Band 6 - Blutnacht
schwarz-rote Muster, weil ich noch nie vorher darüber nachgedacht hatte. »Danke.
Und du siehst gut aus, wie du hier vorne das Laub zusammenrechst. Geht's deinen Knien gut?«
Der alte Mann klopfte auf die dünnen Stel en an seiner Hose und blinzelte in die Sonne. »Sie waren schon mal besser, aber sie waren auch schon viel schlimmer. Ceri war in letzter Zeit viel in der Küche und hat Dinge ausprobiert.«
Ich wurde langsamer. Ich war immer noch auf dem gesprungenen Weg zur vorderen Veranda. Er war mit Gras überwuchert und dadurch nur noch zwanzig Zentimeter breit. »Ich nehme an«, sagte ich leise, »dass ein Leben der Jagd auf Bösewichter einen ganz schön fertigmachen kann.
Wenn man nicht vorsichtig ist.«
Er bewegte sich nicht und starrte mich nur an.
»Ich, ahm, habe heute mit jemandem geredet«, meinte ich, weil ich es einfach von ihm hören wol te. »Er sagte. .«
»Wer?«, presste er hervor, und mein Gesicht verlor jeden Ausdruck. Er hatte Angst. Fast schon Panik.
»Trent.« Mein Puls beschleunigte sich, als ich weiterging.
»Trent Kalamack. Er hat sich benommen, als wüsste er es schon seit langer Zeit.« Meine Schultern verspannten sich und der Hund, der in der Nähe bel te, machte mich nervös.
Keasley atmete auf und seine Angst verwandelte sich in so tiefgehende Erleichterung, dass ich sie fast anfassen konnte.
»Tut er«, antwortete er und fuhr sich mit einer Hand durch seine grauen, dicht gelockten Haare. »Ich muss mich setzen.«
Er drehte sich zum Haus um. Es brauchte neue Dachziegel und fast noch dringender neue Farbe. »Wil st du dich für einen Moment zu mir setzen?«
Ich dachte an Ceri, dann an Marshai. Und da war auch noch der Gargoyle, gegen den Jenks stänkerte. »Sicher.«
Keasley nahm den Rechen, schlurfte langsam zu den durchhängenden Verandastufen, lehnte das Gartengerät gegen den Handlauf und setzte sich dann mühsam mit einem tiefen Seufzen auf die Stufen. Auf dem Geländer stand ein Korb mit Cocktailtomaten, die beim Trick or Treat verteilt werden würden, und zwei Kürbisse warteten darauf, Gesichter geschnitzt zu bekommen. Vorsichtig setzte ich mich neben ihn, meine Knie auf derselben Höhe wie meine Brust. »Bist du in Ordnung?«, fragte ich zögernd, als er nichts sagte.
Er schaute mich schief an. »Du weißt, wie man das Herz eines alten Mannes auf Trab hält, Rachel. Wissen es Ivy und Jenks?«
»Jenks«, antwortete ich und verzog schuldbewusst das Gesicht. Er hob eine Hand, um mir zu sagen, dass es in Ordnung war.
»Ich vertraue ihm, er wird den Mund halten. Trent hat mir die Möglichkeit gegeben, meinen Tod zu inszenieren.
Eigentlich hat er mir nur das DNS-präparierte Gewebe gegeben, das ich auf meine Veranda schmieren konnte, aber er wusste al es.«
Er hat ihm Gewebe gegeben? Wie nett. »Dann bist du wirklich. .« Ich brach ab, als eine knorrige Hand warnend auf meinem Knie landete. Auf der Straße kämpften fünf Spatzen um eine Motte, die sie gefunden hatten, und ich hörte ihrem wütenden Gezwitscher zu, während ich aus Keasleys Schweigen herauslas, dass ich es nicht einmal aussprechen sol te. »Es ist über zehn Jahre her«, protestierte ich schließlich.
Seine Augen verfolgten die Vögel, als einer die Motte eroberte und der Rest ihn die Straße entlang verfolgte. »Das ist egal«, meinte er. »Wie eine Mordanklage wird so eine Akte nie geschlossen.«
Ich folgte seinem Blick zu der Kirche, in der Ivy und ich zusammenlebten. »Deswegen bist du gegenüber der Kirche eingezogen, richtig?«, fragte ich und dachte zurück an den Tag. Keasley hatte mein Leben gerettet, als er einen verzögerten Verbrennungszauber entfernt hatte, den mir jemand im Bus angeheftet hatte. »Du hast dir gedacht, wenn ich einen Weg finde, den I.S.-Mordauftrag zu überleben, dann könnte es auch dir gelingen?«
Er lächelte und zeigte dabei seine gelblichen Zähne. Dann zog er seine Hand von meinem Knie. »Ja, Ma'am. Habe ich.
Aber nachdem ich gesehen habe, wie du es gemacht hast?«
Keasley schüttelte den Kopf. »Ich bin zu alt, um mit Drachen zu kämpfen. Ich bleibe einfach Keasley, wenn es dir nichts ausmacht.«
Ich dachte darüber nach. Mir war kalt, obwohl wir in der Sonne saßen. In die Anonymität zu verschwinden war etwas, was ich einfach nicht konnte. »Du bist am selben Tag eingezogen wie ich, richtig? Du weißt wirklich nicht, wann Ivy die Kirche angemietet hat.«
»Nein.« Sein Blick ging Richtung Kirchturm, dessen Spitze hinter Bäumen versteckt war. »Aber
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