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Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Baltasar Senner 03 - Busspredigt

Titel: Baltasar Senner 03 - Busspredigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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die betroffenen Stellen. »Wir haben sie untersuchen lassen. Und wissen Sie, was das ist? Ja genau. Es ist Blut!«
    »Das habe ich Ihnen doch bereits erklärt. Ich habe mich gekratzt«, sagte Valentin.
    »Unser Labor hat festgestellt, dass das Blut von Anton Graf stammt.«
    Stille legte sich über den Raum. Totenstille. Allmählich wurde Baltasar die Bedeutung dieses Satzes bewusst. Damit war klar: Valentin Moser hatte ihn angelogen.
    Die Mutter riss die Augen auf. »Was … Was meinen Sie damit? Was soll das bedeuten?«
    »Das ist nicht schwer zu verstehen«, sagte Mirwald. »Ihr Sohn hat den Mann abgepasst und ihn mit einem Stück Glas erstochen. Bei der Tat ist Blut vom Opfer auf das Kleidungsstück von Herrn Moser gespritzt. Genauso wie ich es bereits vermutet hatte. Es ist ein eindeutiger Beweis.«
    »Ich war es nicht!« Valentin war aufgesprungen, doch Mirwald zwang ihn zurück auf den Stuhl.
    »Wenn Sie nicht sofort Ruhe geben, Freundchen, hole ich die Handschellen wieder raus. Reißen Sie sich zusammen!«
    »Das ist doch Irrsinn! Ich habe den Mann nicht umgebracht. Ich kannte ihn doch gar nicht.« Die Stimme des Jugendlichen war brüchig geworden. »Warum sollte ich ihn denn umbringen?«
    »Das hatten wir doch schon, Herr Moser.« Baltasar staunte darüber, wie ruhig Wolfram Dix blieb. »Tatsache ist, Sie haben uns nicht die Wahrheit gesagt. Und das spricht nicht für Sie. Also: Welche Erklärung haben Sie für Grafs Blut auf Ihrer Kleidung?«
    Wieder herrschte Stille. Valentin vergrub den Kopf zwischen seinen Händen.
    Nach einer Weile sagte er tonlos: »Es stimmt.«
    »Was sagen Sie?« Mirwald beugte sich zu dem jungen Mann hinunter. »Lauter bitte.«
    »Es stimmt, ich habe nicht ganz die Wahrheit gesagt. Aber ich habe diesen Graf nicht umgebracht. Die Auseinandersetzung auf dem Spielplatz war heftiger, als ich zugegeben habe. Der Mann hat mich geschubst, es gab ein Gerangel, und ich schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Der Mann blutete aus der Lippe, er versuchte mich zu packen, da schlug ich nochmals zu. Dabei muss sein Blut auf mein Sweatshirt gelangt sein. Dieser Graf rannte weg, danach habe ich ihn nicht mehr gesehen. Ich schwöre es, bei Gott!«
    »Nun bringen Sie unseren Pfarrer nicht mit einem Meineid in Verlegenheit«, sagte Mirwald. »Diese Geschichte sollen wir Ihnen abkaufen? Da müssen Sie sich was Besseres einfallen lassen.«
    »So war’s aber, genau so.«
    »Warum haben Sie uns das nicht früher erzählt?« Dix machte sich Notizen auf einem Blatt Papier.
    »Was denken Sie denn? Eine Gruppe Jugendlicher, die schon mal mit der Polizei zu tun hatte …«
    »… laut Akten wegen Diebstählen von Alkohol in einem Supermarkt, wegen Einbruchs in der Glasfachschule, wegen Hausfriedensbruchs und mehrfacher Ruhestörung am Stadtplatz …«, sagte Mirwald.
    »Einer von dieser Gruppe schlägt einen Mann, der kurz darauf tot ist. Denken Sie, mir hätte jemand geglaubt? Ich gebe den idealen Verdächtigen ab. Deshalb habe ich das Maul gehalten und das mit der Auseinandersetzung heruntergespielt. Aber nie im Leben habe ich den Mann ermordet! Ich dachte, der hat seine Abreibung gekriegt, und damit ist gut. Warum sollte ich später nochmals auf ihn losgegangen sein? Das ist doch hirnrissig!«
    »Da ist noch ein Punkt in Ihrer Aussage, der uns Sorgen macht«, sagte Dix. »Sie behaupten, vom Spielplatz direkt zurück ins Gymnasium gegangen zu sein. Aber Ihre Unterrichtsstunde war ausgefallen, wir haben uns in der Schule erkundigt, und niemand hat Sie in dem Gebäude gesehen.«
    »Aber ich war dort.«
    »Gibt es Zeugen? Klassenkameraden, die Sie gesehen haben?« Mirwald verschränkte die Arme. »Lehrer, die Ihnen über den Weg gelaufen sind, irgendjemand?«
    »Weiß nicht, hab ich nicht darauf geachtet.«
    Das Verhör ging weiter, aber Valentin Moser wiederholte die neue Version der Geschichte.
    Baltasar musste zugeben, dass seine Aussage plausibel klang. Dennoch war er hin- und hergerissen, ob er Valentin glauben sollte oder ob er nur einem Schauspiel beiwohnte. Tatsache jedenfalls war: Zwischen ein paar Faustschlägen ins Gesicht und einem Mord bestand ein großer Unterschied, so abscheulich die Attacke auf Anton Graf auch gewesen war. Wie radikal, wie brutal musste jemand sein, der einem anderen Menschen einen Glassplitter in den Körper rammte und zusah, wie er starb? Es passte nicht zu Valentin. Außerdem war der Junge nicht dumm, und das Dümmste, was ein Täter tun könnte, wäre wohl, am helllichten Tag

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