Balthazar: Roman (German Edition)
Diese starrte Mrs Tierney inzwischen unverwandt an, und Balthazar warf ihr seinen besten Du isst jetzt auf keinen Fall diese netten Leute auf -Blick zu. »Skye, wir hören dann bald wieder voneinander.«
»Ja, so bald wie möglich«, entgegnete sie. Die Nacht hatte keine Spuren bei ihr hinterlassen. Ihre Wangen waren wieder rosig, und ihr Lächeln war noch nie so strahlend gewesen.
Craig und Britnee boten Balthazar an, ihn und seine Schwester irgendwohin mitzunehmen, aber er lehnte ab. Als sie davongefahren waren, schlenderten er und Charity stattdessen in den Wald. Der Schnee fiel nun nicht mehr ganz so heftig, sondern rieselte nur noch leicht.
»Wohin willst du denn jetzt?«, fragte er.
»Ich habe keine Ahnung. Ich bin immer zu Redgrave gegangen, wenn ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte. Aber nun … Ich werde mir irgendwas einfallen lassen.« Auch wenn sie noch immer in kindlichem Tonfall gesprochen hatte, ergaben ihre Worte mehr Sinn, als es seit Jahrhunderten der Fall gewesen war. Balthazar fragte sich, ob es vielleicht denkbar war, dass Skyes Blut mächtig genug war, um eine dauerhafte Veränderung bei seiner Schwester bewirkt zu haben. Wenn sie sich nur klar genug an ihr altes Ich erinnerte, an das Mädchen, das sie vor dem grausamen Angriff gewesen war, der sie beide getötet hatte, dann würde sie vielleicht von nun an wieder eine andere sein. Vielleicht war das mehr, als es sich zu hoffen lohnte, aber zum ersten Mal seit vierhundert Jahren traute sich Balthazar wieder zu träumen.
Warnend sagte er: »Constantia ist noch irgendwo da draußen. Sie wird jetzt die Macht an sich reißen.«
»Sollen wir sie aufhalten?«
»Ich denke, wir sollten ihr einfach aus dem Weg gehen.«
»Ich mag sie nicht«, sagte Charity. »Sie zieht einen immer an den Haaren.«
»Unter anderem.« Balthazar kam mit wachsender Besorgnis zu dem Schluss, dass Constantia tatsächlich die wahrscheinlichste Kandidatin dafür war, die Vampire, die nach Darby Glen kamen, anzuführen. Und sie würde sich als schwierige Feindin erweisen, denn sie würde in der Lage sein, Balthazars Schritte vorauszuahnen. Sie kannte viele seiner Verstecke und Wohnstätten ebenso gut wie er selber. Mit Sicherheit würde es ihr gelingen, die meisten aus Redgraves Clan sofort unter ihrer Führung zu vereinen. Skyes Gesicht hatte sie ebenfalls gesehen und würde es ganz sicher niemals wieder vergessen. Der Sieg dieser Nacht war zwar süß gewesen, aber er stand nur am Anfang einer weitaus gefährlicheren und langwierigeren Schlacht.
Charity warf ihm einen kurzen Blick zu. »Ich werde dich eines Tages zurückholen.«
»Das kannst du gerne versuchen.«
Sie lachte, als wäre das alles zwischen ihnen nur ein nettes Spiel. Vielleicht würde es von jetzt ab tatsächlich so sein.
»Du wirst schon sehen.« Damit rannte sie, so schnell sie konnte, von ihm davon. Sie war nichts als ein eisiger Windstoß, der für den Bruchteil einer Sekunde zwischen den Bäumen zu sehen war; dann war sie vollends verschwunden.
Balthazar folgte ihr nicht. Ob Charity sich tatsächlich verändert hatte oder nicht, würde erst ans Licht kommen, wenn sie sich das nächste Mal entschließen würde, nach ihm zu suchen.
30
Skye wusste, dass die Gefahr noch lange nicht vorbei war, aber darüber wollte sie im Augenblick nicht nachdenken. Jetzt, in diesem Moment, wollte sie nur genau da sein, wo sie war – auf dem Sofa im Wohnzimmer zwischen ihren Eltern –, und genau die sein, die sie war – die Tochter, deren Eltern sie vergessen hatten, die sich aber nun wieder an sie erinnerten.
Sie nahm den letzten Schluck ihres heißen Kakaos und beobachtete ihre Eltern, die beide gerade auf ihre Handys schauten. Das nervte zwar, aber schließlich fand heute nun mal die wichtige Abstimmung statt. Was zählte, war, dass sie alles stehen und liegen gelassen hatten, um zu ihr nach Hause zu eilen. Dies und die Tatsache, dass Skye kurz zuvor Dakota gesehen hatte, gaben ihr das Gefühl, dass sie in dieser Nacht ihre ganze Familie wiederbekommen hatte. Sie konnte nicht aufhören zu lächeln.
»Also guuuuut«, begann ihre Mutter in gedehntem Tonfall und legte endlich ihr Telefon auf den Sofatisch. »Was ist da gelaufen mit diesem Lehrer?«
»Nichts«, sagte Skye im Brustton der Empörung. Mittlerweile war »Mr More, der Geschichtslehrer« nur noch ein fiktiver Charakter, den Balthazar gespielt hatte; es war genauso leicht, das Ganze abzustreiten, wie zu behaupten, dass sie niemals eine heiße
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