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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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Philharmonie hat’s gebrannt? Das sind ja keine Zustände, wie soll man da ordentlich Geschäfte machen? Alternativen? Staatsoper unter den Linden? Ist das was? Was kosten da die besten Plätze? Hundertsechzig Euro? Na, ob das wirklich was ist? Deutsche Oper gibt’s auch noch? Hundertachtzehn Euro? Spielen die da ›Geiz ist geil‹? Vielleicht sollten wir die beiden nach Zürich einfliegen lassen, damit sie mal sehen, was ein anständiger Sitzplatz kostet. Jenun, dann halt Staatsoper, schauen Sie mal, ob man da auch eine Loge mit Champagner, Häppchen und so kriegt, man will sich ja nicht schämen müssen. Aber das Schlosshotel ist okay, Fischers Fritz auch? Immerhin. Schauen Sie doch mal, ob wir einen der Sänger oder besser eine der Sängerinnen auch noch an den Tisch kriegen, aber nur, wenn es keine Walküre ist, die kann ja dann ein paar Gläser zersingen, he, he.«
    Je nachdem, wie sich der Abend entwickelt, können wir ja die Sängerin durch zwei oder drei langbeinige Wesen ersetzen, deren Fähigkeiten mehr oberhalb und unterhalb des Kehlkopfes liegen, dachte Kuster. Wo war schon wieder die Preisliste dieses Luxus-Escort-Service von Berlin? Acht Stunden Private Time zweitausendfünfzig Euro, las Kuster und pfiff leise durch die Lippen, das ist wenigstens eine weltstädtische Preislage. Und was kostet ein Weekend? Viertausend Euro, na, man gönnt sich ja sonst nichts.
Neunundvierzig
    »Gern geschehen«, flötete Äbersold ins Telefon, »für gute Kunden wie Sie geben wir das Beste, und schöne Grüße an die Frau Gattin, die den Abend hoffentlich auch genossen hat.«
    Unglaublich, dachte Äbersold, dieser Binswanger ist neunzig Tonnen schwer, kassiert dank meiner unermüdlichen Bemühungen mindestens fünf pro Jahr netto und bedankt sich noch extra für zwei Karten für den Zürcher Opernball. Dabei hatte Äbersold noch schwer überlegt, ob das ein gutes Kundengeschenk sei. Wer den Opernball erträgt, den sollte man auch mal zur Jahresversammlung der Investmentbanker einladen, dachte Äbersold, denn für dieses Kundengespräch würde er natürlich dreißig Minuten in seinen Terminplaner eintragen, das schaffte Raum für ein paar hübsche Reflexionen.
    Dann würde Binswanger nämlich verstehen können, dass die Investmentbanker auch Menschen wie du und ich sind, kicherte Äbersold. Natürlich sind das Psychopathen, seelische Krüppel ohne jegliche Skrupel und Gewissen, mit einem Ego, das in keinen Wolkenkratzer reinpasst, ständig auf Koks und allen möglichen Pillen, abends brauchten sie dann zuerst mindestens einen halben Liter Whisky und dann noch ein paar Schlafpillen, die einen Elefanten in die Horizontale befördern würden, um überhaupt runterzukommen. Besonders sympathisch machte sie auch ihre gewählte Sprache; viele von ihnen kamen mit einem Wortschatz problemlos durch den Tag, der eigentlich nur aus fuck, asshole, motherfucker, kill und fucker bestand, in besonders angespannten Situationen vielleicht noch ergänzt durch nuke them, shithole und shove it in the ass.
    Aber eigentlich, spann Äbersold seinen Gedanken weise weiter, können sie doch gar nichts dafür. Eigentlich sind sie doch Opfer von ansonsten harmlosen Menschen wie Binswanger, der regelmäßig glänzende Augen bekam, wenn Äbersold ihm von dem Potenzial eines Mergers vorschwärmte, ganz heißer Tipp, natürlich nicht ohne Risiko, aber andererseits, mögliche Verdoppelung des Einsatzes in sechs Monaten, das war ja auch nicht zu verachten.
    Und um da gelegentlich mal einen Treffer zu landen, mussten die armen Investmentbanker ihre Gesundheit und ihren Wortschatz strapazieren, um mit Hebelwirkungen und Instrumenten, die sie schon längst selbst nicht mehr verstanden, Binswangers Träume zu erfüllen.
    Okay, dachte Äbersold, der Profit des Investmentbankers hing vom Volumen ab, das er bewegte, aber was konnte er dafür, dass dank Onkel Greenspan einem das Geld fast umsonst nachgeworfen wurde. Vor allem, wenn man wusste: Mit fünfzig Tonnen Einsatz und Verdoppelung kassiert man bloß fünf Tonnen Kommission, aber mit fünfhundert Mio waren es dann schon nette fünfzig Tonnen, und das Beste: Ging die Sache in die Hose, kassierte der Investmentbanker bei fünfhundert Mio dennoch rund fünf Umsatzbeteiligung. Also letztlich für die gleiche Arbeit entweder ein Trinkgeld oder in jedem Fall fünf, oder aber lustige fünfzig, da würde doch auch Binswanger nicht lange nachdenken.
    Und erst noch das persönliche Risiko, nickte Äbersold, bei so

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