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Bangkok Tattoo

Bangkok Tattoo

Titel: Bangkok Tattoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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bleibt sie wie angewurzelt stehen. Die Stimme von Homer Simpson ruft: »Chanya, he Chanya, ich hab Karten für das Springfield-Isotopes-Match nächsten Samstag. Kommst du mit?« Sie dreht sich um, sieht sogar hinaus auf den Parkplatz, kann ihn aber nirgends entdecken. Vor Staunen bleibt ihr der Mund offenstehen. Das war kein amateurhafter Versuch, sondern eine professionelle Stimmenimitation und als solche unheimlich.
    Im Aufzug denkt sie:
    Chanya ist da ein merkwürdiger Fisch ins Netz gegangen. Zwanzig Minuten im Bett mit ihm, und sie wird alles wissen. Sein Gesicht ist gar nicht schlecht, aber er schämt sich dafür, möchte lieber ein hübscher amerikanischer Boy sein. Wie im Film. In Amerika wollen alle wie im Film sein. Vielleicht kriegt er keinen hoch?
     
    Was für eine Katastrophe das wäre, einen Mann zu heiraten, der sich im Bett als Niete entpuppt. Warum hat sie überhaupt beschlossen, ihn wiederzusehen? Finanziell geht es ihr sehr gut in der Sauna, und sie hätte die freie Auswahl unter den asiatischen Diplomaten, die sie immer wieder anrufen und so viel besser verstehen würden als dieser farang. Nun, das Karma entzieht sich in seiner Komplexität der Deutung.
    In ihrer Wohnung läßt sie die Bibel unausgepackt auf einen Tisch fallen und vergißt sie auf der Stelle.
     
    Wer also ist Mitch Turner? Chanya würde sich wundern, wenn sie wüßte, wie viele Menschen sich diese Frage schon gestellt haben. Nach ihrer ersten Verabredung merkt sie, daß er ihr überhaupt nichts über sich erzählt hat. Selbst die Geste mit der thaisprachigen Bibel mutet gekünstelt an.
    Er wartet drei Wochen, bis er sie wieder einlädt, diesmal ins Iron Hearth in der Nähe des Dupont Circle. Hier gibt’s keinen Chili, sondern hochpreisige Romantik mit Lammkoteletts in Papiertütchen, das Ganze an einem hübsch gedeckten Tisch beim knisternden Kamin. Ist ihm klar, daß er sich selbst eine Falle gestellt hat? In so einem Restaurant bleibt einem fast nichts anderes übrig, als Wein zu trinken. Er entscheidet sich für einen guten Roten aus dem Napa Valley, was Chanya recht ist, nippt aber nur ein paarmal daran. Nach der Hälfte des Essens ist nur noch ein Viertel in der Flasche, und Chanya, die fast den ganzen Wein getrunken hat, ohne ihn wirklich zu spüren, stellt ihr Glas ab und sieht Turner an. Zögernd nimmt er drei oder vier kleine Schlucke. Sie wendet den Blick nicht von ihm. Er trinkt noch einmal. Erst als er sein Glas geleert hat, läßt sie den Kellner den Rest der Flasche in das ihre füllen.
    »Verdammt, ist sie nicht das Schönste, was Sie je gesehen haben?« fragt Mitch Turner plötzlich mit rotem Gesicht den Kellner, der einen erstaunten Blick mit Chanya wechselt.
    Sie verzichten auf die Nachspeise, und während der gesamten Taxifahrt zu ihrer Wohnung muß sie sich gegen seine Annäherungsversuche wehren. Seine starken, gierigen Hände sind überall. Als sie ihm droht, kichert er nur.
    »Es kommt mir schon zu den Ohren raus, Marge«, flüstert er, wieder in dieser perfekten, wenn auch unheimlichen Homer-Simpson-Stimme.
    Sobald sie bei ihr zu Hause sind, nimmt sie sich der Sache im Nuttenstil an: zuerst eine gemeinsame Dusche, bei der sie sein Geschlecht ausführlich mit kaltem Wasser wäscht, ohne daß das seine eindrucksvolle Erektion schrumpfen ließe. Leise vor sich hin summend, seift er sie mit Duschgel ein und versucht, seinen Namen in den Schaum zu schreiben. Im Bett erwacht er dann auf eine Art und Weise zum Leben, die sie sich nicht hätte träumen lassen.
    Er ist erstaunlich. Nach fünfundzwanzig Minuten zeigt er noch immer keine Ermüdungserscheinungen, und nur ihr professioneller Stolz hindert sie daran, die Kontrolle vollends zu verlieren. Auf seine zärtliche, mit französischem Akzent gestellte Frage »Bist du gekommen, Schatz?« muß sie als aufrichtige Buddhistin atemlos gestehen: »Dreimal.«
    »Ich auch«, kichert er und macht weiter. Beim vierten Höhepunkt spielt sie mit dem Gedanken, doch einen Blick in die Bibel zu werfen. Könnte tatsächlich etwas dran sein?
    Auch als er endlich ausgepowert ist, sie mit ihm ein zweites Mal unter der Dusche war und sie nebeneinander liegen, wirkt das eine Glas Wein noch nach. Er beginnt zu plappern wie ein Wasserfall und erzählt ihr seine Lebensgeschichte: Er besuchte eine streng konfessionelle Schule in Arkansas, studierte in Yale und Japan.
    Offenbar wurde Mitch Turner von strengen Baptisten aufgezogen, und sein Vater war Senator. Er hat eine Schwester, die

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