Baltrumer Bitter (German Edition)
Inselmarkt . Da
klappt das doch auch. Ich gebe zu, die Finanzierung zum Erhalt der alten Häuser
ist genau die Lücke zwischen Theorie und Praxis. Aber daran müssen wir
arbeiten. Ganz zu schweigen von den anderen Problemen, die sich damit auftun.
Aber lassen wir das jetzt.« Arnold stand auf. »Was ist? Wollen wir noch ein
wenig in den Garten gehen?« Er schob den leeren Glasteller von sich, auf dem
sich fünf Minuten zuvor noch eine größere Menge Vanilleeis mit Schokoladensoße
getürmt hatte.
Seine Frauen nickten.
»Hilda, räumst du das Geschirr weg?«, fragte Arnold seine
Tochter. Er erwartete keine Antwort, wusste aber, dass Hilda seiner Bitte
gewissenhaft nachkommen würde. »Mama und ich gehen schon mal vor.«
Kritisch schaute Arnold in den Himmel. Dunkle Wolken hatten
sich über dem Wattenmeer aufgetürmt. Es würde nicht mehr lange dauern, bis sie
sich entladen würden. Hoffentlich wurde es danach ein wenig kühler. »Ein paar
Minütchen haben wir noch, dann sollten wir den Sonnenschirm und die Liegen
sicherstellen«, überlegte er laut, »und die Meerschweinchen ins Haus bringen.
Aber jetzt hole ich meine neueste Kreation aus dem Keller.«
Dienstag
Frank und Klara standen ratlos im Frühstücksraum. Von Frau
Steenken keine Spur. Waren die Tische hier reserviert oder durften sie sich
einen aussuchen?
Klara hatte selten einen Raum gesehen, der einen wohnlicheren
Eindruck machte. Helle Rattansessel standen um die Tische, die mit blauen
Decken und blau-weißen Sets geschmückt waren. In den Fenstern standen maritime
Dekoartikel, die in Klaras Augen schon fast Kunstwerke waren, denn sie hatten
keinerlei Ähnlichkeit mit den üblichen Holzmöwen und Leuchttürmen, die
allerorts zu finden waren. Auch das Frühstücksgeschirr passte in seiner
schlichten Fröhlichkeit zu der guten Laune, die dieser Raum ausstrahlte.
»Dieser Tisch ist frei.« Eine braun gebrannte und sehr blonde
Frau winkte zu Klara und Frank hinüber. »Müllers sind gestern gefahren, und die
haben immer hier gesessen. Frau Steenken kommt sofort wieder. Sie holt Kakao
für unsere Jungs.«
»Kakao, Kakao«, schallten wie ein Echo zwei Kinderstimmen
hinterher.
»Kevin, Mark. Ruhe im Karton. Toben könnt ihr nachher am
Strand.«
Aha, die Mutter. Aber dass Toben am Strand eine realistische
Idee war, wagte Klara zu bezweifeln. Es regnete in Strömen. Schon am Abend, als
Frank und sie zum Essen gegangen – nein, gelaufen – waren, hatte es wie aus
Kübeln geschüttet. Als sie dann auf ihr Essen gewartet hatten, waren Blitz und
Donner einander rasch gefolgt. Manchmal hatte es so geknallt, dass sie ihr eigenes
Wort nicht verstehen konnten. Trotzdem war es sehr gemütlich gewesen. Sie hatte
sich gut mit ihrem Kollegen unterhalten. Bis sie wieder in ihrer Wohnung angekommen
waren. Da hatte sie ein Machtwort sprechen müssen.
Frank hatte mit einem wütenden Schnauben akzeptiert, dass der
Abend an dieser Stelle beendet war. Doch dann hatte er ihr sogar das
Schlafzimmer überlassen. Als sie morgens aufgestanden war, hatte er bereits fix
und fertig angezogen auf dem Sofa vor dem Fernseher gesessen und das Morgenmagazin
geschaut. Genauer gesagt ihren Lieblingsmoderator fürs Metereologische, Ben
Wettervogel. Schon vor dem Frühstück bekam sie bei diesem Namen manchmal einen
hysterischen Lachanfall. Wie kann man sich nur freiwillig solch einen Namen
zulegen?, dachte sie jedes Mal und überlegte, ob es für ihren Berufszweig nicht
etwas Ähnliches gäbe. Etwa wie: Micki Immobiber, Ela Bauuntermite oder so. Sie
würde darüber weiter nachdenken.
Es dauerte nicht lange, da
kam ihre Vermieterin mit zwei Bechern dampfenden Kakaos in den Frühstücksraum.
Heißer Kakao mitten im Sommer? Klara konnte es nicht glauben. Aber die beiden
Jungs griffen sofort danach. Selbst ein »Vorsicht, heiß!« seitens der Mutter
konnte sie nicht bremsen. Also hatte wohl alles so seine Richtigkeit. Eigentlich
ging es sie auch gar nichts an.
»Guten Morgen, Frau Ufken, guten Morgen, Herr Visser. Was darf
ich Ihnen bringen?«, begrüßte Frau Steenken sie freundlich und zeigte ihnen den
für sie reservierten Tisch. Tatsächlich war es der, an dem Müllers immer gesessen
hatten.
Nachdem sie ihre Getränkewünsche genannt hatten, begutachteten
sie das Buffet. Alle Achtung. Ob Wurst, Käse, Butter oder Brot – alles in Bioqualität.
Zumindest wenn man dem Hinweis glauben durfte, der neben dem Brotkorb stand.
Klara war glücklich. So was fand man heutzutage viel zu
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