Bank, Zsuzsa
Tränen wegtupfte und den Regenschauer nicht beachtete, der Aja und mich
zurück ins Haus jagte und der die Schultern von Évis Mantel getränkt hatte,
wenn sie das Fliegengitter löste und sich schüttelte. Am Abend heulte der Wind
vor den Fenstern, und Évi erzählte uns, was sie gehört hatte, sie ließ diesen
Namen fallen, mit dem man in ihrer Nähe schnell in Berührung kam, Pontius
Pilatus, der gesagt habe, man solle nicht Jesus von Nazareth, König der Juden,
auf das Kreuz schreiben, sondern, es ist nur der, der gesagt hat, er sei Jesus
von Nazareth, König der Juden. Später hörte sie mit einem Satz auf, über dem
sie still wurde und jedes Jahr aufs Neue ins Grübeln geriet, als habe sie ihn
zum ersten Mal vernommen, der über dem Küchentisch aufstieg und über unseren
Köpfen zu kreisen begann, sobald Évi ihn gesagt hatte, und der lange
nachhallte, weil sie ihn so ausgesprochen hatte, dass er nicht zu übergehen und
nicht wegzudenken war. Was ich geschrieben habe, habe ich geschrieben, mit
diesem letzten Satz schickte uns Évi ins Bett, wo es uns nicht gelingen wollte,
wie sonst zu kichern und unsere Lieder zu singen, weil diese Worte weiter
durchs Zimmer schwebten und an die dünnen Wände stießen, als suchten sie einen
Weg hinaus und fänden ihn nicht, und weil sie den Schlaf von uns fernhielten,
auf den wir am Abend des Großen Freitags warteten wie sonst nie.
Zur Osternacht trug Aja ein neues
Kleid, das ihr bis zu den Knöcheln reichte. Évi hatte es aus hellbraunem Samt
genäht, den sie in einer Auslage entdeckt und der nicht viel gekostet hatte,
ohne Schnittbogen und ohne Maß zu nehmen, nur mit einem Stück weißer Kreide,
mit dem sie in schnellen Bewegungen auf die Innenseite des Stoffs und das Futter
Striche gezogen hatte, weil sie kein Metermaß brauchte und es ihr reichte, auf
Aja zu schauen, wenn sie von einer losen Platte zur nächsten zum Tor sprang, um
zu wissen, wie weit und wie lang es zu sein hatte. Évi legte ein Kopftuch übers
Haar und band es unter dem Kinn zusammen, zog uns den Scheitel nach, mit dem
Kamm aus Horn, der neben dem Fliegengitter an einer Schnur hing, nahm uns an
den Händen, und während über uns der Wind Wolken jagte, liefen wir zur Kirche,
mit gleich schnellen Schritten, als hätten wir es plötzlich eilig, als könnten
auch Aja und ich das lange Warten bis zur Lichtfeier nicht mehr aushalten.
Auf dem großen Platz standen wir
um ein Feuer, aus dem der Wind Funken trieb und das uns kaum wärmte, bevor wir
in die Kirche traten, in eine Dunkelheit, die später von vielen Lichtern
durchbrochen werden würde. Aja und ich kämpften gegen den Schlaf, zupften an
unseren Jacken, die wir an die Haken vor uns gehängt hatten, und schauten auf Évi,
ich konnte sehen, wie sich ihre Züge lösten und ihr Blick sich änderte, selbst
wenn sie den Kopf gesenkt hielt, konnte ich es sehen, jetzt, da sie ihre Hände
zusammenlegte, das Kinn zur Brust neigte und die Lippen ohne einen Laut
bewegte. In den Wochen vor Ostern war sie schweigsam gewesen, sie schien
verschwunden, selbst wenn sie da gewesen war, und wenn wir sie etwas gefragt
hatten, hatte es gedauert, bis sie eine Antwort hatte geben können, die knapper
ausgefallen war als sonst, als habe Évi es sich auferlegt, in der Zeit vor
Ostern wenig zu reden. Jetzt wartete sie zwischen Aja und mir auf sieben
Wörter: In dieser Nacht zu vertreiben das Dunkel, um auf dem Weg zurück wie
erlöst durch Kirchblüt zu gehen, vorbei an den Lichtern vor Fenstern und Türen,
die uns den Weg hinaus zu den Feldern leuchteten. Nachdem Évi in den jüngsten
Wochen so leise wie möglich durchs Haus und über die schmalen Pfade ringsum
gelaufen war, sang sie jetzt und schlug mit den Absätzen aufs Pflaster, das
noch nass vom letzten Schauer war. Aja und ich hatten uns die Finger am heißen
Wachs der Kerzen verbrannt, aber es machte uns nichts, da Évi wieder redete und
summte und sich bewegte wie sonst, da wir sie wiederhatten und wenige Schritte
hinter ihr durch die stillen Straßen sprangen.
In der Osternacht ging Évi nicht
schlafen. Sie war nicht müde in diesen Stunden, in denen die Zeit gegen sie
lief, weil sie viel zu tun hatte bis zum Morgen, wenn wir aufwachen und mit
einer Decke über den Schultern in den Garten eilen würden. Sie ließ ein Feuer
brennen, in einer großen Schale aus Eisen, über der sie im Sommer auf einem
Rost Kartoffeln briet, den sie jetzt aber abgenommen hatte, um Holzscheite zu
stapeln. Wir sahen das Feuer vor
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