Balthazar: Roman (German Edition)
wenn menschliche Nahrung kaum Geschmack für Balthazar hatte, griff er ebenfalls zu. Vampirkörper kühlten zwar weniger leicht aus, brauchten dafür jedoch länger, um sich aufzuwärmen. Britnee reichte auch Charity freundlich einen Becher, und Balthazars Schwester starrte misstrauisch hinein, als ob die Schokolade vielleicht mit Weihwasser versetzt sein könnte. Aber sie schloss die Hände um den Becher, und Balthazar konnte sehen, wie sich ein erfreutes Lächeln auf ihr Gesicht stahl, als einige kleine Dampfschwaden an ihrem Gesicht vorbeiwehten.
Nachdem alle versorgt waren und es sich bequem gemacht hatten, begann Craig: »Ich will mal sehen, ob ich alles richtig verstanden habe: Skye ist ein Medium, und das macht irgendetwas Erstaunliches mit ihrem Blut, sodass ein Vampir versucht hat, sie gefangen zu nehmen, damit die anderen Vampire seine Untertanen werden, nur um auch einen Schluck von ihr zu bekommen. Aber jetzt ist dieser Vampir tot, und alles ist wieder in Ordnung?«
Balthazar hatte sich vor dieser Zusammenfassung deutlich besser gefühlt.
»Der erste Teil stimmt. Aber Redgraves Tod bedeutet nicht, dass nun alles okay ist. Noch lange nicht.«
»Die anderen Vampire sind trotzdem auf dem Weg hierher«, bemerkte Charity. Guter Gott, sie versuchte tatsächlich, hilfreich zu sein. Balthazar sah, wie sehr sie sich bemühte, bei klarem Verstand zu bleiben und sich gut zu benehmen. »So viele Vampire. Sie werden zwar nicht wissen, was sie ohne Redgrave tun sollen, aber sie werden nicht aufhören, nach Skye zu suchen.«
»Das Schwarze Kreuz ist ebenfalls unterwegs«, fügte Balthazar hinzu. Charity schrak sichtlich zusammen; Craig und Britnee sahen verwirrt aus. Balthazar erklärte ihnen: »Das sind Vampirjäger. Sie sind bewaffnet und extrem gefährlich. Unser alter Freund Lucas hat seine früheren Kontakte genutzt, um sie hierherzuschicken. Sie werden alle Vampire ausschalten, die sie finden, anwesende eingeschlossen.«
Britnee erkundigte sich: »Werden wir hier dann so eine Art Vampirkrieg haben?«
»Und werden alle Vampire hinter Skye her sein?«, ergänzte Craig fragend. Charity nickte beinahe strahlend, ehe ihr ganz offensichtlich dämmerte, dass das nicht die richtige Reaktion war, was sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte.
Skye und Balthazar schauten einander an; in Skyes Augen sah er sein eigenes Unbehagen gespiegelt. Sie hatten schon lange gewusst, dass sich die Lage zuspitzen würde, aber Balthazar war immer davon ausgegangen, dass Redgrave dafür verantwortlich sein würde. Ironischerweise hatte ihm das ein falsches Gefühl von Sicherheit gegeben. Wenn Redgrave die Macht für sich erlangt hätte, dann hätte er die anderen Vampire in Schach gehalten. Er hätte die Möglichkeit in der Hand gehabt, sie zu kontrollieren und einzuschätzen, wann welche Gefahren drohten.
Nun, da Redgrave fort war, hatte sich alles verändert.
Jeder Vampir und jeder Clan, der den Weg nach Darby Glen fände, würde unabhängig von den anderen operieren und nach Skye suchen, um sie für sich zu beanspruchen. Sie würden miteinander Kriege führen. Sie würden Allianzen schmieden und sich gegenseitig in den Rücken fallen. Es würde sich nicht voraussagen lassen, wann oder wie sie angreifen würden. Diese Stadt würde nicht nur in Gefahr geraten, sie würde wieder zum Schlachtfeld werden, genauso wie während der Kriege mit den Franzosen oder mit den Indianern. Nur dass jetzt die Kämpfe zwischen den Toten ausgetragen werden würden, was zur Folge hätte, dass unzählige Menschen mit hineingezogen werden würden. Der einzige Weg, diese Katastrophe zu verhindern, bestand darin, dass Skye die Stadt verließ.
Leise sagte Balthazar zu ihr: »Du kannst nicht hierbleiben.«
»Ich kann Mom und Dad nicht alleinlassen«, beharrte sie so störrisch wie immer. »Nicht, nachdem sie schon Dakota verloren haben. Das wäre zu grausam, Balthazar.«
»Zu grausam«, stimmte Charity in ihrer Singsangstimme zu, die Balthazar sofort vermuten ließ, dass sie einfach Worte nachplapperte, die sie aufgeschnappt hatte, wie sie es so häufig tat. Doch dann fuhr sie fort: »Noch grausamer wäre es, wenn sie deinetwegen sterben müssten.«
Das traf Skye mehr als alle anderen Argumente, wie Balthazar feststellte. Allein der Gedanke daran ließ sie bleich werden. Redgrave hätte ihre Eltern verschont, weil es seiner absurden Vorstellung entgegenkam, die er von seiner eigenen Anständigkeit und Gerechtigkeit hatte; die anderen
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