Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Welt in Flammen
Vom Netzwerk:
um das schöne Auto.«
    Philip Jordan stieß einen lauten
Schrei aus und versetzte der offenen Tür einen Fußtritt, so daß sie krachend
zuflog. Sein Gesicht war zu einer wütenden Grimasse verzerrt, aus der seine
ganze Enttäuschung über die vergeudeten kostbaren Jahre sprach. Er riß einen
Scheibenwischer brutal von seiner Halterung und schlug dann mit beiden Fäusten
auf die polierte Motorhaube, deren dünnes Blech sofort große Beulen aufwies.
    »Es muß einfach fahren, Doktor,
selbst wenn ich es die ganze Strecke schiebe!« Er stieß Ransom beiseite, bückte
sich und stemmte eine Schulter gegen den Türrahmen. Mit einer gewaltigen
Kraftanstrengung schob er den schweren Wagen einen halben Meter voran. Die
Holzblöcke unter dem linken Hinterrad rutschten weg, so daß Bremstrommel, Achse
und Stoßstangen auf den Betonfußboden krachten. Der Wagen sackte nach links,
als wolle er sich wie ein müdes Tier auf die Seite legen. Philip rannte auf die
andere Seite, trat mehrmals gegen die Stoßstange und riß heftig an den
Türgriffen.
    Ransom ging langsam ins Freie, um
dort auf ihn zu warten. Als Philip zehn Minuten später mit gesenktem Kopf aus
der Garage kam, blutete seine linke Hand, während er an der rechten
aufgeschürfte Knöchel hatte.
    Ransom nahm seinen Arm. »Wir brauchen
den Wagen nicht, Philip, Mount Royal ist nur hundertfünfzig Kilometer weit
entfernt. Das schaffen wir ohne weiteres in zwei oder drei Wochen. Wir brauchen
nur dem Flußbett zu folgen.«

11
     
     
    Der ausgetrocknete Fluß wand sich wie
ein grellweißes Band nach Norden. An seinen Ufern bildeten die Überreste der
ehemaligen steinernen Einfassung zerklüftete Windbrecher, vor denen sich hohe
Staubberge angesammelt hatten, die so den Verlauf des früheren Flußbetts
bezeichneten. Jenseits der Dünen begann die Wüste mit ihren Felsbrocken und
Steinen, in deren Windschatten ausgedörrte Erde zu seltsamen Formen erstarrt
lag, die an Tonscherben erinnerten. Hier und dort ragte noch ein Baumstumpf aus
dem Sand, wo früher Weiden am Ufer gestanden hatten, oder eine eiserne
Windmühle, deren Flügel bewegungslos in den blauen Himmel ragten, hielt am
Eingang eines ausgetrockneten Nebenarms Wache. An den Ausläufern des
Küstengebirges wuchsen gelegentlich noch kümmerliche Ginsterbüsche und etwas
häufiger verschiedene Flechten, denen die große Luftfeuchtigkeit genügte, aber
zehn Kilometer vom Meer entfernt war die Wüste völlig unfruchtbar. Die
Metallabfälle auf den weißen Dünen mußten Blumen und blühende Büsche ersetzen –
seltsam verdrehte Eisenbetten ragten wie Dornenbüsche aus dem Sand,
Wasserpumpen und Landmaschinen bildeten verwinkelte Skulpturen, von deren
Kanten der feine Staub bei jedem Windstoß in langen Fahnen davonwehte.
    Im hellen Sonnenschein des kommenden
Frühlings bewegte sich die kleine Gruppe gleichmäßig rasch das ausgetrocknete
Flußbett entlang. In den drei Tagen seit ihrem Aufbruch hatten sie etwa dreißig
Kilometer zurückgelegt, was auf dem festen Sand keine übermäßige Anstrengung
erforderte. Zum Teil wurde ihre Marschgeschwindigkeit jedoch von Mrs. Quilter bestimmt,
die darauf bestand, jeden Morgen einige Kilometer weit selbst zu gehen. Erst
dann nahm sie ihren Platz auf dem Karren ein und döste unter dem Sonnendach,
während Ransom und Catherine Austen mit Philip Jordan abwechselten, der den
Karren ohnehin meistens schob. Zum Glück hatte das seltsame Fahrzeug hohe Räder
und war sehr leicht gebaut, so daß es selbst im Sand ohne allzu große
Anstrengung fortzubewegen war. Auf dem Boden des Karrens standen und lagen die
wichtigsten Besitztümer dieser kleinen Expedition – ein Zelt, mehrere
Wolldecken, eine Kiste mit geräucherten Heringen und eßbarem Tang und
schließlich ein halbes Dutzend Wasserkanister, deren Inhalt nach Ransoms
Schätzung etwa drei Wochen reichen würde. Falls sie auf dem Weg nach Mount
Royal kein Wasser fanden, würden sie das Unternehmen abbrechen und zurückkehren
müssen, ohne die Stadt erreicht zu haben. Sie waren sich jedoch alle
stillschweigend darüber einig, daß diese Möglichkeit für sie nicht in Frage
kam.
    Das Auftauchen des Löwen hatte Ransom
davon überzeugt, es müsse dreißig oder vierzig Kilometer von der Küste entfernt
Wasser geben, das wahrscheinlich aus einer Quelle oder einem unterirdischen
Fluß kam. Ohne Wasser hätte der Löwe nicht überleben können, und sein hastiger
Rückzug flußaufwärts zeigte deutlich, daß er auf diesem Weg an die

Weitere Kostenlose Bücher