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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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durchaus künstlerisch. Am besten fragen Sie in kleinen Glasfabriken, in privaten Glasbläsereien oder spezialisierten Galerien nach. Oder Sie probieren es in der Glasfachschule Zwiesel. Dort gibt es auf jeden Fall Experten zum Thema. Wenn nicht dort, wo sonst?«

20
    D ie Idee setzte Baltasar gleich in die Tat um. Auf dem Rückweg fuhr er über Zwiesel. Die Glasfachschule lag in einer Straße, die parallel zum Großen Regen verlief, in Fußmarschnähe vom Stadtpark und dem Tatort. Er parkte den Wagen gegenüber der Schule. Sie war in einem zweistöckigen Haus mit Verbindungsbauten und Fassadenfenstern in Türkis.
    Einige farbige Schalen weckten seine Aufmerksamkeit. Sie standen im Fenster eines Nebengebäudes, ausgestellt wie in einem Geschäft, und zeugten von einer Qualität, die einer Vitrine Ehre machen würde. Eine Schale war mit blauen Glasfäden überzogen, als hätte jemand sie versehentlich mit der Farbtube bespritzt. Ein anderes Modell bestand aus mehreren Schichten Glas, die teilweise wieder abgetragen worden waren und so ein Muster aus Kreisen erzeugten. Ein Objekt sah aus, als hätte das Material Blasen geworfen, was einen plastischen Eindruck hervorrief.
    Durch ein Seitenfenster konnte Baltasar in eine Werkstatt mit mehreren Brennöfen und Spezialgeräten sehen. An den Arbeitstischen saßen zwei Glasfachschüler, die Gegenstände in eine Flamme hielten, ähnlich Bunsenbrennern, die er aus dem Chemieunterricht seiner Schulzeit kannte.
    Er betrat das Gebäude durch den Haupteingang.
    Die Vorhalle war leer, genauso wie die Schaukästen, die an der Seite aufgebaut worden waren. Schilder wiesen den Weg zur Glasbläserei, zum Apparatebau, zu Konferenzräumen und Lehrsälen.
    Baltasar folgte einem Gang, der Richtung Werkstatt führte. Beim Eintreten traf ihn fast der Schlag. Der Raum war extrem heiß, und die Ursache dafür war unübersehbar: Ein Glasfachlehrer in kurzer Hose und T-Shirt hatte die Tür von einem Spezialofen geöffnet, drinnen brodelte etwas wie Lava.
    Der Mann hielt in seiner Hand ein dünnes Rohr mit Mundstück und Griff, an dessen Ende eine glühende Kugel klebte, die aussah wie eine brennende Orange. Ohne Baltasar zu beachten, blies er in das Rohr, und die Masse wölbte sich wie ein träger Luftballon. Der Mann hielt sie in eine Holzform, drehte dabei unaufhörlich sein Werkzeug und zog daran. Er griff zu weiteren Formen, Dampf stieg auf, und innerhalb kurzer Zeit war eine Vase zu erkennen.
    Feuer und Glas. Baltasar war fasziniert, aus welch einfachen Rohstoffen sich solche Kunstwerke zaubern ließen. Eine Mischung aus Quarz, Kalk und Pottasche reichte, um dieses durchsichtige, harte Material entstehen zu lassen, ein Material, das schon bei Ägyptern und Römern begehrt war. Die Transparenz von Glas bewunderten Menschen seit Jahrtausenden, für besondere Stücke zahlten sie damals wie heute hohe Preise.
    »Guten Tag«, grüßte Baltasar.
    Der Glasbläser hatte sein Werkzeug abgelegt und sah Baltasar an. »Sind Sie der neue Dozent?«
    »Ich? Oh, nein, nein, ich bin nur ein Besucher.« Baltasar musterte den Mann unauffällig. Kannte er ihn nicht von irgendwo?
    »Was tun Sie dann hier in der Werkstatt?«
    »Ich habe Ihre Arbeit von draußen gesehen, und das hat mich so neugierig gemacht, dass ich es mir aus der Nähe ansehen wollte.«
    »Ihre Neugierde in Ehren, aber das hier ist keine Touristenattraktion.« Der Mann schnaufte, und sein Atem rasselte. »Wir sind eine Schule.«
    »Ich bewundere Ihre Arbeit. Wie geschickt Sie aus diesem Klumpen eine Vase geformt haben, Herr …?«
    »Nun, gelernt ist gelernt.« Der Glasbläser klang versöhnlicher. »Ich bin Franz Kehrmann und unterrichte in den Basistechniken. Schon seit Jahren. Meine Schüler sind zufrieden.«
    »Das glaube ich sofort. Ich muss gestehen, ich wurde hierher geschickt, weil ich hier angeblich die besten Fachleute für mein Problem finde.«
    »Was heißt hier angeblich? Bei uns finden Sie die besten Experten für Glasherstellung in ganz Bayern. Aber was sage ich? In ganz Deutschland. Was für ein Problem haben Sie denn?«
    Baltasar zog seine Fotos hervor.
    »Nun, vielleicht wissen Sie ja, was das genau für ein Objekt ist und wer es hergestellt haben könnte.«
    Franz Kehrmann betrachtete die Bilder.
    »Gegossenes Glas mit künstlerischen Bearbeitungen. Sicher aus dem Bayerischen Wald.«
    »Warum sind Sie da sicher?«
    »Die Form, die Farben … dieses Objekt kommt mir bekannt vor. Vielleicht wurde es sogar bei uns in der Schule

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