Bank, Zsuzsa
Letzte, was wir uns bei
ihr vorstellen konnten, mit einem Hund an den Feldern entlangzugehen, ihn
festzubinden vor den Geschäften und beim Metzger nach Knochen zu fragen, die
sie dann in Zeitungspapier gewickelt mitnehmen würde. Trotzdem lief Karl die
Tierheime ab, bis Ellen es ihm ausredete und einen Züchter fand, dem sie viel
Geld bezahlte, für einen Hund mit kurzem weißem Fell und schwarzen Flecken,
der trotz seiner langen, schmalen Beine nicht zu Évi passte, genauso wenig wie
die Kristallgläser zu ihr gepasst hatten, die Ellen vor langer Zeit für sie
ausgesucht hatte.
Karl hatte uns alle zu Évi
bestellt, auch seine Eltern und meine Mutter, und wir warteten schon am Zaun,
als er von der Brücke über den Klatschmohn den Feldweg hinabgelaufen kam. Der
Hund sprang neben ihm hoch, Karl warf einen Stock in die Felder, der Hund jagte
ihm nach und legte ihn vor Karls Füße. Wir gingen ein Stück, um sie besser
sehen zu können, und es dauerte eine Weile, bis Karl vor Évi stehen blieb, ihr
die Leine aus rotem Leder reichte und sagte, bitte schön, Évi, dein Hund, wie
willst du ihn nennen. Évi schlug die Hände vor ihrem Gesicht zusammen, und dann
lachte sie, ein bisschen zu spät, ein bisschen zu leise, wie es schon immer
ihre Art gewesen war, und Karl schnalzte mit der Zunge und ließ den Hund vor
den Stufen sitzen, neben einem Knochen, den er aus einer Tüte gefischt und auf
den Boden geworfen hatte. Obwohl Karl ihn gebracht hatte, schmiegte sich der
Hund sofort an Évis Beine, und später, als es dunkel wurde, legte er sich in
den Korb, den Évi draußen unter das Fliegengitter gestellt hatte. Karl hatte
uns nicht wegen des Hundes kommen lassen, sondern wir hatten hören sollen, er
würde Évis Wunsch erfüllen, wenn es sonst keiner von uns tun wollte, Karl würde
ihn erfüllen. Bevor er am Abend ging, wartete er auf den Augenblick, in dem
er wusste, dass alle ihn hören würden, fasste Évis Hände und sagte, es wird so
sein, wie du es willst, und obwohl Évi nur nickte und nichts erwiderte, wussten
wir, er redete vom Grabstein und seiner Inschrift, über die wir kein Wort mehr
verloren hatten, seit Karl sie auf einen der Bestellzettel für Kuchen geschrieben
hatte und wir hinter dem springenden Licht der Taschenlampe durch die Nacht
gelaufen waren.
Aja und ich brachen spät auf, Aja
in ihrem alten schwarzen Mantel, den sie beim Aufräumen entdeckt und sofort angezogen
hatte, obwohl er an den Ellenbogen die Farbe und an der Leiste zwei Knöpfe
verloren hatte. Sie hatte ihre Tasche neben dem kleinen Altar liegen lassen,
die sie immer für zwei, drei Tage packte, wenn sie in Kirchblüt blieb und bei Évi
oder im Gästezimmer meiner Mutter schlief. An der Brücke über den Klatschmohn
kehrten wir um, als ein halber Mond dunkelgelb über Évis Haus stand und der
Garten plötzlich fern aussah, wie von einem Tuch verhüllt, wie ein Gemälde, das
man zur Nacht abgedeckt hatte. Aja öffnete das schiefhängende Tor, der Hund sprang
auf, ohne zu bellen, schleckte über Ajas Hand, ließ uns durchs hohe Gras
schleichen und ins Küchenfenster schauen. Évi und Zigi standen im Türrahmen, in
dem Karls Vater seinen Kopf einziehen musste, damit er sich nicht stieß. Zigi
trug kein Hemd, Évi hatte eine Hand in seinen Nacken gelegt und tippte mit dem
Zeigefinger auf die schwarze Libelle, die mit den Jahren blasser geworden war.
Sie sah aus, als wolle sie sagen, sprich mit deiner Tochter, bevor sie es
selbst herausfindet, als habe sie vergessen, dass es zu spät dafür war, alles
war längst geschehen, Aja hatte Libelle längst über die Küchenwand tanzen
sehen, sie hatte sich längst schon aufgemacht und vor Libelles Tür gewartet,
auf der anderen Seite der Straße, bis Libelle das Haus verlassen und der
Verkehr einen Augenblick stillgestanden und eine Schneise für sie geöffnet
hatte.
Wir klopften nicht ans Fenster,
wir lösten das Fliegengitter nicht, um ins Haus zu gehen und Ajas Tasche zu
suchen. Wir schauten uns an und legten die Finger auf die Lippen, schoben leise
das schiefhängende Tor zu und liefen schnell weiter. Als wir uns umdrehten,
hatte sich eine Wolke vor den Mond geschoben, das Haus lag im Dunkeln, das
Licht in der Küche war gelöscht. Aja sagte, lass uns noch warten, und dann
standen wir, ohne dass uns kalt geworden wäre, und schauten auf Ajas altes
Zuhause, wo sie an Évis Seite aufgewachsen war, auf unsere Linden, die sich
silberschwarz zum Himmel streckten und in die jetzt ein Wind fuhr, von
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