Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Welt in Flammen
Vom Netzwerk:
der
unzähligen Abfallfeuer zu einer fingerdicken Schicht angesammelt hatte.
Verdorrte Bäume und ausgetrocknete Hecken ragten wie blutlose Gespenster unter
in heißen Himmel auf. Über der Stadt hingen dichtere Rauchwolken als am Vortag,
denn nun schienen an zwanzig oder dreißig Stellen zugleich Großfeuer zu wüten,
die niemand einzudämmen versuchte.
    Der Lastwagen vor Johnstones Haus war
bis zum Dach mit Campingbedarf und Lebensmittelkisten beladen. Quer über den
Sitzen auf der Ladefläche lag eine Schrotflinte. Edward Gunn kniete an der
hinteren Stoßstange und kuppelte eben einen kleinen zweirädrigen Wasseranhänger
an. Er nickte Ransom zu, nahm die Schrotflinte von der Sitzbank und steckte
seine Schlüssel ein, während er die Einfahrt hinaufging.
    »Da! Schon wieder!«
    Er zeigte auf den Dunst über der
Stadt. Weiße Rauchwolken türmten sich über den Dächern auf, dann zuckten lange
Flammenzungen empor, die in dem heißen Sonnenlicht fast farblos waren. Das
Prasseln des Feuers war nicht zu hören, aber Ransom hatte trotzdem den
Eindruck, das brennende Haus sei nur wenige hundert Meter von ihnen entfernt.
    »Fahren Sie jetzt ab?« fragte Ransom.
    Gunn nickte. »Am besten kommen Sie
gleich mit, Doktor.« Er wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Wir
haben hier nichts mehr verloren. Gestern nacht haben sie die Kirche
angezündet.«
    »Vielleicht war das nur ein
unglücklicher Zufall.«
    »Nein, Doktor«, versicherte Gunn ihm.
»Sie haben gestern die Predigt gehört und sind deshalb nachts zurückgekommen.
Nur das haben sie uns noch gelassen.« Er wies auf den zweiten Lastwagen, der
weiter oben in der Einfahrt beladen wurde. Dahinter lag ein großes Motorboot
auf dem Anhänger. Mittschiffs war Johnstones teilweise angekohlte Kanzel
festgezurrt, die wie eine Schiffsbrücke über der Bordwand aufragte. Frances und
Vanessa Johnstone standen neben dem Anhänger.
    Ihr Vater kam aus dem Haus und trug
ein frisch gereinigtes Chorhemd über dem Arm. Er war mit kniehohen
Lederstiefeln, Cordsamthosen und einer Tweedjacke ausgerüstet, als befinde er
sich im Aufbruch zu einer anstrengenden Missionssafari ins Innere eines
unwegsamen Kontinents. Johnstone blieb vor der Tür stehen und rief mit heiserer
Stimme: »Fertigmachen! Alles an Bord!«
    Julia, die älteste der drei Töchter,
trat auf Ransom zu. »Vater spielt bereits den alten Seebären«, sagte sie
lächelnd. Sie nahm Ransoms Arm und sah ihm mit ihren hellgrauen Augen ernst ins
Gesicht. »Wie steht es mit Ihnen, Charles? Kommen Sie mit uns? Vater«, rief sie
zu Johnstone hinüber, »findest du nicht auch, daß wir einen Schiffsarzt
brauchen könnten?«
    Der Reverend nickte geistesabwesend
und verschwand wieder im Haus. »Sybil, wir müssen jetzt fahren, Liebste!« Er
blieb im Flur stehen, sah sich noch einmal um und starrte die zugedeckten
Polstermöbel an, neben denen sich überflüssige Bücher auf dem Fußboden
stapelten. Einen Augenblick lang schien er unsicher zu werden, murmelte dann
etwas vor sich hin und gab sich einen Ruck.
    Ransom stand vor dem Boot. Julias
Hand ruhte noch immer leicht auf seinem Arm. Vanessa Johnstone beobachtete ihn
aufmerksam und behielt die schlanken Hände in den Taschen ihrer Hose. Obwohl
die Sonne in den vergangenen Monaten jeden Tag geschienen hatte, war ihre Haut
noch immer so weiß wie damals vor vier Jahren, als sie Ransoms Patientin
gewesen war. Sie trug ihr schwarzes Haar wie viele Opfer der Kinderlähmung
glatt auf die Schultern herabfallend, so daß der Mittelscheitel die ovale
Symmetrie ihres Gesichts betonte. Die Stütze an ihrem rechten Bein war unter
der Hose verborgen, und sie schien nur wenig kleiner als ihre beiden Schwestern
zu sein.
    Ransom half ihr auf den Lastwagen.
    »Leben Sie wohl, Charles«, sagte sie.
»Ich hoffe, daß bei Ihnen alles in Ordnung ist.«
    »Schreiben Sie mich noch nacht ab.
Vielleicht komme ich doch mit.«
    »Ja, natürlich.«
    Gunn und seine Frau kamen langsam die
Einfahrt herauf. Sie schleppten einen Weidenkorb und hoben ihn mühsam auf die
Ladefläche. Ransom verabschiedete sich kurz von Sybil Johnstone und näherte
sich dann der Haustür, wo der Reverend nach seinen Schlüsseln suchte.
    »Wünschen Sie uns alles Gute,
Charles.« Johnstone schloß die Tür ab und ging neben Ransom her auf das Boot
zu. »Passen Sie gut auf diesen verrückten Lomax auf.«
    »Keine Angst, ich nehme mich vor ihm
in acht. Das mit der Kirche tut mir wirklich leid.«
    »Keine Ursache.« Johnstone

Weitere Kostenlose Bücher