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Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Welt in Flammen
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schüttelte
energisch den Kopf und schien sich bereits von dem ursprünglichen Schock erholt
zu haben. »Es war schmerzlich, aber notwendig, Charles. Die Männer sind
eigentlich gar nicht daran schuld. Sie haben nur getan, was ich ihnen befohlen
habe – ›Gott verschaffte einen Wurm des Morgens, da die Morgenröte anbrach; der
stach den Rizinus, daß er verdorrte.‹«
    Er sah zu der angekohlten Kanzel auf,
starrte mit gerunzelter Stirn zu dem ausgetrockneten weißen Flußbett hinüber
und beobachtete die Stadt und die dunklen Rauchschwaden. Der Wind hatte sich
inzwischen gedreht und trieb den Rauch nach Norden.
    »Wohin fahren Sie?« fragte Ransom.
    »Zur Küste.« Johnstone schlug mit der
flachen Hand an die Bordwand. »Wissen Sie, manchmal bin ich fast der Meinung,
wir sollten die Herausforderung annehmen und statt dessen nach Norden fahren.
Vielleicht wartet dort irgendwo ein großer Fluß auf uns – tiefes, klares Wasser
zwischen grünen Wiesen und großen Bäumen ...«
     
    Ransom beobachtete die Abfahrt von
der Straßenmitte aus und erwiderte den Gruß der Mädchen, die ihm noch einmal
von der Ladefläche zuwinkten. Die beiden großen Lastwagen mit ihren Anhängern
rollten langsam zwischen den geparkten Autos entlang, wendeten an der ersten
Kreuzung und fuhren an der ausgebrannten Kirche vorbei.
    Nachdem sie in eine Seitenstraße
abgebogen waren, hörte Ransom nur noch Motorengeräusche, die rasch in der Ferne
verklangen. Der Wind trieb leichte Rauchschwaden über die Straße, so daß sich
das Sonnenlicht an lautlos zu Boden schwebenden Ascheflocken brach. Die Stille
war fast mit Händen zu greifen, und Ransom wurde plötzlich klar, daß er von
jetzt ab vermutlich in Larchmont allein war, was er unbewußt von Anfang an
beabsichtigt hatte.
    Plötzlich hörte er ein leises Fauchen
hinter sich. Ransom sah sich um und trat dann auf den Gehsteig zurück. Drei
Meter von ihm entfernt stand ein ausgewachsener Gepard am Randstein und
beobachtete ihn lauernd. Die große Katze streckte tastend die Krallen aus,
während sie sich zum Sprung zu ducken schien.
    »Doktor ...« Quilter hatte sich
bisher hinter einem Baum verborgen gehalten und kam erst jetzt zum Vorschein.
In der linken Hand hielt er eine Stahlkette, die zum Halsband des Geparden
führte. Er betrachtete Ransom mit schlecht verhehlter Ironie, schien aber mit
seiner Reaktion nicht ganz zufrieden zu sein.
    »Was willst du?« fragte Ransom und
bemühte sich, so ruhig wie möglich zu sprechen. Der Gepard kam näher, duckte
sich noch tiefer und ließ Ransom nicht aus den Augen. Ransom erkannte, daß er
sich in Sprungweite der Katze befand und machte deshalb keine Bewegung, sondern
erwiderte nur den Blick. Dabei fragte er sich, welches Spiel Quilter mit diesem
gefährlichen Raubtier spielte. »Ich habe viel zu tun, Quilter, und kann keine
Zeit mehr vergeuden.«
    Er wollte sich abwenden. Der Gepard
kniff die Augen zusammen, als sei er Schiedsrichter in einem Wettbewerb und
habe eben einen Regelverstoß wahrgenommen.
    »Doktor ...« Quilter grinste breit
und ließ achtlos die Kette aus der Hand gleiten, die klirrend in den
Straßenstaub fiel.
    »Quilter, du verdammter Idiot!«
Ransom beherrschte sich mühsam und suchte nach einem unverfänglichen
Gesprächsthema. »Wie geht es eigentlich deiner Mutter, Quilter? Ich wollte sie
schon lange wieder einmal besuchen.«
    »Mutter?« Quilter starrte Ransom
zunächst verständnislos an. Dann kicherte er vor sich hin, als finde er diesen
Appell an alte Gefühle amüsant. »Doch nicht jetzt, Doktor ...«
    Er nahm das Ende der Kette auf und
riß den Geparden mit einem kurzen Ruck zu sich heran. »Kommen Sie mit«, sagte
er zu Ransom. »Miß Miranda will Sie sprechen.«
    Ransom ging hinter ihm her durch das
Tor. Auf dem verdorrten Rasen lagen ausgeglühte Kanister und die Drahtskelette
der Feuerwerksräder. Einige Raketen waren an der Hauswand explodiert und hatten
große schwarze Flecken hinterlassen.
    »Mein lieber Charles ...« Richard
Lomax empfing Ransom an der Treppe. Er hatte seinen weißen Seidenanzug gegen
einen cremefarbenen vertauscht, der in der Sonne glitzerte und blitzte, als er
zur Begrüßung die Arme hob. In dieser Aufmachung wirkte er mit dem
pomadeglänzenden Haar, dem rosigen Gesicht und der grellbunten Krawatte über
der zweireihigen Weste wie ein phantastischer Clown oder Zeremonienmeister
eines Karnevals der Verrückten. Obwohl Ransom noch ein Dutzend Schritte von ihm
entfernt war, hob er die kurzen Arme,

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