Ballard, James G.
diesem Hindernis waren, desto heftiger wurden die
Auseinandersetzungen, als ob die zuerst Angekommenen – viele von ihnen schienen
bereits eine Woche oder länger hier zu warten – sich darüber im klaren seien,
daß die nachdrängenden Massen sie daran hindern würden, selbst das Wasser zu erreichen.
Zum Glück war der Doppelzaun so weit
in die Flußmündung hineingebaut, daß Ransom sich ihm nähern konnte, ohne
geradewegs zum Strand vordringen zu müssen. Zweimal trat ihnen ein schweigender
Mann mit einer Schrotflinte in der Hand entgegen und versperrte ihnen den Weg,
der durch ein privates Lager geführt hätte.
Eine Stunde später erreichte Ransom
einen Punkt, der etwa zwanzig Meter von dem äußeren Zaun entfernt war. An
dieser Stelle fand er eine schmale Senke zwischen zwei Gruppen von Wohnwagen. Catherine
und Mrs. Quilter ließen sich im Schatten der umliegenden Dünen nieder und
warteten darauf, daß Philip Jordan sie einholen würde. Fliegen und Mücken
summten um sie herum, und der Gestank, der aus diesem ehemaligen Sumpfgelände
aufstieg, war fast unerträglich. Die Wohnwagen in der Nähe gehörten zwei
Zirkusfamilien, die einen Teil ihrer Jahrmarktsausrüstung mit an die Küste
gebracht hatten. Die goldfarbenen Vordächer zweier Karussells ragten über die
Dünen hinaus, während die hölzernen Pferde in dieser Umgebung Kreaturen aus
einer anderen Welt glichen. Die schwarzhaarigen, dunkeläugigen Frauen und ihre
Töchter saßen wie Hexen um die reich verzierte Orgel und beobachteten den
Strand.
»Wie steht es mit Philip und Mister
Jordan?« fragte Catherine, als die beiden noch immer nicht kamen. »Müssen wir
nicht zurückgehen und nach ihnen suchen?«
»Wahrscheinlich kommen sie später
hierher«, antwortete Ransom, ohne selbst davon überzeugt zu sein. »Wir dürfen
nicht riskieren, daß uns jemand diesen Platz wegschnappt, Catherine.«
Mrs. Quilter lehnte sich mit dem
Rücken an die steile Düne, schüttelte die Fliegen von ihrem staubigen
Seidenkleid und murmelte irgend etwas vor sich hin, als begreife sie selbst
nicht recht, was sie in dieser gottverlassenen Sandwüste zu suchen habe.
Ransom erkletterte den höchsten Punkt
der Düne. Obwohl er den Treuebruch gegenüber Philip Jordan deprimierend fand,
war er kaum darüber erstaunt. Seit sie wieder das ausgetrocknete Flußbett
erreicht hatten, spürte er wie früher, daß er von den anderen isoliert war.
Dieses Gefühl hatte sich hier weiter verstärkt, weil die Entfernung von einem
Flußufer zum anderen an der Mündung größer als in Larchmont war. Im Lauf der
Zeit würden die wandernden Dünen auch diesen Unterschied verwischen, aber
vorläufig bildeten beide selbständige und verschiedene Welten, die kaum etwas
gemeinsam hatten.
In seiner Nähe lag ein Mann mit einem
Strohhut auf dem Bauch im Sand und starrte über den Zaun hinweg zu dem
ausgetrockneten Kanal hinüber, der zum Meer führte. Die eben errichteten Hütten
hinter dem inneren Zaun füllten sich bereits. Fünf Lastwagen hielten davor,
dann stiegen fünfzig oder sechzig Menschen aus und schleppten rasch ihre Koffer
ins Innere.
Ein großer Lastwagen tauchte hinter
den Hütten auf und hielt vor einem Tor im inneren Zaun an. Zwei Soldaten
sprangen ab und öffneten das Tor. Der Lastwagen setzte sich wieder in Bewegung
und holperte langsam über die Dünen auf den äußeren Zaun zu. Als der Motor
mehrmals laut aufheulte, sah Ransom eine Bewegung im Lager. Menschen kletterten
von den Dächern ihrer Wohnwagen, andere öffneten Autotüren und zogen ihre
Kinder hinter sich her. Fünfzig Meter weiter, wo der Lastwagen am äußeren Zaun
hielt, hatten sich bereits drei- oder vierhundert Leute versammelt. Die beiden
Soldaten luden ein Zweihundertliterfaß ab und rollten es durch den tiefen Sand.
Während sich das Faß dem Zaun
näherte, wurden einige Rufe laut, aber die Soldaten kümmerten sich nicht darum.
Als sie es unter dem Stacheldraht hindurchschoben, drängte die Menge näher
heran und schien sich weniger für das Wasser, als für die beiden einzelnen
Gestalten zu interessieren. Als sie wieder in den Lastwagen kletterten, schwieg
die Masse betroffen, faßte sich dann aber wieder und gab ihrem Mißfallen durch
schrille Pfiffe Ausdruck. Der Lärm folgte dem Lastwagen, der den Raum zwischen
den beiden Zäunen durchfuhr und hinter dem Tor verschwand. Das Faß wurde von
einem Dutzend kräftiger Arme hochgehoben, eine kurze Strecke weit getragen und
dann zu Boden geworfen.
Als das
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