Band 6 - Blutnacht
nicht andersherum.
Diese Erinnerung an AI brachte mich dazu, meine Tasche über den Tisch zu mir zu ziehen. Ich hatte meiner Mutter keine Erklärung dafür gegeben, dass ich plötzlich aufgetaucht und auf der Tagesdecke meines Bettes in erschöpften Schlaf gefal en war.
Depression hatte meine Angst ersetzt, die ich empfunden hatte, als ich dachte, gebunden zu sein, und ich fing an, Jenks zu verzeihen, dass er mir meine Erinnerungen genommen hatte. Er hatte das Richtige getan. Ich konnte mir leicht vorstel en, in was für einem Zustand ich gewesen war, und wahrscheinlich hatte das Vergessen mein Leben gerettet.
Eine Hexe mit einer Vampirnarbe konnte sich keinem Untoten entgegenstel en. Ivy würde Kistens Kil er finden. Ich würde mich um die Dämonen kümmern.
Ich wühlte in meiner Tasche herum, zog mein Handy hervor und schaute auf das Display. Ich hatte sofort nach dem Aufwachen Jenks angerufen, um zu hören, wie es Ivy ging.
Sie war deprimiert, hatte er gesagt, womit ich umgehen konnte. Ich war nicht gerade scharf darauf, zurück zu gehen in die Kirche und die Sache beizulegen. Ich wusste nicht, was ich sagen sol te. Trotz al em war ich immer noch froh, dass sie da war. Viel eicht konnten wir einfach ignorieren, dass sie vier neue Löcher in meinen Hals gestanzt hatte und ich völ ig ausgetickt war, als ich dachte, dass Kistens Kil er mich gebunden hätte. Ich seufzte, als ich die Uhrzeit kontrol ierte.
Es war kurz nach drei, und bis jetzt hatten weder Glenn noch David angerufen. Glenn wäre sauer, wenn ich ihn drängte, aber David nicht.
Die Uhr über der Spüle tickte, und ich lauschte dem scheußlichen Geräusch, als ich in meinem Telefonbuch nach Davids Nummer suchte. Robbie und ich hatten die Uhr vor Unzeiten zum Muttertag gekauft, als wir noch dachten, dass eine glotzende Hexe, die bei jedem Tick nicht nur von rechts nach links schaute, sondern auch noch ihren Besen schwenkte, cool sei. Auf dem Besen war ein weißer Fleck, wo die Keramik durchschien, seitdem sie einmal heruntergefal en war, und ich fragte mich, warum meine Mom das Ding behielt. Es war wirklich, wirklich scheußlich.
Ich konzentrierte mich wieder auf das Telefon, als jemand abhob und ich Davids Stimme hörte.
»Hi, David«, sagte ich. »Hast du schon was?«
Ich hörte ihn zögern, bevor er vorsichtig fragte: »Hat dir deine Mom nichts gesagt?«
Er weiß, dass ich bei meiner Mom bin? »Ahm, nein«, antwortete ich verwirrt. »Woher weißt du, dass ich bei meiner Mom bin?«
David lachte leise. »Sie ist heute Nachmittag an dein Telefon gegangen, als du geschlafen hast. Wir haben uns nett unterhalten. Deine Mom ist. . anders.«
Anders. Wie politisch korrekt konnte man sein?
»Danke«, meinte ich trocken. »Ich nehme mal an, wir haben heute Nachmittag nichts vor?« Wenn es anders wäre, hätte sie mich geweckt. Viel eicht.
»Ich habe den Antrag auf dem Schreibtisch liegen«, sagte er, und ich hörte das Rascheln von Papier. »Als frühesten Termin konnte ich die Frau auf morgen um zwei festnageln.
Und das war nicht einfach.« Er zögerte und fuhr dann sanft fort: »Es tut mir leid. Ich weiß, dass du das heute erledigen wol test, aber das ist das Beste, was ich einrichten konnte.«
Ich seufzte und schaute wieder auf die Uhr. Die Vorstel ung, mich noch eine Nacht in meiner Kirche zu verstecken, hatte ungefähr denselben Zauber, wie Trent die Fußnägel zu lackieren. So würde ich auch Ivy nicht aus dem Weg gehen können. »Morgen um zwei ist prima«, sagte ich schließlich und dachte, dass ich die Zeit dazu verwenden konnte, mein Zauberarsenal für einen Angriff auf schwarze Hexen vorzubereiten. Ich würde al erdings al es auf geheiligten Boden schaffen müssen. Wie unglaublich nervig.
»Danke, David«, meinte ich dann, als mir wieder einfiel, dass ich mitten in einem Telefonat steckte. »Ich glaube wirklich, dass es das ist.«
»Ich auch. Ich hole dich morgen um eins ab. Style dich hoch, ja?« Er klang amüsiert. »Ich nehme dich nicht nochmal in Leder mit.«
Ich runzelte die Stirn. »Hochstylen?«, fragte ich, aber er hatte schon aufgelegt.
Ich starrte einen Moment lang auf das Telefon und lächelte dann, als ich es zuklappte und wegsteckte. Während ich die pinken Herzen in den Lucky Charms aß, die ich immer bis zum Schluss aufhob, lauschte ich in das stil e Haus hinein.
Langsam kippte meine Stimmung wieder ins Melancholische.
Jemand hatte Kisten umgebracht. Derselbe Jemand hatte versucht, mich an sich zu binden, damit
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