Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
Vom Netzwerk:
Bilder seiner Träume, wo er ans Fenster stieß,
sich im Vorhang verfing und den Weg zur Tür nicht fand, die Karl jedes Mal für
ihn öffnete, kurz bevor er aufwachte, die Decke zurückschlug und die Treppen
hinabstieg, um vor dem Gartentor in den Himmel zu schauen und nach einem
schwarzen Punkt zu suchen. Es war dieselbe Zeit, in der Karls Mutter die Hecke
schneiden ließ und jeder, der vorbeikam, in ihr Haus sehen konnte, weil auch
die Vorhänge vor den großen Fenstern fehlten, hindurchsehen konnte bis zur anderen
Seite des Zimmers, in den Garten dahinter, bis zum Schilf, das im Winter gelb
um einen Teich stand, während über dem Sandsteinhaus, dem Haus mit den
geschlossenen Läden, die Rosen über dem Dach zusammenwuchsen.
Ein Jahr
     
    Seit meine Mutter Évis Osterkuchen
gesehen hatte, wurde sie nicht müde, an ihn zu denken, wie an ein Bild oder
Gesicht, das einen nicht mehr losließ, und sie fing an, jedem davon zu
erzählen, bis im Sommer, als das Obst auf den Wiesen reifte und der Weizen hoch
stand, Bestellungen in Évis Haus flatterten. Früher hätte Évi die Schrift auf
den Zetteln nicht entziffern können, aber jetzt tat sie es mit Freude, und sie
las sie laut, weil sie alles laut las, auch die Bestellungen, die immer gleich
anfingen, immer mit: Verehrte Frau Kalocs, Liebe Frau Kalocs, Liebe, verehrte
Frau Kalocs. Évi heftete sie an die Wand, über den kleinen Tisch mit den
Briefen, postkartengroße Zettel, die meine Mutter abends in ihrem roten Sessel
entworfen hatte und die Évi daran erinnerten, was sie in den nächsten Tagen zu
kaufen hatte, mit fünf gleich langen Linien, auf denen der Tag stand, an dem
der Kuchen bestellt worden war, der Tag, an dem er gebracht werden sollte, der
Name, die Straße und die gewünschte Sorte. Angefangen hatte Évi damit nur, weil
sie glaubte, meiner Mutter nichts abschlagen zu dürfen, aber sie hatte sich
geweigert, Geld dafür zu nehmen, dass sie Eier und Butter in Mehl rührte und in
den Ofen schob, wie sie sagte. In den ersten Wochen hatte meine Mutter Aja das
Geld gegeben, in kleinen Scheinen und Münzen, damit sie es über Tage verteilt
in Évis Geldbörse verschwinden lassen konnte, ohne dass Évi es merken würde,
für die kleinen Einkäufe, zu denen sie uns Kinder mitnahm, damit wir ihre
Taschen nach Hause trugen, gefüllt mit Bitterschokolade und Gelatine, mit
eingelegten Kirschen in grünen Gläsern, die beim Laufen aneinanderschlugen,
und der einen Sorte dunklen Kakaos, die nur der Kaffeeladen führte und die man
für Évi in kleine braune Papiertüten füllte.
    Évi ließ diesen Duft durch ihr
Haus ziehen, das sich in diesem Sommer in eine Backstube verwandelt hatte,
schickte ihn durch die geöffneten Fenster in den Garten, über den Zaun und die
Linden, an den Feldrainen zur Brücke über den Klatschmohn, wo ich ihn schon
riechen konnte, jedes Mal, wenn ich auf dem Weg zu Aja war. An den Nachmittagen
drang blaues Licht in ihre Küche, und ich fing an zu glauben, es sei wegen des
Kuchens, den sie gerade buk, als ändere der Kuchen auf den Blechen die Farbe
der Wände, als sei das Licht nicht schon immer an Sommernachmittagen blau in Évis
Haus gedrungen. Évi hatte schnell Gefallen daran gefunden, wie sie an vielem
schnell Gefallen fand, weil es ihr leichter fiel, etwas anzunehmen, als abzulehnen,
vielleicht sah es deshalb immer leicht aus, wenn sie die Schürze umband, die
Bleche aus dem Ofen zog und zum Auskühlen auf den Boden stellte, über den wir
dann eine Weile nicht springen durften. Am liebsten waren Évi Bestellungen,
auf denen unter Kuchensorte: frei stand, und sie backen konnte, zu was sie Lust
hatte und was ihr gerade einfiel, wenn sie unter ihren Birnbäumen, an den
Büschen vorbei durch den Garten lief und nachsah, was er in diesen Tagen
hergab, an Obst, das sie zuckern, mit Schnaps und Honig bepinseln und in eine
Springform legen könnte. Wenn ihr warm wurde von der Hitze des Ofens, vom
vielen Kneten und Teigrollen, zog sie Kleid und Strümpfe aus und ein langes Hemd
über, das Zigi im Herbst vergessen hatte und das zu kurz war, um die Adern in
ihren Kniekehlen zu verdecken, die bei jedem Schritt dunkler zu werden schienen,
den Évi auf nackten Füßen ging, vom Tisch zum Herd und vom Kühlschrank zur
Spüle, als wolle sie ihre Küche mit Schritten ausmessen, als müsse sie auch
beim Backen mit ihren leichten, schnellen Schritten eine Strecke zurücklegen,
und wenn es nur rund um den schiefen Küchentisch war. Aja störte sich nie

Weitere Kostenlose Bücher