Band 6 - Blutnacht
Vampir hätte dich getötet«, flehte Jenks. »Ich dachte, wenn du einfach vergisst, dann würde die Zeit al e Wunden heilen. Du bist nicht gebunden, also ist al es okay!
Es ist okay, Rache!«
Ich betete, dass Jenks Recht hatte, aber ein Zittern lief über meinen Körper, als ich eine Hand hob und über den Biss legte. Gott helfe mir, ich habe mich noch nie so verletzlich gefühlt. Ich hatte mit Vampiren gespielt. Ich hatte geglaubt, gebunden zu sein. Ich konnte nicht. . Ich konnte das nicht mehr tun.
Ivy holte keuchend Luft. Sie runzelte die Stirn, und als sie sich wieder aufrecht hinstel te, sah ich in ihren Augen einen Schmerz, der tief in ihrer Seele saß.
»Entschuldigt mich«, sagte sie leise und ich zuckte zusammen, als sie aus dem Raum rannte. Sie floh mit dieser unheimlichen vampirischen Geschwindigkeit, und ihre Füße quietschten auf dem Linoleum. Ich streckte die Hand nach ihr aus, aber schon schloss sich mit einem Krachen ihre Badezimmertür.
Ich schaute Jenks an. Mein Leben stinkt.
Müde lehnte ich mich gegen die Spüle und versuchte, aus al dem schlau zu werden. Ich fühlte mich nicht gut. Ich litt an Schlafentzug, hatte zu wenig im Magen und niemand verstand mich. Ich wol te nicht mehr denken müssen. Ich wol te mich einfach nur verstecken oder an einer Schulter ausheulen. Meine Augen brannten von den zurückgehaltenen Tränen und ich drehte mich weg. Ich würde nicht vor Keasley weinen. Ceri und ich waren zerstritten. Ivy versteckte sich. Ich hatte keine Freunde, an die ich mich hätte wenden können. Deprimiert schaute ich zu den zwei Männern, die mich beide mit besorgter Miene anstarrten. Ich musste hier raus.
»Jenks«, hauchte ich und schaute durch die salzwasserüberflutete Küche. »Ich fahre zu meiner Mom.
Keasley, es tut mir leid. Ich muss weg.«
Ich fühlte mich leicht und unwirklich, als ich mich an der ernsten Hexe vorbeischob und der Tropfenspur durch den Flur folgte. Ich hielt auf die Tür zu und schnappte mir im Vorbeigehen meine Tasche. Ich konnte hier nicht bleiben.
Meine Mom war viel eicht verrückt genug, um zu verstehen, und gesund genug, um mir zu helfen. Außerdem kannte sie viel eicht einen Zauber, der die Wirkung eines Vergesslichkeitstranks aufheben konnte. Und dann würden Ivy und ich Kistens Kil er an einen Besen nageln.
14
Die Küche meiner Mutter hatte sich verändert, seitdem ich das letzte Mal hier gesessen und Frühstücksflocken gegessen hatte. In der Luft hing schwer der Geruch nach Kräutern, obwohl ich keine sehen konnte. Es standen auch keine Zauberkessel herum und es lagen keine Keramiklöffel in der Spüle. Aber der deutliche Rotholzgeruch meiner Mutter, als sie mir in ihrem Morgenmantel im Leopardenmuster die Tür aufgemacht hatte, verriet mir, dass sie in letzter Zeit viel gezaubert haben musste.
Jetzt roch sie nach Flieder, mit nur einem Hauch von Rotholz darunter. Ich fand es seltsam, dass sie versuchte, vor mir zu verstecken, dass sie il egal Zauber anfertigte und verkaufte. Als ob ich meine Mutter anzeigen würde? Die I.S.
war nicht gerade großzügig in ihren Witwenrenten -selbst bei denen, deren Ehemänner für die Abteilung Arkanes gearbeitet hatten -, und wahrscheinlich war es nicht genug, um die ständig steigenden Grundsteuern in einer Nachbarschaft zu bezahlen, die einmal Mittelklasse gewesen war.
Die Nachmittagssonne erhel te fröhlich die Küche, während ich bedrückt und müde an meinem üblichen Platz saß und Frühstücksflocken aus einer gesprungenen Schüssel löffelte. Lucky Charms, mit kleinen Marshmel ow-Stücken. Ich wusste nicht, was beunruhigender wäre: fal s es immer noch dieselbe Packung war wie beim letzten Mal, oder fal s sie es nicht war.
Mein Blick wanderte zu einem Stapel von Boulevardblättern, die meine Mutter so liebte, und ich zog eine Zeitung hervor, da die Überschrift Trauernde Schwester findet Katzendreck in Urne von Zwil ing meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Darunter stand ein kurzer Artikel über Cincys Grabraub-Geschichte und wie momentan wieder einmal auf beiden Seiten des Flusses Leichen verschwanden. Ich runzelte die Stirn. Es gab nur einen Grund, warum man die Asche einer Person gegen Katzenscheiße austauschen sol te - das Opfern menschlicher Asche hielt einen beschworenen Dämon davon ab, zur falschen Zeit oder am falschen Ort zu erscheinen, zum Beispiel außerhalb des Schutzkreises. Ich kümmerte mich gewöhnlich nicht um so etwas, aber Dämonen drangen ja normalerweise auch in mein Leben ein,
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