Bangkok Tattoo
Fähigkeiten seines Supergehirns die meinen einfach. »Ich verstehe nicht so ganz, wieso uns das nützen sollte.«
»Nein? Er gehört zur CIA – da werden sie uns von ganz oben die Hölle heiß machen und darauf bestehen, daß ihre eigenen Ärzte Chanya untersuchen. Wenn sie keine Hinweise auf Analverkehr finden, sitzen wir in der Scheiße. Dann verlieren wir unser bestes Mädchen und müssen vielleicht sogar eine Weile den Club schließen.«
»Und wieso wäre es besser, wenn Al-Qaida damit zu tun hätte?«
»Weil das genau das ist, was sie glauben wollen. In den Staaten machen sie Al-Qaida doch inzwischen für jeden Furz verantwortlich. Nenn das Zauberwort, und sie fressen dir aus der Hand.«
Wir schauen einander an. Nein, sinnlos. Es sieht einfach nicht aus wie eine terroristische Kastration. Und was sollen wir mit Chanya machen? Ich habe noch nie einen Blick auf ihre Intimzone geworfen, bezweifle aber, daß irgendein Mann es wagen würde, sie zu mißbrauchen. Unter uns: Sie ist zäh wie ein Vielfraß und genauso wild, wenn man sie in die Enge treibt. Vikorns Gesichtsausdruck sagt mir, daß er meine Zweifel teilt. Wie das, was sich in diesem Zimmer abgespielt hat, auch immer gelaufen sein mag: Mit ziemlicher Sicherheit entspricht es nicht ihrer Aussage, die sie noch nicht einmal gelesen hat. Nun starren wir beide das Gesicht des farang an.
»Ziemlich häßlich, was? Ich meine, sogar für einen farang. «
Mein Gedanke, aber anders als der Colonel habe ich nicht gewagt, ihn auszusprechen. Der Tote hat einen abnorm kurzen Hals, der fast so breit ist wie sein Kopf, kein Kinn und einen verkniffenen kleinen Mund – hat sie ihn am Ende aus ästhetischen Gründen ins Jenseits befördert? Vikorns Blick verharrt einen Moment auf der Rose in dem Plastikbehälter. Ich weiß, was er denkt.
»Paßt nicht ganz zu ihrer Aussage, oder?«
Vikorn legt den Kopf ein wenig schräg. »Nein, aber laß es so. In einer solchen Situation muß der Tatort unangetastet bleiben; die Geschichte soll für sich sprechen. Das wichtigste ist die Interpretation, die sich daraus ergibt.« Er seufzt.
»Leichen verwesen schnell in den Tropen«, sage ich.
»Aus hygienischen Gründen müssen sie so bald wie möglich eingeäschert werden.«
»Wir haben die Aussage der Tatverdächtigen aufgenommen und somit den Fall gelöst, bleibt nur noch, den Paß verschwinden zu lassen.«
»Gut«, sagt Vikorn. »Das überlasse ich dir.«
Wir erweisen dem Verblichenen beide die Ehre eines letzten Blicks. »Das Telefonkabel ist gespannt, der Apparat befindet sich auf der Bettkante. Ein Notruf in letzter Minute vielleicht?«
»Überprüf das in der Telefonzentrale des Hotels.«
»Und was soll ich damit machen?« frage ich mit einem Nicken in Richtung Messer.
Bisher haben wir uns nicht übermäßig intensiv mit der Mordwaffe beschäftigt, die mitten auf dem Bett liegt, genau dort, wo man sie erwarten würde, wenn Chanya den Mann so umgebracht hat, wie Vikorn behauptet. Ich begreife das als gutes Omen und klaren Beweis dafür, daß der Buddha unsere Bemühungen mit Wohlwollen betrachtet, doch Vikorn kratzt sich am Kopf.
»Nun, laß es, wo es ist. Sie war’s doch, oder? Also müssen auch ihre Fingerabdrücke drauf sein. Was sollten sie anderes auf dem Messer finden als sein Blut und ihre Abdrücke? Das beweist doch nur, daß ihre Aussage stimmt. Sollen sie das Ding als Beweismittel haben.« Wieder seufzt er. »Allerdings wird sie eine Weile untertauchen müssen.
Da es Notwehr war, können wir sie nicht festhalten. Sag ihr, sie soll was mit ihren Haaren machen.«
»Vielleicht zusätzlich eine Nasenkorrektur?«
»Übertreib mal nicht – für die Westler schauen wir doch sowieso alle gleich aus.« Kurzes Schweigen. »Gehen wir zurück in den Club. Und da erzählst du mir, was heute nacht wirklich passiert ist, damit ich Vorkehrungen treffen kann.«
3
Leser meines ersten Berichts (über eine Thai-Transsexuelle, Mann zu Frau, die einen schwarzen amerikanischen Marine mit Kobras unter Drogeneinfluß ermordet – Alltagsgeschäft in District 8 –), werden sich erinnern, daß das Konzept des Old Man’s Club, das verborgene ökonomische Potential von Viagra auszuschöpfen, dem Finanzgenie meiner Mutter zu verdanken ist. Der Einfall, der mich noch immer mit Bewunderung erfüllt, umfaßt auch das Bombardement eines jeden halbwegs vitalen Westlers über Fünfzig mit elektronischen Einladungen, sich in angenehmer, auf seine Generation abgestimmter Atmosphäre
Weitere Kostenlose Bücher