Baltasar Senner 03 - Busspredigt
der Tür. Er konnte nicht verstehen, was der Kommissar sagte, dafür hörte er das Weinen und Schluchzen von Frau Moser.
»Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich an einen bösen Geist glauben.«
Hinter ihm stand Mirwald, begleitet von zwei Kollegen, die Valentin Moser in ihre Mitte genommen hatten. Sie bugsierten ihn unsanft in Dix’ Büro. Valentin beachtete niemanden, er hatte den Blick starr auf den Boden gerichtet. Es sah aus, als sei alle Kraft aus ihm gewichen.
»Herr Doktor Mirwald, grüß Gott.« Baltasar beschloss, sich nicht provozieren zu lassen. »Ich dachte, Sie glauben an überhaupt nichts. Wenn Sie zumindest an Geister glauben, dann ist das schon mal ein Anfang.«
»Hat die Mutter unseres jungen Freundes Sie mit hergeschleift?«
»So würde ich das nicht nennen. Sie bat um meinen Rat und wünschte ausdrücklich meine Begleitung.«
»Kommen Sie mir nicht wieder mit dieser Nummer. Das hat bei dem Sohn des Opfers funktioniert, ein zweites Mal klappt es garantiert nicht. Es gibt keinen Grund, Sie einzubeziehen. Valentin Moser ist volljährig und für sich selbst verantwortlich. Und sein Rechtsbeistand sind Sie sicher nicht, oder haben Sie über Nacht umgeschult?«
»Um einen Sinn für Gerechtigkeit zu haben, muss man nicht Jura studieren«, sagte Baltasar. »Wenn Sie das wollen, warte ich so lange.«
Ohne weiteren Kommentar schloss Mirwald die Tür hinter sich zu.
Baltasar konnte anfangs nichts hören, doch nach einer Weile wurden die Stimmen lauter. Jutta Mosers Stimme hatte eine Tonlage angenommen, die nichts Gutes verhieß.
Die Tür wurde aufgerissen, und Wolfram Dix stürmte heraus. Er zog die Tür hinter sich zu. Er war feuerrot im Gesicht.
»Diese … Diese Bissgurke … Was für ein hysterisches Weib!« Er sah Baltasar an. »Wenn Sie es schaffen, diese Frau wieder zur Ruhe zu bringen, dürfen Sie rein. Die raubt mir den letzten Nerv. Aber Sie setzen sich still in eine Ecke und sagen keinen Ton, verstanden?«
Baltasar nickte und folgte dem Kommissar in das Büro. Es war ein nüchterner Raum, wie er wohl in vielen Behörden zu finden war: Funktionale, langweilige Möbel, Stahlschränke, alles wirkte ältlich, angegilbt und renovierungsbedürftig. Lediglich einige Blumenstöcke fielen auf.
Auf dem Schreibtisch stand ein Becher mit einer streng riechenden Flüssigkeit, vermutlich ein Gesundheitstee. Mirwald hub zu einer Bemerkung an, aber Dix gab ihm durch ein Zeichen zu verstehen, den Mund zu halten.
Valentin Moser saß an einer Ecke des Schreibtisches, neben ihm seine Mutter. Mirwald lehnte an der Wand.
Baltasar begrüßte den Jungen. Dieses Mal sah er ihn an. Baltasar legte der Mutter sanft die Hand auf die Schulter und sprach beschwichtigend auf sie ein. Ihr Körper bebte noch, doch sie wurde langsam ruhiger.
»Können wir jetzt weitermachen?« Mirwald wirkte wie ein gereizter Tiger. »Sie haben nun Ihren Willen, Frau Moser, der Pfarrer ist da, ich würde mich gerne wieder den Fakten widmen.«
»Also, um es zu wiederholen, wir haben Grund zu der Annahme, dass Ihr Sohn Valentin Moser Herrn Anton Graf getötet hat. Ob Totschlag oder Mord, lassen wir im Moment offen, aber vieles sieht nach niedrigen Beweggründen aus, also Mord.« Dix wandte sich an Valentin. »Ist Ihnen bewusst, was das bedeutet, Herr Moser? Nochmals empfehle ich Ihnen dringend, sich einen Anwalt zu nehmen. Lassen Sie sich beraten.«
Valentin richtete sich auf. »Ich habe nichts zu verbergen. Ich habe diesen Graf nicht umgebracht! Warum sollte ich auch? Das alles haben wir doch schon x-mal durchgekaut.«
»Überlassen Sie uns, Herr Moser, wie oft wir Sie befragen.« Jedes von Mirwalds Worten war scharf wie eine Rasierklinge. »Solange Sie uns nicht die Wahrheit sagen, werden wir Sie verhören.«
»Nun gut, wir müssen einen Gang zulegen, um das Ganze zu beschleunigen«, sagte Dix. »Unsere Ermittlungen haben neue Erkenntnisse gebracht.« Er holte eine durchsichtige Tüte aus einer Schublade und legte sie auf den Schreibtisch. »Herr Moser, Frau Moser, erkennen Sie dieses Kleidungsstück?«
Es war das Sweatshirt, das sie im Kleiderschrank des Jungen gefunden hatten.
»Nun?«, hakte Dix nach, nachdem niemand antwortete.
»Was fragen Sie? Ja, das gehört mir«, sagte Valentin.
»Frau Moser?«
Sie nahm die Tüte in die Hand und betrachtete das Kleidungsstück. »Das ist so ein Baumwollpullover, wie mein Sohn ihn trägt, das stimmt. Was soll damit sein?«
»Sehen Sie die Flecken?« Der Kommissar deutete auf
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