Ballard, James G.
wieder unterwegs gewesen und haben Jordan
bestohlen. Ich habe den Tümpel zufällig in der Nähe des Kanals entdeckt.«
Hendry stand auf. »Schön, sehen wir
uns also das Wasser an.« Er ging an Deck voraus. »Welches meinen Sie? Das dort
unten?« Er schüttelte den Kopf und wollte in seine Kabine zurück. »Charles, was
wollen Sie damit erreichen?«
Ransom holte ihn ein. »Judith und ich
haben ernstlich darüber gesprochen, Captain ... Bisher waren wir so egoistisch,
allein am Strand zu leben, aber jetzt sind wir bereit, uns der Siedlung
anzuschließen. Wahrscheinlich brauchen Sie schon bald zusätzliche
Arbeitskräfte, um das Meer hereinzuholen.«
»Charles ...« Hendry zögerte. »Wir
haben genügend Wasser.«
»Das stimmt vielleicht jetzt noch,
aber in ein oder zwei Jahren ... Wir müssen vorausdenken.«
Hendry nickte langsam. »Das ist ein
guter Rat.« Er drehte sich in der Kabinentür um. Eine Sekunde lang schimmerte
der alte Hendry wieder aus seinen hellen Augen. »Vielen Dank für das Angebot,
uns das Wasser zu schenken, Charles. Aber ich bezweifle, daß es Ihnen bei uns
in der Siedlung gefallen würde. Die Leute haben hier schon zuviel gemeinsam
durchlitten und in gemeinsamer harter Arbeit aufgebaut. Wenn Sie hierherkämen,
wären Sie innerhalb kurzer Zeit am Ende.«
Er starrte nachdenklich den vor
seiner Kabine hängenden kleinen Hai an, der Ransom aus vertrockneten
Augenhöhlen zu beobachten schien.
Ransom blieb noch kurze Zeit an der
Reling stehen, bis er sich von diesem Schock erholt hatte. Hendrys Ablehnung
bedeutete, daß er sich an eine Entscheidung gebunden fühlte, die bei den
Beratungen der anderen Captains gefallen war.
Der Ausguck wartete unbeweglich an
der Gangway. Ransom ging zu ihm hinüber. »Ist Captain Jordan an Bord? Kann ich
ihn sprechen?«
Der Mann schüttelte den Kopf. »Er ist
drüben bei den Klippen und kommt wahrscheinlich erst gegen Abend zurück.«
Ransom warf einen Blick auf die weit
entfernten Hügel und überlegte, ob er hier auf Jordan warten sollte. Philip
verschwand fast jeden Nachmittag in den Hügeln über dem Strand, wo sich seine
Spur in den Sanddünen verlor, die der Wind in Einschnitten aufgehäuft hatte.
Ransom vermutete, daß er dort das Grab seines Pflegevaters besuchte. Der alte
Neger war schon am zweiten Tag nach ihrer Ankunft gestorben, und Philip hatte
ihn irgendwo zwischen den Dünen bestattet.
Als er an dem Ausguck vorüberging,
sagte der Mann leise: »Miß Vanessa möchte Sie sprechen.«
Ransom nickte ihm zu, sah nochmals
über die Reling und ging dann auf die Backbordseite hinüber. Die Schritte des
Wachtpostens dröhnten gleichmäßig über die Brücke, aber ansonsten herrschte
hier völlige Ruhe.
Ransom ging das leere Deck entlang.
Eine verrostete Eisentreppe führte zum Bootsdeck hinauf. Die meisten
Rettungsboote waren während der Beschießung durch Splitter zerstört worden,
aber die ehemaligen Offizierskabinen waren intakt geblieben. Vanessa Johnstone
lebte allein in einer dieser kleinen Zellen hinter der Brücke.
Als Ransom die Eisentreppe erreichte,
blieb er kurz stehen und sah durch einen beschädigten Ventilator. Unter ihm
erstreckte sich der Mittelsaal des Schiffs. Dieser lange und hohe Raum war
entstanden, als das Deck zwischen Aufenthaltsraum und dem Speiseraum
durchgerostet war. Jetzt diente er Johnstone als Sakristei und Thronsaal
zugleich.
Ein halbes Dutzend Öllampen leuchtete
auf Halterungen an der Wand und warf ein unsicher flackerndes Licht an die
Decke, wo die Schatten der früheren Deckstützen wie gezackte Speere tanzten.
Der Boden war mit Matten aus getrocknetem Tang bedeckt, um die Kälte
abzuhalten. Im Mittelpunkt des Saales, fast genau unter Ransom, saß der
Reverend Johnstone auf einem Lehnstuhl im Bugabschnitt eines alten
Rettungsbootes, von dem aus Johnstone damals den ersten Angriff gegen den
Frachter vorgetragen hatte. Die muschelförmige Schale, von deren Planken die
weiße Farbe abblätterte, stand auf einem niedrigen Podest, das früher zur
Ausrüstung der Bordkapelle gehört hatte. Am Boden neben Johnstone hockten seine
beiden Töchter Julia und Frances mit zwei oder drei anderen Frauen, die den
Schlaf eines Babys bewachten, das in alte Spitzen gehüllt auf den Matten lag.
Als Ransom auf die beiden Töchter
herabsah, konnte er kaum glauben, daß sie erst vor zehn Jahren hierher an den
Strand gekommen waren. Die eintönige Diät aus Fischöl und Heringen hatte ihre
Gesichter anschwellen lassen, so daß
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