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Ballard, James G.

Ballard, James G.

Titel: Ballard, James G. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Welt in Flammen
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Küste
gelangt war. Sie entdeckten keine Spuren, die von einem Löwen oder anderen
Tieren hätten stammen können, aber ihre eigenen Fußstapfen waren jeden Morgen
bereits mit Sand zugeweht, wenn sie das Lager verließen. Trotzdem hielten
Ransom und Jordan ständig nach dem Raubtier Ausschau und entfernten sich nie
weit von dem Karren, auf dem ihre Speere lagen.
    Ransom erfuhr von Mrs. Quilter, daß
sie, Catherine Austen und Philip Jordan diese Expedition bereits seit zwei
Jahren geplant und vorbereitet hatten. Sie hatten sich allerdings nie offiziell
auf einen bestimmten Zeitpunkt oder einen bestimmten Weg geeinigt, sondern
waren sich nur darüber einig geworden, irgendwann gemeinsam den Versuch zu
unternehmen, die Stadt an dem ausgetrockneten See zu erreichen. Mrs. Quilter
wollte dort offenbar nach ihrem Sohn suchen, da sie davon überzeugt war, er
lebe noch immer irgendwo in den Ruinen von Larchmont.
    Philip Jordans Motive waren ebenso
schwer abzuschätzen wie die Catherine Austens. Ransom hatte noch nicht
feststellen können, ob er nach Jonas suchte oder nur das alte Hausboot
wiedersehen wollte, auf dem er mit dem alten Neger gelebt hatte. Er vermutete,
daß Mrs. Quilter diesen geheimen Wunsch in Philip gespürt hatte, wenn er sie in
ihrer Hütte besucht hatte, und daß sie diese Bestrebungen unauffällig
unterstützt hatte, weil sie genau wußte, daß Catherine und sie dem langen
Marsch unmöglich allein gewachsen waren. Als Philip ihr von dem Wagen erzählte,
den er wieder fahrbereit machen wollte, hatte Mrs. Quilter die günstige
Gelegenheit dankbar ausgenützt.
    Seltsamerweise war Ransom wieder in
ihrer Gunst gestiegen, seitdem der Plan, in großartiger Manier nach Mount Royal
zurückzukehren, so jämmerlich fehlgeschlagen war.
    »Es war wirklich ein großartiger
Wagen, Doktor«, sagte sie betrübt zum zehntenmal, als sie nach dem Mittagessen
im Schatten des Karrens eine kurze Ruhepause einlegten. »Das hätte meinen alten
Quilty beeindruckt, meinen Sie nicht auch?« Sie schloß eine Sekunde lang die
Augen, als sehe sie die triumphale Heimkehr der verlorenen Mutter vor sich.
»Und jetzt sitze ich statt dessen wie ein Sack Kartoffeln auf diesem Karren.«
    »Ihr Sohn freut sich bestimmt
trotzdem«, versicherte Ransom ihr, während er die Überreste der Mahlzeit im
Sand vergrub. »Außerdem wäre das Auto vermutlich schon nach zehn Kilometern mit
einer Panne liegengeblieben.«
    »Sicher nicht, wenn Sie gefahren
wären, Doktor. Ich erinnere mich noch gut daran, wie Sie uns hierher gebracht
haben.« Mrs. Quilter lehnte sich gegen das Rad hinter ihrem Rücken. »Sie
brauchten nur auf einen Knopf zu drücken, um die Wagen in Gang zu bringen.«
    Philip Jordan hatte das Gespräch
verfolgt und runzelte jetzt unmutig die Stirn. »Mrs. Quilter, die Batterie war
völlig leer. Schließlich hat der Wagen zehn Jahre lang in der Garage
gestanden.«
    Mrs Quilter tat seinen Einwand mit
einer wegwerfenden Handbewegung ab. »Batterien ...! Helfen Sie mir auf, Doktor?
Am besten fahren wir weiter. Vielleicht treibt Philip irgendwo einen alten Esel
auf.«
    Als Mrs. Quilter wieder unter ihrem
Sonnendach saß, schob Ransom neben Catherine den Karren voran, während Philip
mit dem Speer in der Hand fünfzig Meter weit vor ihnen die Spitze übernahm.
Mrs. Quilter schien Ransom mit neuem Respekt zu betrachten, aber diese
veränderte Auffassung hatte noch nicht auf Catherine abgefärbt, die verbissen
schweigend den Karren weiterschob. Als das Rad auf Ransoms Seite einmal im Sand
festsaß, schalt sie ihn: »Kommen Sie, Doktor, oder wollen Sie dort oben neben
Mrs. Quilter sitzen?«
    Ransom antwortete nicht, schob aber
rascher weiter. Er erinnerte sich an den Tag im Zoo, als er zugesehen hatte,
wie Catherine Austen die Löwen fütterte. Seitdem sie Mount Royal hatte
verlassen müssen, war sie zurückhaltend und sogar schüchtern gewesen, aber
jetzt schien sie wieder aufzuleben, als sei die Wüste ihr eigentliches Element,
das sie mit den großen Katzen teilte.
    Sie bewegten sich langsam das
ausgetrocknete Flußbett entlang. Mrs. Quilter döste unter dem Sonnendach und
ließ ihren weiten Rock, der fast an ein zusammengerolltes Segel erinnerte, über
den Karrenrand hängen. Vor ihnen schlängelte sich das Flußbett kilometerweit
durch die Dünen. Seine breite Oberfläche – die Entfernung von Ufer zu Ufer
betrug hier fast dreihundert Meter – warf das Sonnenlicht wie ein Gletscher
zurück. Das ablaufende Wasser hatte das Flußbett zerfurcht,

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