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Banditenliebe

Banditenliebe

Titel: Banditenliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
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zuerst gehen; erst nach ein paar Minuten stand ich auf und ging in die entgegengesetzte Richtung. Max tat es mir gleich. Als er an meinem Tisch vorbeikam, ließ er den Serviettenhalter mitgehen und folgte mir.
    »Eine perfekte Aufnahme«, sagte er später, als wir im Wagen davonfuhren.
    »Es wird ein Spaß, ihn dranzukriegen«, sagte ich. »Die ganze Zeit, während er mit mir sprach, hat er nachgedacht, wie er mich um die Ecke bringen kann. Ich hab mich gefühlt wie mit einer Klapperschlange in ein Terrarium gesperrt.«
    »Und jetzt bereiten wir Schachzug Nummer zwei vor.«
    »Wie viele Züge sind in diesem Spiel geplant?«
    »Drei. Wenn alles gut geht.«
    In Treviso trafen wir den alten Rossini wieder, der Pavle Stojkovi ć seit dem Vorabend beschattet hatte. Seine Augen waren rot gerändert, ein weißer, kratziger Bartschatten bedeckte sein Gesicht. Der Wagen roch nach Zigaretten und Müdigkeit. Max setzte sich neben Beniamino, ich mich nach hinten.
    »Die Idee, ihn in seinem schönen Landhaus zu schnappen, können wir uns aus dem Kopf schlagen. Die beiden Gorillas leben bei ihm, es gibt Alarmanlagen«, erklärte er und deutete auf ein hässliches Einfamilienhaus, typisch für den Stadtrand. »Seht ihr die beiden Schaufenster im Erdgeschoss? Das ist das Büro von der Balkan Market, es ist über eine Innentreppe mit den Lagerräumen im Sockelgeschoss verbunden.«
    »Die Bodyguards?«
    »Lassen ihn keine Sekunde allein.«
    »Sonst noch wer?«
    »Eine Sekretärin. Mir war so, als hätte ich sie heute Morgen reingehen sehen. Als ich zur Kontrolle in der Firma anrief, antwortete eine Frauenstimme.«
    »Im Lager wird doch auch jemand sein.«
    »Nein. Morgens sind ein paar Lieferwagen gekommen und wieder gefahren, und es hat jedes Mal Bo ž idar aufgemacht.«
    »Was für ein Wagen?«
    »Der übliche schwarze Benz. Im Sockelgeschoss geparkt. Unmöglich, da ranzukommen.«
    »Sieht ja schlecht aus«, bemerkte ich. »Vielleicht sollten wir Luc und Christine holen oder die beiden Deutschen.«
    »Nein«, zischte Beniamino.
    »Um da reinzukommen, ohne sich wehzutun, braucht man Leute, die mit Waffen umgehen können. Allein ist das nicht zu schaffen.«
    »O doch.«
    Ich lehnte mich nach hinten und sagte zum alten Rossini: »Planst du denn nicht eine schöne Schießerei, nach der die Bösen alle mit lauter Löchern in der Brust liegen bleiben?«
    Er hieb aufs Lenkrad, dass seine Armbänder klingelten. »Manchmal bist du wirklich dämlich!«
    »Mag schon sein, aber du weißt doch, wie so was läuft: Du kreuzt mit den besten Absichten auf, aber die anderen sind so blöde, dass sie denken, sie können dich verarschen, und am Ende bist du gezwungen abzudrücken.«
    Er zündete sich die x-te Zigarette an. »Das wird nicht passieren.«
    Ich berührte den Dicken an der Schulter. »Und du, was sagst du?«
    »Beniamino weiß, was er tut. Außerdem, je weniger wir davon wissen, desto besser.«
    Die Bodyguards des Serben waren Ex-Soldaten mit einiger Erfahrung in einem langen, blutigen Bürgerkrieg. Außerdem waren sie jünger und wendiger als wir. Aber das hätte ich nie ausgesprochen. Auch mit sechzig oder zweiundsechzig – in Fragen des Alters war er genau so unpräzise wie eine Schauspielerin, die ihre beste Zeit hinter sich hat – war Rossini noch eine Legende.
    »Ich beuge mich der Mehrheit«, sagte ich scherzhaft, um die Spannung etwas zu nehmen. »Und was machen wir jetzt?«
    »Sitzen uns hier den Hintern breit, bis wir erkennen, wann der beste Moment ist, unserem Freund Pavle die Ehre zu erweisen.«
    »Sind drei Männer in einem Wagen nicht ein bisschen auffällig?«
    Rossini klopfte mit den Knöcheln ans Fenster. »Rauchglas. Von draußen ist nichts zu sehen.«
    Nach einer Weile fing es an zu regnen.
    »Ich hab noch nie so viel Wasser in einem Jahr gesehen«, murrte ich.
    Rossini und der Dicke warfen einander einen Blick zu und brachen in Gelächter aus.
    »Was hab ich denn Falsches gesagt?«
    »Lugano hat dich wirklich verdorben. Jetzt redest du schon übers Wetter wie die Rentner im Park. Das da ist Beniamino. Ich bin Max. Wir sind nicht deine Banknachbarn.«
    Sie hatten recht. Sie waren meine einzigen wirklichen Freunde. In Wahrheit war mir immer noch unwohl wegen der Ansprache, die der Dicke mir am Vortag gehalten hatte. Ich fühlte mich seltsam, als hätte ich mich in einem Gewirr vertrauter Straßen verlaufen.
    »Gestern habe ich in einer Chinesenkneipe gesessen und drei Stunden lang den Leuten beim Ein- und Aussteigen an

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