Küsten entstanden nach
wie vor gigantische Kumuluswolken, zogen majestätisch in Richtung Land und
entledigten sich ihrer kostbaren Last unweigerlich in der trockenen Luft über
den Küstengewässern, aber nie über dem verschmachtenden Land selbst.
     
    Ein Streifenwagen rollte langsam die
Avenue entlang und hielt fünfzig Meter vor dem Gartentor. Nach einer kurzen
Pause, die allerdings mehr aus Gewohnheit als aus Sinn für Schicklichkeit
eingelegt worden war, stieg Judith Ransom aus. Sie blieb an der Tür stehen und
sprach mit Captain Hendry. Nachdem sie ihre Uhr mit seiner verglichen hatte,
kam sie rasch die Auffahrt entlang. Offenbar hatte sie Ransom, der noch immer
in dem staubbedeckten Wagen saß, nicht bemerkt, denn sie eilte an ihm vorüber
ins Haus.
    Ransom wartete noch, bis sie das
Schlafzimmer erreicht haben mußte. Erst dann kletterte er aus dem Auto und ging
langsam auf Hendry zu. Ransom hatte den Polizeicaptain immer sympathisch
gefunden, und ihre Freundschaft hatte sich in den vergangenen zwei Jahren zur
stärksten Seite des Dreiecks entwickelt, in dem sie lebten; Ransom vermutete
sogar daß es nur deshalb so lange gehalten hatte. Nun würde sich herausstellen,
ob das Verhältnis zwischen Judith und Hendry den Belastungen eines Lebens an
der Küste gewachsen war, was Ransom ernstlich bezweifelte.
    Als Ransom vor dem Wagen erschien,
legte Hendry die Karte beiseite, die er bisher studiert hatte. Er schien mit
seinen Gedanken woanders zu sein, begrüßte Ransom aber trotzdem so freundlich
wie sonst.
    »Noch immer hier, Charles? Macht
Ihnen das Strandleben keinen Spaß?«
    »Ich kann nicht schwimmen.« Ransom
zeigte auf die Campingausrüstung im Rücksitz des Wagens. »Wirklich
eindrucksvoll. Diese Seite von Judiths Charakter ist mir nie ganz klar
geworden.«
    »Mir auch nicht – noch nicht. Aber
vielleicht suchen wir nur Geheimnisse, wo es keine gibt. Habe ich Ihren Segen?«
    »Selbstverständlich. Judith
ebenfalls, das wissen Sie doch.«
    Hendry sah zu Ransom auf. »Sie
sprechen, als ginge Sie das alles nichts mehr an, Charles. Was haben Sie vor –
wollen Sie hier warten, bis Larchmont eine Wüste geworden ist?«
    Ransom fuhr mit dem Zeigefinger über
die staubbedeckten Scheibenwischer. »Offenbar ist es schon fast soweit.
Vielleicht bin ich im Grunde genommen doch mehr hier zu Hause. Ich möchte noch
einige Tage bleiben, bis ich mir endgültig darüber im klaren bin.«
    Er wechselte einige belanglose
Redensarten mit Hendry verabschiedete sich dann von ihm und ging ins Haus
zurück. Judith stand in der Küche und hatte den Kühlschrank geöffnet; auf dem
Tisch waren einige Büchsen aufgestapelt.
    »Charles ...« Sie richtete sich auf
und strich sich dabei die blonden Haare aus dem eckigen Gesicht. »Der Bart ...
Ich dachte, du seist noch unten am Fluß.«
    »Bis vor einer Stunde war ich noch
dort«, antwortete er. »Ich bin zurückgekommen, um zu sehen, ob ich etwas für
uns tun kann. Es ist schon ziemlich spät.«
    Judith zuckte mit den Schultern.
»Ganz recht«, erwiderte sie gleichmütig. Sie bückte sich wieder, warf einen
Blick in den Kühlschrank und schob mit tadellos gepflegten Fingern einige
Teller beiseite. Ransom fragte sich im stillen, wie sie die Überlebenskurse am
Meer durchstehen würde. In diesem Augenblick war er Hendry geradezu dankbar.
    »Ich habe das ganze Zeug aufgeteilt«,
erklärte sie ihm. »Du behältst die meisten Büchsen und alles Wasser.«
    Ransom beobachtete völlig
unbeteiligt, wie sie ihre Büchsen in einen Karton packte und ihn sorgfältig
verschnürte. Auch ihr Abschied von diesem Haus, in dem sie jahrelang gemeinsam
gewohnt hatten, vollzog sich ohne jegliche innere Anteilnahme. Ihr Verhältnis
zueinander war nüchtern und sachlich, als seien sie nur zwei Techniker, die in das
Haus gekommen waren, um eine komplizierte Haushaltsmaschine anzuschließen,
wobei sie erst zu spät festgestellt hatten, daß nicht die richtige
Stromspannung vorhanden war.
    »Ich hole deinen Koffer herunter«,
sagte er. Sie antwortete nicht, aber ihre grauen Augen folgten ihm bis an die
Treppe.
    Als er wieder nach unten kam, wartete
sie in

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