Band 6 - Blutnacht
übergeben.
»Rachel«, sagte Ivy wieder, und ich richtete meine Aufmerksamkeit auf sie. Sie war ein Vampir. Ich war gefal en und hatte nicht einmal gespürt, wie ich aufschlug. Terror brachte mich dazu, mich auf die Füße zu kämpfen und mich zu bewegen, bis ich eine Ecke fand. Eine Hand lag auf meinem Hals, um mein Blut vor ihr zu verstecken. Ich war gebunden worden. Ich gehörte jemandem.
Ivys Augen war angesichts meiner Angst schwarz. Ihre Brust hob und senkte sich und sie hielt die Hände zu Fäusten gebal t. »Rachel, es ist okay«, erklärte sie mit tiefer und rauer Stimme. »Du bist nicht gebunden worden. Das könnte ich erkennen.«
Sie trat einen Schritt nach vorne und ich riss eine Hand hoch. »Stopp!«
»Ich kann es erkennen, verdammt nochmal!«, schrie sie und senkte dann die Stimme wieder. »Ich werde dich nicht beißen. Schau mich an. Ich bin nicht dieser Vampir. Rachel, du bist nicht gebunden.«
Angst überzog mich wie Spinnweben, während ich gleichzeitig versuchte, sie zu kontrol ieren. Unter meinen Fingern raste mein Puls. Es war nur Ivy. Aber sie trat einen Schritt vor und mein Wil e versagte.
»Ich habe Stopp gesagt!«, schrie ich und drückte mich in die Ecke. Sie schüttelte grimmig den Kopf und trat einen weiteren langsamen, vorsichtigen Schritt vor.
»Stopp! Stopp oder ich tue dir weh!«, verlangte ich fast hysterisch. Ich hatte die Kraftlinie losgelassen, aber ich konnte sie finden. Ich konnte sie damit verletzen. Ich hatte versucht, Kistens Kil er zu verletzen, und der Vampir hatte mich gebunden. Gebunden, damit ich angekrochen kam und darum bettelte, ausgeblutet zu werden. Gott hilf mir, ich bin jemandes Schatten.
Ivys Hand zitterte und Tränen liefen über ihr perfektes Gesicht, als sie den Arm ausstreckte und ihre Finger auf meine Schulter legte. Ihr Geruch überschwemmte mich und ihre Berührung traf mich tiefer als die schwammige Erinnerung, direkt in meinem Innersten. Meine Furcht löste sich auf wie Nebel im Sonnenschein. Es war Ivy. Es war nur Ivy, nicht mein unbekannter Foltermeister. Sie versuchte nicht, mich umzubringen. Es ist nur Ivy.
Ich fing an zu weinen. Heftige, schmerzhafte Schluchzer erschütterten mich. Kistens Mörder hatte mich gebunden. Er würde mich heranwinken, und ich würde betteln und mich winden. Ich war gefal en, und ich hatte das Loch nicht einmal gesehen. Ich war so dämlich. Ich hatte mit Vampiren gespielt.
Ich hatte gedacht, ich könne mich sicher halten, aber das war jetzt al es umsonst. Ich hatte das nicht gewol t, aber es war passiert.
»Rachel, du bist nicht gebunden!«, sagte Ivy wieder und schüttelte mich sanft. »Wenn du es wärst, könnte ich das riechen. Kistens Kil er hat es viel eicht versucht, aber es hat keine Wurzeln geschlagen. Ich würde es fühlen, wenn es passiert wäre. Hör mir zu. Du bist in Ordnung!«
Mein Atem stockte und ich bemühte mich, aufzuhören, zu weinen. »Ich bin nicht gebunden?«, fragte ich und schmeckte das Salz meiner Tränen, als ich sie ansah. »Bist du dir sicher?«
Bitte, Gott. Gib mir eine zweite Chance. Ich verspreche, ich schwöre, ich werde brav sein.
Mit einem sanften Rauschen legte Ivy die Arme um mich, zog mich an sich und wiegte mich, als wäre ich ein Kind. »Du bist nicht gebunden«, flüsterte Ivy, und als ich anfing, ihr zu glauben, flössen Tränen der Erleichterung. »Aber ich werde herausfinden, wer dir das angetan hat, und dann werde ich dafür sorgen, dass der Bastard dich um Verzeihung bittet.«
Ich hielt mich an ihrer grauseidenen Stimme fest, als sie mich vom Abgrund wegführte. Die Sicherheit und die heiße Wut darin durchdrangen meine Verwirrung.
Ich war nicht al ein. Ivy würde mir helfen. Sie sagte, ich wäre nicht gebunden. Ich musste ihr das glauben.
Dankbarkeit breitete sich aus und jeder einzelne Muskel schien sich gleichzeitig zu entspannen. Ivy fühlte es und hörte auf, mich zu wiegen.
Plötzlich ging mir auf, dass ich in meiner Küche stand und Ivys Arme um mich lagen. Ihr Zug an meinen nicht gebundenen Narben war verschwunden und ich war hier, fühlte ihre Wärme, ihre Stärke und ihre Entschlossenheit, mich zu beschützen. Ich schaute auf und fand ihre Augen nur Zentimeter vor meinen, gefül t mit Tränen. In ihnen lag ein geteilter Schmerz, als könnte ich jetzt erst anfangen, sie zu verstehen.
Ich leckte mir über die Lippen und versuchte herauszufinden, was ich empfand. »Danke«, sagte ich, und ihre Pupil en erweiterten sich plötzlich. Ein schockierender
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