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Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Welt in Flammen
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einen langen Stab in der Hand trug.
Obwohl in der Siedlung etwa dreihundert Menschen bebten, war der große
Versammlungsplatz völlig leer. Ransom hatte schon bei seinen früheren Besuchen
festgestellt, daß hier nur gearbeitet und nie gefaulenzt wurde.
    Ransom trieb sein Wasser vor sich her
auf das Tor zu, wo einige Hütten in der Nähe des Wachtturms standen. Zwei
Frauen saßen vor der Tür eines Schuppens und wiegten ein kränklich aussehendes
Kind. An verschiedenen Stellen außerhalb der eigentlichen Siedlung waren
kleinere Ansammlungen von Hütten entstanden, deren Bewohner entweder schon
immer dort wohnten oder zu faul waren, um sich den strengen Vorschriften der
größeren Gemeinschaft anzupassen. Sie alle verfügten jedoch über bestimmte
Spezialkenntnisse oder Fähigkeiten, mit denen sie für ihre Plätze zahlten.
    Bullen, der Torwächter, der Ransom
jetzt entgegensah, schnitzte zum Beispiel die Paddel, die jeder Fallensteller
brauchte. Hinter seiner Hütte stand eine ganze Reihe dieser Werkzeuge, die mit
Draht zusammengebunden waren, in der Sonne, um dort zu trocknen. Als
Gegenleistung hatte Bullen die Erlaubnis erhalten, das Tor zu bewachen und eine
Art Wegzoll zu erheben. Er starrte Ransom mit mißtrauisch zusammengekniffenen
Augen an und rieb sich dabei das Kinn.
    »Wieder einmal hier?« sagte er.
Obwohl Ransom nur selten in der Siedlung auftauchte, schien Bullen sich
irgendwie vor ihm zu fürchten, als hätten diese gelegentlichen Besuche bisher
immer nur Unglück gebracht. Er zeigte mit seinem Paddel auf Ransoms Tümpel.
»Was soll das?« wollte er dann wissen.
    »Ich möchte Captain Hendry besuchen«,
antwortete Ransom.
    Bullen murmelte etwas vor sich hin,
gab aber trotzdem den Weg frei. Als Ransom sein Wasser durchs Tor treiben
wollte, hielt der Wächter es mit dem Paddel zurück. Ransom begriff diesen Wink
und schaufelte einen kleinen Teil in das Bassin neben dem Wachtturm. Normalerweise
hätte Bullen zumindest zwei oder drei kleine Heringe erwartet, aber nach einem
kurzen Blick auf Ransoms gesamte Erscheinung schien er einzusehen, daß diese
wenigen Liter Wasser alles waren, was der Besucher entbehren konnte.
    Als sich das Tor hinter ihm schloß,
steuerte Ransom seinen Tümpel durch die Siedlung. Der größte Frachter, dessen
Bug unter dem Salz begraben lag, bildete den Mittelpunkt der ganzen Anlage. Ein
Teil der Steuerbordwand, die landeinwärts zeigte, war demontiert worden,
wodurch Platz für eine Reihe zwei- und dreistöckiger Kabinen geschaffen war,
die in die Decks hineinragten. Das Achterdeck des Schiffs, das sich hoch in die
Luft erhob, trug ein riesiges Kreuz aus Fischbein und war die Kapelle der
Siedlung. Die Bullaugen waren durch primitive Buntglasfenster ersetzt worden,
die Christus und seine Jünger von Fischen und Seepferdchen umgeben zeigten.
    Daß die Bewohner der Siedlung sich
fast ausschließlich mit dem Meer und seinen Kreaturen beschäftigten, war auf
den ersten Blick klar. Vor jeder Hütte lagen Dutzende von getrockneten kleinen
Fischen auf flachen Steinen oder hingen an den Dächern. Gelegentlich waren auch
Haie im seichten Wasser an der Küste gestrandet, die jetzt an den Relings der
Frachter hingen, während ein riesiger Schwertfisch, auf den die ganze Siedlung
stolz zu sein schien, auf der Back dicht unter dem Kreuz befestigt war. Der
Reverend Johnstone hatte ihn dort anbringen lassen, weil sein langes Schwert
den militanten Stolz der Bewohner der Siedlung zu versinnbildlichen schien.
    An der zum Meer gekehrten Seite der
Schiffe arbeitete eine zweite Gruppe von Männern in einem der Becken. Die
Arbeiter stapften durch das kalte Wasser, während sie den eßbaren Tang
ernteten. In ihren unförmigen Gummianzügen wirkten sie wie primitive Taucher,
die im seichten Wasser mit behelfsmäßiger Ausrüstung experimentierten.
    Unmittelbar an der Gangway des
Frachters waren fünf oder sechs kleinere Becken in die Salzdünen gegraben
worden und dienten als vorläufige Reservoirs für Leute, die mit ihrem Wasser
die Küste entlangzogen. Ransom steuerte seinen Tümpel in das zweite Becken,
denn das erste war bereits belegt, weil ein auswärtiger Fischer einem der
Aufseher seinen Fang zum Kauf anbot. Die beiden Männer handelten eifrig miteinander
und stiegen sogar ins Wasser, um die Fische aus nächster Nähe zu betrachten und
prüfend in der Hand zu wiegen.
    Ransom trieb sein Paddel neben dem
Becken ins Salz. Unterwegs war fast die Hälfte des Wassers verlorengegangen, so
daß jetzt

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