Ballard, James G.
sich wieder etwas gesetzt hatte. Nach
einer kurzen Pause stapfte er vor Anstrengung keuchend weiter.
Dann sah er das Hausboot deutlicher.
Das Boot lag drei Meter von der engen
Fahrrinne entfernt tief in dem ausgetrockneten Schlamm, der den Kiel wie eine
Gußform umschloß. Es krängte leicht nach Steuerbord, als wolle es sich an die
Fahrzeugwracks lehnen, und war mit einer dicken Ascheschicht bedeckt.
Ransom ließ den Außenbordmotor in den
Staub fallen und schwankte auf das Boot zu. Das Steilufer war mit leeren
Büchsen, toten Vögeln und verwesenden Fischen übersät. Fünf oder sechs Meter
von ihm entfernt lag ein Hundekadaver am Wasser in der gleißenden Sonne.
Ransom blieb vor dem Hausboot stehen
und starrte es wie betäubt an, als ihm allmählich klar wurde, daß hier alle
seine Hoffnungen an einem sonnendurchglühten Ufer gestrandet waren. Dieses
Miniaturuniversum – eine Kapsel, die seine ungewisse Zukunft enthalten hatte –
lag nun bewegungsunfähig im Bett eines versiegten Flusses, wodurch die
Kontinuität seines Lebens abrupt beendet war.
Am Ufer über sich hörte er den
Anlasser eines Wagens summen. Ransom kauerte hinter dem Boot im Staub und
beobachtete die Villen, zwischen denen sich aber nichts bewegte. Der Fluß lag
still in der Sonne, die gestrandeten Schiffe lehnten sich aneinander. Vor den
Bootshäusern hingen getrocknete Fische an straff gespannten Leinen. Das Surren
des Anlassers übertönte Ransoms Schritte, als er wieder zur Brüstung
hinaufging. Er durchquerte den verlassenen Garten neben Catherine Austens Villa
und ging die Einfahrt entlang auf die Straße hinaus.
Catherine Austen saß am Steuer ihres
Wagens und drückte immer wieder auf den Anlasserknopf. Als Ransom näherkam, sah
sie ihm mißtrauisch entgegen und griff nach der Pistole auf dem Beifahrersitz.
»Doktor Ransom?« Sie ließ die Pistole
fallen und konzentrierte sich wieder auf den Anlasser. »Was tun Sie hier?«
Ransom lehnte sich an den Wagen und
beobachtete ihre vergeblichen Versuche, den Motor in Gang zu bringen. Auf dem
Rücksitz lagen zwei große Koffer und eine Leinentasche. Catherine wirkte
übermüdet und erschöpft.
»Fahren Sie ans Meer?« fragte Ransom.
Er hielt das Fenster fest, bevor sie es nach oben drehen konnte. »Wissen Sie,
daß Quilter sich einen der Geparden geholt hat?«
»Was?« Sie war ehrlich überrascht.
»Was soll das heißen? Wo hat er ihn jetzt?«
»In Lomax' Haus. Sie haben sich heute
ziemlich verspätet.«
»Ich konnte nicht schlafen. Überall
diese wilde Knallerei.« Sie sah zu ihm auf. »Doktor, ich muß unbedingt in den
Zoo. Die Tiere sind bestimmt halb verrückt vor Angst.«
»Wenn sie überhaupt noch in den
Käfigen sind. Quilter und Whitman führen inzwischen vielleicht schon die ganze
Menagerie spazieren. Es wird allmählich Zeit, daß Sie auch abfahren,
Catherine.«
»Ich weiß, aber ...« Sie trommelte
mit den Fingern auf das Lenkrad und starrte dabei Ransom an, als mache sie den
Versuch, sich in seinem bärtigen Gesicht zurechtzufinden.
Ransom nickte ihr zu und rannte zu
dem nächsten Haus hinüber. In der offenen Garage stand ein Wagen. Er öffnete
die Haube und löste die Batterieklemmen. Dann hob er die schwere Batterie aus
der Halterung und trug sie zu Catherines Auto. Nachdem er die Batterien
vertauscht hatte, gab er Catherine einen Wink. »Lassen Sie es mich versuchen.«
Sie machte ihm am Steuer Platz. Die
neue Batterie startete den Motor schon nach wenigen Anlasserumdrehungen. Ransom
fuhr auf die Straßenbrücke zu. Als sie die Kreuzung erreichten, zögerte er
unentschlossen und überlegte sich, ob er nicht einfach beschleunigen und nach
Süden weiterfahren sollte. Aber dann spürte er Catherines Hand auf seinem Arm,
überquerte die Brücke und bog nach links in eine Seitenstraße ab. Obwohl er
ahnte, daß er die junge Frau früher oder später verlassen mußte, weil sie
hartnäckig weiter darauf bestehen würde allein bei ihren Tieren zu bleiben,
unternahm er einen letzten Versuch, sie zu überreden.
»Catherine, ich weiß genau, was Sie
...«
Dreißig Meter vor ihnen rollte ein
führerloses Auto über die Straße. Ransom bremste so ruckartig, daß der Wagen
mit kreischenden Reifen zum Stehen kam, wobei Catherine nach vorn gegen die
Windschutzscheibe geschleudert wurde.
Er zog sie auf den Sitz zurück, als
draußen eine Horde schwarzgekleideter Männer auftauchte und den Wagen umringte.
Er griff nach der Pistole und sah dann ein bekanntes Gesicht unter
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