Banditenliebe
der Bushaltestelle zugesehen.«
»Ja, jetzt erkenne ich dich wieder«, lachte der alte Schmuggler. »Nur einer wie du kann so viel Zeit vergeuden.«
»Unnütz? Dadurch kann ich jetzt Perlen der Lebensweisheit verteilen.«
»Ich wette, gleich fängst du damit an.«
»Ihr wärt mir für den Rest eures Lebens dankbar.«
Punkt fünf nach halb eins kamen die drei Serben und die Sekretärin aus dem Haus. Die Frau, zwischen fünfunddreißig und vierzig, langes schwarzes Haar, eher auffällig gekleidet, ging neben Pavle Stojkovi ć . Bo ž idar und Vladan folgten ihnen in ein wenig Entfernung. Sie gingen nur fünfzig Meter weit bis zu einer Kneipe mit Schnellimbiss.
»Sekretärin und Geliebte«, erklärte Rossini.
»Sind sie zusammen hergekommen?«, fragte ich ihn.
»Nein. Die Frau kurz nach ihm.«
»Wir müssen versuchen, sie da rauszuhalten.«
»Ich glaube nicht, dass das gehen wird.«
»Noch eine Leiche mehr«, knurrte ich. Ich war es leid, im Wagen eingesperrt zu sein.
Max drehte sich um und blickte mich an. »Hör auf zu nerven, Marco. Du weißt genau, dass wir ihr kein Haar krümmen werden.«
Eine Dreiviertelstunde später gingen sie wieder zurück zur Balkan Market, in derselben Formation.
Zwischen vierzehn und siebzehn Uhr kamen zwei weitere Lieferwagen ohne jede Aufschrift und blieben höchstens zwanzig Minuten.
Eine halbe Stunde später fuhr der Mercedes die Auffahrt aus dem Sockelgeschoss herauf und blieb vor der Tür der Firma stehen. Dank einer Wandleuchte erkannten wir, dass nur die beiden Bodyguards drinnen saßen. Pavle und die Sekretärin kamen eine Stunde später. Sie schloss ab und aktivierte den Alarm, dann setzte sie sich in einen teuren Sportwagen. Der Serbe winkte ihr zum Abschied lächelnd zu.
Ich sah auf die Uhr. »Genau achtzehn Uhr dreißig.«
»Die sind methodisch«, sagte Max, »immer auf die Minute genau, jeden lieben Tag. Wenn wir ein Jahr hier sitzen blieben, nichts würde sich ändern.«
»Die Lieferwagen«, murmelte Beniamino. »Drei heute früh, zwei nachmittags. Mit einem von denen kommen wir rein.«
Am nächsten Morgen folgten wir dem ersten Lieferwagen, der bei der Balkan Market wieder wegfuhr. Er nahm die Autobahn bis zur ersten Abfahrt nach Verona, fuhr dann weiter zu einem unauffälligen Gebäude mitten auf dem Land.
»Ich würde ja zu gern wissen, mit was für ›balkanischen‹ Produkten Stojkovi ć so handelt.«
Rossini zuckte mit den Schultern. »Da hab ich auch keine Ahnung. Es ist ja nicht mal zu erkennen, wer Ware liefert und wer welche abholt.«
»Wenn der Laden illegal ist, heißt das, dass unser Freund mehr als einen Schutzengel hat. Welcher Bulle würde sich nicht für eine Import-Export-Firma mit diesem Namen interessieren?«
»Vielleicht haben sie ja eine Kamera installiert, wie vor Alshabanis Kneipe?«
Rossini schnippte mit den Fingern. »An so was hab ich noch nicht gedacht. Wir müssen uns unbedingt verkleiden.«
Es hieß, schnell zu handeln: Wir hatten keinen rechten Plan und keine auch nur annähernde Vorstellung von den möglichen Unwägbarkeiten.
Nach dem Mittagessen fuhren wir nach Treviso zurück. Max wollte die Autobahn in der Nähe von Vicenza verlassen, wo er eine gute Trattoria kannte.
An diesem Nachmittag zeigte sich kein einziges Fahrzeug an der Firma. Ansonsten wiederholte sich alles genauso wie am Vortag.
»Sollen wir ihm folgen?«, fragte ich, als Pavle in den Mercedes stieg.
Rossini war nicht überzeugt. »Wenn sie uns sehen, ist alles im Eimer.«
»Vielleicht machen sie halt und kaufen was ein.«
»Siehst du einen wie Stojkovi ć hinter einem Einkaufswagen?«
»Der wird auch was essen müssen.«
»Darum kümmert sich die Haushälterin«, schnitt Beniamino das Thema ab. »Wir müssen uns an die Lieferwagen halten.«
Nach vier Tagen wussten wir, dass ein hellblauer Renault am häufigsten kam. Er fuhr die Rampe hinunter und hielt vor dem wachsamen Auge einer Kamera. Nach ein paar Minuten kam dann einer von den Gorillas, öffnete die Tür und ließ den Wagen hinein, der von einem jungen Mann mit langen Haaren und einer Reihe winziger Ringe im rechten Ohr gefahren wurde. Er lebte mit Frau und zwei Kindern in der Nähe von Montebelluna, fuhr im ganzen Veneto Waren aus und wirkte nicht wie der typische Schurke, wahrscheinlich war er in keinerlei kriminelle Aktivitäten verwickelt. Trotzdem würden wir recht unsanft in sein Leben eingreifen müssen.
Und zwar an dem Tag, an dem wir unsere Rechnungen mit dem Dreckskerl Pavle
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