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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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das Opfer zu verfolgen und es zu eliminieren, wohl wissend, dass der Verdacht sofort auf ihn fallen würde. Darüber hinaus fehlte das Motiv. Morden aus Wut auf einen Fremden oder aus Rachegelüsten wegen Beleidigungen – das mochte zwar in seltenen Fällen vorkommen, doch die Realität bei Tötungsdelikten war es nicht. Valentin mochte unbeherrscht sein, aber Baltasar schätzte ihn nicht als einen Menschen ein, der völlig ausrastete und Amok lief.
    »Ich finde die Aussage des Jungen glaubwürdig«, sagte Baltasar ruhig. »Ihm fehlt das Motiv. Wäre er der Täter, so hätte er mit seiner Intelligenz den Mord klüger geplant. Lassen Sie ihn frei.«
    Mirwald sah ihn entgeistert an. »Was haben Sie denn plötzlich für Erleuchtungen? Ist der unheilige Geist in Sie gefahren? Sie sollten als Gast doch still sein. Wer fragt nach Ihrer Theorie? Bitte verlassen Sie sofort das Büro!«
    Baltasar winkte Jutta Moser mit nach draußen.
    »Ich helfe Ihrem Sohn, Frau Moser. Aber jetzt brauchen wir trotzdem schnellstens einen Anwalt für ihn.«
    31
    N achdem Baltasar gemeinsam mit Valentin Mosers Mutter einen Anwalt in Passau ausfindig gemacht und sie ihm den Sachverhalt geschildert hatten, ließ er sich zurück ins Pfarrheim fahren. Er hatte Jutta Moser versprochen, sich für ihren Sohn einzusetzen.
    Die Küche war in seiner Abwesenheit zu einer Art Saunaclub umfunktioniert worden: Karol stand im Bademantel am Herd und kochte etwas, das von Weitem als Schlammpackung durchgehen konnte, dem Geruch nach und bei näherem Hinsehen jedoch eine Suppe werden sollte. Karols Schwester Lenka saß am Tisch, in ein Badetuch gehüllt, das über ihren Brüsten festgeklemmt war. Sie rauchte und tuschte mit Hilfe eines Taschenspiegels ihre Wimpern. Ihre Freundin Jana hatte einen Fuß auf den Tisch gestützt und lackierte sich die Zehennägel.
    Die Gäste ließen sich durch die Anwesenheit des Hausherrn nicht ablenken, sondern gingen weiter ihren Tätigkeiten nach. Lenka winkte Baltasar zu, und Jana deutete auf einen freien Stuhl, eine Aufforderung, sich zu ihnen zu setzen. Karol fragte, ob Hochwürden später einen Teller mitessen wollte, was Baltasar freundlich ablehnte.
    »Ist es nicht ein bisschen spät für die Morgentoilette?«, fragte er.
    »Wir waren Rad fahren«, sagte Karol. »Die Frauen waren etwas verschwitzt und mussten duschen. Teresa ist einkaufen.«
    Wo die Kinder steckten, brauchte Baltasar nicht zu fragen, dem Gekreische nach tobten sie auf dem Dachboden herum.
    Lenka stand auf und drängte sich an Baltasar vorbei. »’tschuldigung, ich was holen. Sie sitzen bleiben.«
    Wie zufällig stützte sie sich mit einem Arm an seiner Schulter ab. Er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten.
    »’tschuldigung! ‘tschuldigung!« Sie sagte noch etwas auf Polnisch, Karol übersetzte mit: »Lenka meinen, Sie etwas verspannt. Lenka in Krakau als Masseurin in Therapiezentrum gearbeitet. Sie helfen.«
    Baltasar wollte etwas antworten, aber schon spürte er einen festen Griff an seinen Schultern und massierende Handbewegungen, die plötzlich anfingen zu wandern, zuerst zur Brust und dann den Rücken hinunter.
    Er wusste nicht, ob das jetzt Entkrampfung oder Verspannung war, aber es fühlte sich angenehm an. Sehr angenehm sogar.
    Zu angenehm. Ihm wurde plötzlich unerträglich heiß. Er sprang auf.
    »Ich … muss … ich muss noch was erledigen.«
    Ohne weiteren Gruß stürzte er aus der Tür.
    *
    Um sich auf andere Gedanken zu bringen, stieg Baltasar ins Auto und fuhr los. Schon nach wenigen Kilometern kam ihm ein Ziel für seinen Ausflug in den Sinn: Er wollte noch einmal mit Marlies Angerer reden. Nur sie konnte ihm weiterhelfen bei der Frage, ob Valentin tatsächlich die Wahrheit gesagt hatte. Er hoffte, sie noch in der Schule anzutreffen, und nahm sich vor – wenn er schon mal dort war –, auch die drei besagten Lehrer aufzusuchen, die Anton gut gekannt hatten, wie er inzwischen wusste.
    In der Eingangshalle der Glasfachschule wartete Baltasar, bis er auf eine Gruppe von Schülern traf. Er fragte nach Marlies Angerer. Einer von ihnen verwies ihn auf die Werkstatt und beschrieb ihm den Weg dorthin.
    Es war ein Anbau in der Nähe der Glasbläserei. Baltasar warf einen Blick in die Halle und entdeckte Louis Manrique alias Johann Helfer, der gerade einige Werkstücke in einer Tasche verstaute.
    Baltasar wartete auf dem Gang, bis der Künstler herauskam. »Herr Manrique? Einen Augenblick bitte.«
    Manrique sah ihn an, als stünde ein

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