Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Band 1 - Blutspur

Band 1 - Blutspur

Titel: Band 1 - Blutspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
Vom Netzwerk:
Käfer in einem Ausstel ungskasten.
    Ich fühlte mich plötzlich unglaublich schlecht.
    »Nicht wirklich.« Ich wunderte mich über ihre Gelassenheit; ich war der Verzweiflung nahe. »Er schien nur irgendein Gedicht zu rezitieren.« Ich zog meinen Pyjamakragen höher und kauerte mich zusammen. »Wird er wieder gesund werden?«
    Sie sank neben ihm auf die Knie. Als sie vorsichtig das geschwol ene Auge ihres Mannes berührte, war ihr die Erleichterung deutlich anzusehen.
    »Er wird wieder. Wenn er flucht oder Gedichte aufsagt, geht's ihm gut. Wenn du mir jetzt gesagt hättest, dass er gesungen hätte, wäre ich ernsthaft besorgt gewesen.« Ihre Finger berührten ihn langsam und zärtlich, und ihre Augen blickten in die Ferne.
    »An dem Tag, als er singend nach Hause kam, hätten wir ihn beinahe verloren.«
    Sie sammelte sich wieder und öffnete mit einem freudlosen Lächeln die Tasche, die ihre Kinder gebracht hatten.
    Mich überkamen Schuldgefühle. »Es tut mir so leid, Mrs.
    Jenks. Ohne mich wäre das al es nicht passiert. Wenn Jenks jetzt aus seinem Vertrag aussteigen wil , kann ich das gut verstehen.«
    »Aus seinem Vertrag aussteigen?« Mrs. Jenks fixierte mich mit einer beängstigenden Intensität. »Du lieber Himmel, Kind. Doch nicht wegen einer solchen Lappalie.«

    »Aber er sol te nicht gegen sie kämpfen müssen!«, protestierte ich, »sie hätten ihn töten können.«
    »Es waren nur drei.« Sie breitete ein weißes Laken neben Jenks aus und legte darauf Verbände, Heilsalbe und etwas, das wie eine künstliche Flügelmembran aussah. »Sie wussten, in welcher Gefahr sie sich befanden. Sie haben die Warnsignale ignoriert. Ihr Tod war gerechtfertigt.« Als sie lächelte, wurde mir klar, warum der Pixie seinen Wunsch dazu benutzt hatte, sie an sich zu binden. Sogar mit einem Messer in der Hand sah sie aus wie ein Engel.
    »Aber sie waren nicht hinter euch her«, beharrte ich, »sie wol ten mich!«
    Sie schüttelte den Kopf, und ihr feines Haar tanzte um ihr Gesicht.
    »Das spielt keine Rol e«, erwiderte sie, »sie hätten den Garten sowieso besetzt. Aber letztendlich haben sie es wegen des Geldes getan.« Aus ihrem Mund klang es wie ein Schimpfwort. »Und die LS. musste sicher eine Menge davon bieten, damit sie sich trauten, es mit meinem Jenks aufzunehmen.« Sie seufzte und schnitt Teile aus der dünnen Membran, die sie den Löchern in Jenks' Flügel anpasste.
    Diese Arbeit schien sie nicht mehr aufzuregen als Socken zu stopfen.
    »Mach dir keine Gedanken. Sie dachten, dass sie uns aus dem Gleichgewicht bringen könnten, weil wir uns gerade erst niedergelassen hatten.« Sie warf mir einen selbstzufriedenen Blick zu. »Da haben sie wohl falsch gedacht.«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sol te. Der Hass zwischen den Pixies und den Fairies ging wesentlich weiter, als ich gedacht hatte. Sie vertraten die Ansicht, dass niemand Land besitzen könne. Deshalb vermieden sie jegliches förmliche Eigentumsrecht und verfuhren einfach nach dem Grundsatz:
    »Wer die Macht hat, hat das Recht.« Und da sie mit niemandem sonst in Konkurrenz standen, drückte die Justiz bei ihren Angelegenheiten beide Augen zu und erlaubte ihnen, ihre Streitigkeiten unter sich auszumachen; offenbar sogar bis zum gegenseitigen Mord. Ich fragte mich, was denjenigen zugestoßen war, die das Hoheitsrecht über den Garten innegehabt hatten, bevor Ivy die Kirche gemietet hatte.
    »Jenks mag dich«, sagte die kleine Frau, während sie die Flügelmembran aufrol te und wegpackte. »Er nennt dich Freundin. Und aus Respekt ihm gegenüber sehe auch ich dich als solche.«
    »Danke«, stammelte ich.
    »Dennoch traue ich dir nicht.« Sie war genauso direkt wie ihr Ehemann und beinahe ebenso taktvol . »Ist es wahr, dass du ihn zu deinem Partner gemacht hast? Hast du das wirklich ernst gemeint, oder war das nur ein grausamer Scherz?«

Ich nickte; das hier war ernster als al es, was diese Woche geschehen war. »Ja, Ma'am. Er verdient es.«
    Mrs. Jenks nahm eine winzige Schere zur Hand. Sie wirkte mehr wie ein Erbstück als wie ein funktionales Instrument.
    Die Holzgriffe waren in der Form eines Vogels geschnitzt, dessen metal ener Schnabel die beiden Klingen bildete.
    Entsetzt sah ich zu, wie sie das kalte Eisen nahm und sich vor Jenks hinkniete. »Bitte, Liebster, schlaf weiter«, hörte ich sie flüstern, bevor sie damit begann, die ausgefransten Kanten von Jenks' Flügel zurechtzustutzen. Der Geruch von geronnenem Blut und verbranntem Fleisch erfül te

Weitere Kostenlose Bücher