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Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Welt in Flammen
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ihm
verschwand die Straße innerhalb weniger Dutzend Meter in einem wahren Dschungel
aus Wohnwagen, Autos, Zelten und Hütten. Der Boden war überall aufgewühlt und
von unzähligen Wagenspuren umgepflügt.
    Eine schmutzige Hand erschien auf der
Windschutzscheibe. Dann tauchte das unrasierte Gesicht eines Mannes in Ransoms
Fenster auf. »Los, etwas schneller, Mister! Verschwinden Sie gefälligst
wieder!«
    Ransom wollte zunächst widersprechen,
schwieg aber doch und fuhr an die Abzweigung zurück. Dann rollten sie die
Küstenstraße entlang. Rechts von ihnen erstreckten sich die gigantischen
Abstellplätze bis zum Strand. Auf der linken Straßenseite waren in regelmäßigen
Abständen größere Ausweichstellen in die Klippen gesprengt worden, wo jetzt
einzelne Familien unter provisorischen Sonnendächern hockten. Hier sahen die
Menschen weder Meer noch Himmel, sondern nur die unzähligen anderen Fahrzeuge,
die sie vom Wasser trennten.
    Einige staubbedeckte Autos fuhren in
entgegengesetzter Richtung vorbei. Ihre Insassen starrten angestrengt aus den
Fenstern, während sie nach einer Lücke in dem Wagenmeer suchten.
    Ransom wies auf die Nummernschilder.
»Manche müssen schon seit Tagen an der Küste entlang unterwegs sein.« Er
öffnete die Tür und stieg aus. »Wahrscheinlich hat es keinen Sinn, auf dieser
Straße weiterzufahren. Ich sehe mich noch einmal dort unten um.«
    Er ging langsam die Straße entlang
und suchte nach einem Durchgang zwischen den dicht nebeneinander aufgefahrenen
Autos. Schließlich kletterte er die Böschung hinab und blieb vor einem
unglaublich winzigen Wohnwagen stehen. Ein älterer Mann in Hemdsärmeln war unter
dem Sonnendach damit beschäftigt, einen Primuskocher in Gang zu bringen. Seine
Frau, eine füllige Blondine in einem geschmacklosen Kleid mit Blumenmuster, saß
in der Tür des Wagens auf einem Hocker. Die gelbliche Flamme des Kochers
erhitzte das Wasser in einem vernickelten Teekessel.
    Ransom ging auf den Mann zu, der die
intelligenten, ruhigen Augen eines Uhrmachers hatte. Als Ransom ihn erreichte,
goß er den Tee gerade in zwei Tassen auf einem Tablett.
    »Herbert«, rief seine Frau warnend.
    »Schon gut, meine Liebe.«
    Ransom blieb neben ihm stehen und
nickte der Frau zu. »Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mit Ihnen spreche?«
    »Bitte«, sagte der Mann. »Aber ich
habe kein Wasser übrig.«
    »Darum handelt es sich gar nicht. Ich
bin eben erst mit einigen Freunden angekommen«, erklärte Ransom ihm. »Wir
wollten an den Strand, sind aber anscheinend zu spät daran.«
    Der Mann nickte nachdenklich.
»Wahrscheinlich haben Sie recht«, stimmte er zu. »An Ihrer Stelle würde ich mir
aber trotzdem keine Gedanken machen, denn uns geht es nicht viel besser.« Er
fügte hinzu: »Wir sind seit zwei Tagen hier.«
    »Und vorher waren wir drei Tage auf
der Straße unterwegs«, warf seine Frau ein. »Erzähl ihm, was wir da mitgemacht
haben, Herbert.«
    »Er ist auch unterwegs gewesen,
Liebste.«
    »Welche Aussichten hat man
eigentlich, jemals bis ans Wasser vorzudringen?« fragte Ransom. »Wir brauchen
bald etwas zu trinken. Gibt es hier keine Polizei, die für Ordnung sorgt?«
    »Hören Sie zu, Mister, ich will
versuchen, Ihnen die Lage zu erklären.« Der Mann schlürfte langsam seinen Tee.
»Wahrscheinlich haben Sie von den Hügeln aus nichts gesehen, aber der Strand
ist mit einem doppelten Stacheldrahtzaun abgesperrt. Dahinter haben Soldaten
und Polizisten Stellung bezogen. Sie lassen jeden Tag ein paar Leute durch. In
den Wellblechhütten arbeiten große Destillationsanlagen; deshalb werden wir
immer wieder ermahnt, ruhig an unseren Plätzen zu bleiben, weil es bald
genügend Wasser geben soll.« Er lächelte schwach. »Leider dauert es aber
ziemlich lange, bis sich das Meerwasser in trinkbares Wasser verwandelt; man
braucht dazu dreißig Meter hohe Kühltürme.«
    »Was passiert, wenn man durch den
Stacheldraht klettert, um den Strand zu erreichen?«
    » Wenn man hindurchklettert.
Die Soldaten sind in Ordnung, aber letzte Nacht haben die Milizeinheiten auf
alle Leute geschossen, die sich am Zaun blicken ließen.«
    Ransom sah, daß Philip Jordan und
Catherine über ihm an der Böschung standen. An ihrem Gesichtsausdruck erkannte
er, daß sie Angst davor hatten, er könne sie hier im Stich lassen, obwohl sie
noch einige hundert Meter vom Strand entfernt waren.
    »Aber wie steht es mit den
Evakuierungsmaßnahmen der Regierung?« fragte er. »Wir haben doch alle genaue
Anleitungen

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