Baltasar Senner 03 - Busspredigt
durchzustarten.«
»Wie gut waren Sie mit Anton befreundet?«
Barbara Spirkl setzte ihre Teetasse ab.
»Ihre Frage zielt in Wirklichkeit auf etwas anderes. Sie wollen wissen, ob ich ein Verhältnis mit Anton hatte, nicht wahr? Herr Pfarrer, Herr Pfarrer, so etwas fragt man eine Dame nicht, und schon gar nicht als Geistlicher. Meine Antwort ist: Wir waren sehr eng befreundet. Mehr sage ich dazu nicht. Wie Sie vermutlich wissen, war Anton nie verheiratet.«
»Ja. Warum eigentlich nicht?«
»Es schien sich nie ergeben zu haben. Vielleicht hat er nie die Richtige gefunden, mit der er sein Leben teilen wollte. Andererseits war er früher in dieser Hinsicht recht unbeschwert, auch auf Frauen bezogen, er wollte sich wohl nicht fest binden. Und die Glasfabrik hat sowieso das Gros seiner Freizeit in Anspruch genommen. Sie glauben ja nicht, wie schwierig es ist, so ein Unternehmen am Laufen zu halten.«
»Aber Sie sagten doch vorhin, Rufus Feuerlein sei der Geschäftsführer gewesen. Dann hätte der doch eigentlich die Hauptverantwortung zu tragen gehabt, oder nicht?«
»Da kannten Sie Anton schlecht. Er hat sich gerne eingemischt, ob es den leitenden Angestellten passte oder nicht. Darüber hinaus saß er im Beirat der Firma, einer Art Kontrollgremium, vor dem sich auch ein Geschäftsführer rechtfertigen musste. Feuerlein war froh, als Anton sich zurückzog. Aber das ist lange her.«
30
E r verstand den Namen der Frau am Telefon nicht. Sie schluchzte und sprach nur wirres Zeug. Baltasar redete beruhigend auf sie ein und überlegte, woher er die Stimme kannte.
Die Mutter von Valentin Moser!, schoss es ihm durch den Kopf.
»Frau Moser! Wie kann ich Ihnen helfen?«
Nach einiger Zeit hatte sich Jutta Moser so weit gefasst, dass sie die Vorfälle schildern konnte.
Dix und Mirwald hatten ihren Sohn in Handschellen nach Passau mitgenommen und verhört. Vier Stunden später hatten sie ihn wieder gehen lassen. Gestern sei jedoch wieder Polizei erschienen und habe Valentin verhaftet – wegen des Verdachts auf Mord. Valentin habe die Nacht in einer Zelle in der Kriminalinspektion in Passau verbringen müssen. Er habe sie angerufen und ihr gesagt, sie solle ihn, Baltasar, um Hilfe bitten, denn er schulde ihm noch was.
»Diese Schand’, Hochwürden.« Die Stimme der Mutter klang noch immer erregt. »Die Nachbarn, was sollen die von uns denken, Polizei im Haus, der eigene Sohn in Handschellen abgeführt, es wird nicht mehr lange dauern, und der ganze Ort weiß Bescheid. Herr Senner, was soll ich nur tun?«
»Es wird schon nicht so schlimm sein«, sagte Baltasar, obwohl er selber von diesen Neuigkeiten überrumpelt war. »Was hat die Kripo gesagt, dürfen Sie Ihren Sohn besuchen?«
»Sie sagten, ich könnte vorbeischauen. Sie haben mir auch geraten, einen Rechtsanwalt zu suchen. Hochwürden, bitte tun Sie mir einen Gefallen. Begleiten Sie mich auf die Polizei, ich war noch nie auf so einer Wache, mein ganzes Leben hab ich mir nichts zuschulden kommen lassen, bei meiner Seel’. Helfen Sie meinem Jungen, ich will, dass er wieder nach Hause kommt.«
»Frau Moser, das ist wirklich die Sache eines Anwalts, und nicht die eines Priesters.«
»Mein Valentin hat niemandem etwas getan, das müssen Sie mir glauben, Hochwürden. Er ist ein lieber Junge, auch wenn er manchmal etwas eigen wirkt. Bitte kommen Sie mit, ich hol Sie in einer halben Stunde ab.«
»Bedaure, Frau Moser, das …«
Doch Jutta Moser hatte bereits aufgelegt.
Eine halbe Stunde später fuhr sie auf dem Pfarrhof vor. Baltasar brachte es nicht übers Herz, sie zurückzuweisen, und ergab sich in sein Schicksal.
Während der Fahrt wiederholte Valentins Mutter nochmals die Geschichte von der Verhaftung und schwor, eine Wallfahrt nach Altötting zu unternehmen und der schwarzen Madonna eine Kerze zu stiften, wenn ihr Sohn wieder freikäme. Zwischendurch brach sie immer wieder in Tränen aus.
*
Die Kriminalpolizeiinspektion lag in der Nibelungenstraße, ein schmuckloser Betonbau in der Nähe des Passauer Bahnhofes. Sie meldeten sich am Empfang und fragten nach Wolfram Dix. Eine Frau begleitete sie ein Stockwerk höher.
Hauptkommissar Dix empfing sie bereits an seiner Bürotür. Als er Baltasar sah, entfuhr ihm ein »Was um Herrgottswillen soll das nun schon wieder?«. Er bat die Frau herein und sagte zu Baltasar: »Sie warten hier draußen!«
Dann schloss er die Tür.
Baltasar ging im Flur auf und ab, sah sich um, und da niemand zu sehen war, lauschte er an
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