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Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Welt in Flammen
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geräumt worden, und eine Palisade aus Holzpflöcken, die sorgfältig mit
Draht verflochten waren, hielt weitere Staubwehen zurück.
    Ransom zeigte auf die glatte
Oberfläche und die fünfzig Meter Zufahrt, die ebenfalls freigelegt worden
waren. »Du hast dich wirklich angestrengt, Philip. Dein Pflegevater wäre stolz
auf dich, wenn er das sehen könnte.«
    Philip Jordan lächelte schüchtern. Er
holte einen Schlüssel aus der Tasche und schloß das Garagentor auf. »Bitte
sehr, Doktor.« Er winkte Ransom zu sich heran. »Was halten Sie davon?«
    Mitten in der Garage stand ein
riesiger schwarzer Leichenwagen, dessen verchromter Kühler im Halbschatten
blitzte und funkelte. Das Dach und die übrige Karosserie waren spiegelglatt
poliert, die Radkappen glänzten wie neu. Für Ransom, der seit Jahren nur
feuchte Lumpen und rostiges Eisen gesehen hatte und dessen Behausungen in
dieser Zeit nur aus jämmerlichen Hütten bestanden hatten, war die Limousine nur
ein einbalsamiertes Fragment einer längst vergessenen Vergangenheit.
    »Philip«, sagte er langsam. »Das ist
natürlich ein wunderbarer Wagen, aber ...« Er ging vorsichtig um das große
schwarze Fahrzeug herum. Drei der Reifen waren unbeschädigt und sogar
aufgepumpt, aber das vierte Rad lehnte an der Garagenwand, während die Achse
auf zwei Holzblöcken ruhte. Ransom konnte das Innere des Wagens nicht sehen und
fragte sich deshalb, ob der alte Neger im hinteren Teil lag. Vielleicht hatte
Philip in all diesen Jahren nur das eine Ziel gehabt, seinen Pflegevater so
würdig zu bestatten, wie er es in seiner Jugend gesehen haben mußte, als ähnliche
Leichenwagen am See vorbei zum Friedhof rollten.
    Ransom legte beide Hände an die
Heckscheibe und warf einen Blick ins Innere des Wagens. Die mahagoniverkleidete
Ladefläche war leer, aber die verchromten Halteklammern glänzten wie frisch
poliert.
    »Wo ist er, Philip? Der alte Mister
Jordan?«
    Philip machte eine vage Handbewegung.
»Kilometerweit von hier entfernt. Er liegt in einer Höhle über dem Meer. Ich
wollte Ihnen nur den Wagen zeigen, Doktor. Was halten Sie davon?«
    Ransom gewann mühsam seine Fassung
zurück. »Aber ich habe gehört ... alle waren der Meinung ... bist du immer
hierher gegangen, Philip? Zu diesem ... Auto?«
    Philip schloß die Fahrertür auf. »Ich
habe den Wagen vor fünf Jahren zufällig entdeckt. Natürlich kann ich nicht
fahren, das wäre damals auch sinnlos gewesen, aber dieser Fund hat mich auf
einen Gedanken gebracht. Ich habe nach Teilen gesucht und vor einem Jahr sogar
einige neue Reifen gefunden ...« Er sprach rasch, um Ransom alles Wissenswerte
mitzuteilen, als seien die Entdeckung und Renovierung des alten Leichenwagens
die einzigen wichtigen Ereignisse der vergangenen zehn Jahre.
    »Was hast du damit vor?« fragte
Ransom. Er öffnete die Tür. »Darf ich mich hineinsetzen?«
    »Selbstverständlich.« Nachdem Ransom
am Steuer saß, kurbelte Philip das Fenster herab. »Vielleicht haben Sie es
schon erraten, Doktor – ich möchte, daß Sie den Motor für mich anlassen.«
    Der Zündschlüssel steckte noch im
Schloß. Ransom drehte ihn um. Als er zu Philip hinübersah, erkannte er zu
seiner Überraschung, daß Philip im Ernst darauf hoffte, der Motor werde
anspringen und den Wagen in Bewegung setzen. Ransom fragte sich, bis zu welchem
Punkt der junge Mann in ihm nur ein Werkzeug sah, dessen Verlust man notfalls
verschmerzen konnte, und sagte deshalb vorsichtig: »Natürlich gern, Philip. Ich
kann mir vorstellen, wie sehr du an dem Wagen hängst. Die letzten zehn Jahre
sind für uns alle nicht ganz leicht gewesen, aber dieses Auto erinnert mich
wieder ...«
    Philip lächelte und zeigte dabei
einen abgebrochenen Zahn. Unter seinem linken Auge leuchtete eine weißliche
Narbe, die Ransom erst jetzt auffiel. »Machen Sie bitte weiter, Doktor. Der
Benzintank ist voll, Öl und Wasser sind ebenfalls aufgefüllt.«
    Ransom nickte und drückte auf den
Anlasser. Wie erwartet, geschah nichts. Er drückte noch mehrmals auf den Knopf,
löste dann die Handbremse und bewegte den Schalthebel. Philip Jordan schüttelte
langsam den Kopf, schien aber wider Erwarten kaum enttäuscht zu sein.
    Ransom gab ihm die Schlüssel zurück
und stieg aus dem Wagen. »Er funktioniert nicht mehr, Philip, das verstehst du
doch, nicht wahr? Die Batterie ist längst entladen, und die elektrische Anlage
ist hoffnungslos verrottet. Der Wagen läßt sich auch in hundert Jahren nicht
mehr starten. Es tut mir wirklich leid

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