Band 1 - Blutspur
Föhnfrisur, die al erdings bereits in Auflösung begriffen war. Und wie konnte man so früh am Tag schon so einen dichten Stoppelbart haben? Der kam wohl aus der Sprühdose.
»Wenn ich dich selbst festnagele, verliere ich die Wette.«
Er hatte zu seiner üblichen Arroganz zurückgefunden, die an mich jedoch völ ig verschwendet war. »Leider habe ich keine Zeit für eine Plauderei mit einer toten Hexe. Ich habe einen Termin mit dem Abgeordneten Trenton Kalamack und muss noch einiges recherchieren. Du weißt schon -Recherche?
Schon mal gemacht?« Er rümpfte seine dünne Nase. »Wohl eher nicht.«
»Geh und friss Tomaten, Fancis.«
Er warf einen Blick in den Korridor, der zum Archiv führte.
»Oh, jetzt habe ich aber Angst. Wenn du es lebendig zurück in deine Kirche schaffen wil st, sol test du jetzt abhauen.
Denn fal s Meg wegen dir noch keinen Alarm ausgelöst hat, werde ich es tun.«
»Hör auf, mir ein Ohr abzukauen, das nervt.«
»Ich seh' dich noch, kleine Rachel. Viel eicht in den Todesanzeigen?« Er lachte schril .
Ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu und er trug sich mit einer überschwänglichen Geste in die Anwesenheitsliste ein, die auf dem Tresen lag. Dann drehte er sich noch einmal um und flüsterte: »Lauf, Hexe. Lauf.« Damit zog er sein Handy hervor, drückte ein paar Tasten und stolzierte an den unbeleuchteten V.I.R-Büros vorbei in Richtung Archiv. Megan zuckte entschuldigend mit den Schultern, als sie ihm mit dem elektronischen Türöffner den Zugang gewährte.
Ich sammelte mich kurz, signalisierte Megan, noch einen Moment zu warten, und ließ mich dann in einen Stuhl sinken, um zur Tarnung in meiner Tasche zu wühlen. Jenks landete auf meinem Ohrring. »Lass uns gehen«, sagte er besorgt,
»wir kommen heute Nacht noch mal her.«
Ich musste ihm zustimmen. Dass Denon mein Apartment verflucht hatte, war reine Schikane gewesen. Ein Kil erkommando auf mich anzusetzen wäre zu teuer, das war ich nicht wert. Aber warum Risiken eingehen?
»Jenks, kannst du ins Archiv kommen, ohne von den Kameras erfasst zu werden?«
»Natürlich kann ich das, Frau. Wenn Pixies eines können, ist es herumschnüffeln. Ob ich an den Kameras vorbeikomme? Wer, glaubst du, ist für ihre Wartung zuständig? Ich werd's dir sagen - Pixies. Und kriegen wir dafür auch nur einen Funken Anerkennung? Nein. Nur der Penner von einem Handwerker, der mit seinem Fettarsch unten auf der Leiter sitzt, seinen Truck fährt, die Werkzeugkiste öffnet und sich Donuts reinzieht. Was tut der denn schon groß?«
»Ist ja großartig, Jenks. Jetzt halt die Klappe und hör zu.«
Ich schaute kurz zu Megan hinüber. »Finde heraus, welche Akten sich Francis anschaut. Ich werde so lange wie möglich auf dich warten, aber wenn sich hier irgendeine Bedrohung ankündigt, haue ich ab. Du schaffst es doch von hier aus nach Hause, oder?«
Jenks' Flügel wehten mir eine Haarsträhne in den Nacken.
»Klar, schaff ich schon. Sol ich ihn für dich anpixen, wenn ich schon mal da bin?«
»Ihn anpixen? Das kannst du? Ich dachte immer, das gäbe es nur im, äh. . Märchen.«
Er schwebte vor mir in der Luft und platzte fast vor Selbstzufriedenheit. »Ich werde ihn in den Wahnsinn treiben.
Das können Pixies nämlich am zweitbesten.« Er zögerte und grinste spitzbübisch. »Nein, eher am drittbesten.«
»Warum nicht?«, beendete ich seufzend die Diskussion, woraufhin er lautlos aufstieg, um zunächst die Kameras zu beobachten. Für einen Moment hing er bewegungslos in der Luft und wartete ihre Rotationsbewegung ab. Dann schoss er direkt unter die Decke und flog den langen Korridor hinunter zur Tür des Archivs. Wenn ich das Ganze nicht gespannt beobachtet hätte, hätte ich ihn überhaupt nicht wahrgenommen.
Ich nahm einen Stift aus meiner Tasche, schloss sie sorgfältig und ging zu Megan hinüber. Der massige Mahagonitresen trennte die Lobby vol ständig von den nicht sichtbaren Büros im Hintergrund. Es war die letzte Bastion zwischen der Öffentlichkeit und den kleinlichen Arbeitstieren, die hier die Akten verwalteten. Durch den offenen Durchgang hinter Megan war eine lachende Frauenstimme zu hören; samstags wurde nicht viel gearbeitet. »Hi, Meg«, sagte ich, als ich näher trat.
»Guten Tag, Ms. Morgan«, erwiderte sie betont laut und fummelte an ihrer Bril e herum. Ihre Aufmerksamkeit war auf einen Punkt hinter meinem Rücken gerichtet und ich kämpfte gegen den plötzlichen Drang, mich umzudrehen.
Ms. Morgan?, dachte ich. Seit
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