Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
Vom Netzwerk:
dachte er fröhlich, es gibt eigentlich kein Problem auf dieser Welt, das ein Zürcher Privatbanker mit einigem scharfen Nachdenken nicht lösen kann.
Zweiundfünfzig
    »Ja sicher kann ich dich zurückrufen«, sagte Äbersold etwas erstaunt, legte auf und wählte die Handynummer von Kollega Roland. »Na, strube Zeiten bei euch drüben«, trompete er dann gut gelaunt in den Hörer, »jetzt müsst ihr dann bald mal das Tafelsilber verkaufen, habe ich gehört. Aber keine Panik, ihr seid doch wie die Swissair, eigentlich unkaputtbar«, lachte Äbersold.
    Aber dann riss er verblüfft die Augen auf: »Wie bitte? Handy nur noch in dringenden Fällen verwenden? Farbkopien nur in Notfällen? Pizzeria statt Petermann? Höchstens Holzklasse, und auch erst, nachdem alle Billigflieger abgecheckt wurden? Nein, sorry, dass ich das alles wiederhole, aber ich bin echt geschockt. Gibt’s auch nur noch ein Stück Zucker zum Kaffee? Na komm, ein bisschen Humor muss schon noch sein.«
    Aber umso länger Äbersold zuhörte, umso mehr verfinsterte sich seine Miene, da war anscheinend wirklich Feuer im Dach bei den Kollegen auf der anderen Seite des Paradeplatzes. Natürlich hatte auch Äbersolds Kreditunion noch jede Menge Hypothekarschrott, Alt-A, RLN und wie das auch immer hieß, in den Büchern. Aber wenigstens hatte sich nicht das amerikanische Justizministerium in ihren Hintern verbissen, die Privatkunden liefen nicht in Scharen davon, und Äbersold konnte sich nicht erinnern, dass ihm seine Mandanten reihenweise das Telefonat abbrachen, nachdem sie nur gequält gelacht hatten, wie ihm Roland gerade vorjammerte.
    »Hier herrscht eine Stimmung wie auf der Titanic«, lamentierte Roland weiter, »bloss sind wir alle völlig unmusikalisch und deswegen spielt nicht mal ein Orchester, und Rettungsboote gibt’s auch nicht.«
    »Na komm«, sagte Äbersold mitfühlend, »Krisen sind auch Chancen, für einen Mann mit deinen …«
    »Verschon mich bloß mit diesem Bankergequatsche«, unterbrach ihn Roland unangenehm laut, »da kann ich mir auch gleich unsere internen Durchhaltememos vorlesen, aber schön am Bildschirm, Strom haben wir immerhin noch, farbig ausdrucken darf ich es mir allerdings nicht.«
    »Na siehst du«, sagte Äbersold, »so gefällst du mir schon besser.« Das war sicher der passende Moment für Folgendes, entschied sich Äbersold: »Schau, bevor du fragst, du weißt, dass meine Türe für dich immer offen steht, aber im Moment haben wir eine Bewerberliste, die ist so lang, dass ihr die nicht mal schwarzweiß ausdrucken dürftet. Wenn ich alle Muskeln spielen lasse, kann ich dich vielleicht auf die Short List der ersten Hundert hebeln, aber allzu viel Hoffnungen kann ich dir nicht machen. Aber hör mal, du hast doch sicherlich über die Jahre einiges zurückgelegt, also für wirkliche Panik besteht bei dir doch kein Anlass.«
    »Zurückgelegt«, quoll es gequält aus dem Hörer, »schon, das war aber, bevor wir so freundlich wie nachdrücklich dazu aufgefordert wurden, als Linienvorgesetzte mit gutem Beispiel voranzugehen und so viele Neuausgaben wie möglich zu zeichnen, und immer, bevor der Kurs einen weiteren Schritt in den Keller runterging. Bloß unser CFO hat gesagt, pfeif drauf, das schafft natürlich auch ungeheuerlich Vertrauen. Versteuern darf ich den Schrott aber zum Optionspreis, das weißt du ja, wenn das so weitergeht, kann ich nach der nächsten Steuerrechnung meine Bücher deponieren, so schaut’s aus. Und ob ich nicht ebenfalls auf einer anderen Short List stehe, nämlich die der demnächst zu Entlassenden, bin ich auch gar nicht sicher.«
    »Schau«, sagte Äbersold, »ich bin mir sicher, dass ihr da ramponiert, aber aufrecht stehend draus herauskommt, jede Garantie, da kannst du mir vertrauen. Ich habe jetzt dann gleich einen Termin, also lass uns das in aller Ruhe bei einem Abendessen besprechen, ich lade ein, ist doch klar, melde mich bei dir.«
    Äbersold legte auf, drückte auf die Gegensprechanlage und sagte zu einem seiner zwei Assistenten, die sich die als sein Vorzimmer verkleidete Besenkammer teilten: »Kleiner Auftrag, kaufen Sie aus meinem Privatportefeuille Optionen der Bankkollegen schräg gegenüber, sagen wir mal für hundert, ach was, sagen wir für vierhundert. Ja, vierhunderttausend natürlich, und short, unbedingt short. Und wenn Sie einen guten Tipp wollen: Hauen Sie auch was von Ihrem Geld rein, aber halten Sie bloß die Schnauze, okay?«
Dreiundfünfzig
    Das Leben ist schön, dachte

Weitere Kostenlose Bücher