Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
Vom Netzwerk:
an
den vielen Tabletts und Blechen, die mit weißer Kreide beschriftet fremde Namen
in ihrem Haus verteilten, über die sie am Morgen stieg, wenn sie ihr Zimmer
verließ, um zwischen Türmen aus Butterplätzchen und rosafarbenem Biskuit,
zwischen Zserbokuchen und Dobostorta, die Évi nach Kirchblüt gebracht hatte, ihren
Tee zu trinken. Évi stand sogar nachts in der Küche, und wenn sich das erste
Licht über die Felder goss und Aja aufwachte davon, holte sie den letzten
Kuchen aus dem Backofen, und wenn er am Vormittag geliefert werden sollte,
stellte sie ihn unter ein Netz auf die oberste Stufe vors Fliegengitter, damit
meine Mutter ihn wegbringen konnte, wenn Évi schon auf dem Weg zum Fotoladen
war.
    In Évi hatte meine Mutter jemanden
gefunden, auf den sie achtgeben wollte. Vielleicht hatte sie angefangen, Évis
Glück mit dem eigenen zu vermischen und zu denken, wenn Évi etwas gelungen war,
war es ihr selbst gelungen. Von Évis Erfolg jedenfalls glaubte sie, gehöre ein
wenig auch ihr, und wollte sie etwas davon spüren, brauchte sie nur ins Auto zu
steigen, auf der breiten Straße unter den Kastanien aus Kirchblüt
hinauszufahren und in den Feldweg einzubiegen, wo er sich zu schlängeln begann
und tiefe Pfützen den Himmel spiegelten, wenn es lange genug geregnet hatte.
Sie fuhr zu Évi, auch wenn sie keine Zeit hatte und sich davonstehlen musste,
wie sie sagte, von ihrem Schreibtisch, an dem sie viele Male durchspielte,
über welche Strecken ein Lastwagen fahren und zu welcher Zeit ein Schiff die
Fracht übernehmen sollte, um nach Süden, nach Norden und aufs offene Meer zu
kommen, wann es in einem Hafen sein musste, den sie als kleinen schwarzen Kreis
auf ihrer Landkarte sehen konnte, zu der sie sich nur umzudrehen brauchte, um
mit den Fingern über die Linien zu gleiten und eine Nadel mit hellrotem
Köpfchen dorthin zu stecken, wo die Fracht ankommen sollte. Wenn wir in
unseren Linden saßen, stoppte sie den Wagen vor Évis Zaun und ließ den Motor
laufen, die Tür geöffnet, winkte zu uns hoch und drückte Évi mit zwei Sätzen am
schiefhängenden Tor drei, vier neue Zettel in die Hand, mit denen sie schon
gewedelt hatte und auf denen manchmal neben der Kuchensorte stand, welche Farbe
der Zuckerguss für den Namenszug haben sollte. Sie tat geschäftig und eilig,
als könne es nicht bis zum Abend, nicht bis zum nächsten Tag warten, anders als
Évi, die langsam über die losen Platten und wenigen Stufen ins Haus zurückging,
die Bestellungen langsam vor dem offenen Küchenfenster las, laut genug, dass
wir es in unseren Linden hören konnten, langsam aus beiden Händen groben Zucker
auf einen Hefezopf und die eine Prise Salz in den Eischaum streute, als habe
sie nie etwas anderes getan. Die Küchenwaage, die meine Mutter gebracht
hatte, ließ Évi unbenutzt, sie brauchte zum Backen keine Waage, so wie sie auch
kein Metermaß zum Nähen brauchte, weil sie alles mit den Augen abmaß, den
Kakao, das Mehl, die Butter, sie stellte auch keine Uhr, es reichte ihr, die
Backofentür zu öffnen und nachzusehen, wie sich der Kuchen gefärbt hatte, wie
er aufgegangen war, um zu wissen, sie konnte ihn zum Abkühlen schon herausnehmen.
Wenn sie in der Küche keinen Platz mehr fand, stellte Évi die Tabletts und
Teller mit Kuchen auf den Gartentisch, den sie vors geöffnete Fenster geschoben
hatte. Manchmal vergaß sie die Bleche und lief über die Brücke ins Städtchen,
um Backpapier oder Zuckerperlen in einer anderen Farbe zu holen, und wenn ein
Schauer kam und den Kuchen aufweichte, schien es ihr nie etwas auszumachen,
sie fing einfach an, den gleichen Kuchen noch einmal zu backen.
    Damit Évi keine Nägel mehr in die
Wand schlagen musste, brachte meine Mutter eine Leiste aus dunklem Holz, an der
man die Zettel auf spitze Haken spießen konnte, die sie in einem Geschäft
gefunden hatte, das an Gaststätten und Großküchen verkaufte, an einer der
breiten Straßen, die von Kirchblüt weg zum Neckar führten. Als sie damit vor
der Glastür, vor den bunten Streifen aus Kunststoff stand, die im Sommer die
Mücken fernhielten, schüttelte Évi den Kopf und hob die Hände, aber als meine
Mutter sagte, sie habe so gut wie nichts dafür bezahlt, war Évi bereit, die
Leiste anzubringen. Sie ließ die Wasserwaage liegen, die Zigi einmal besorgt
und nie benutzt hatte, und wir Kinder schauten durchs Küchenfenster, hielten
die Hände als Trichter an den Mund und riefen: Nach oben, mehr nach unten,
weiter nach links, nein, nach

Weitere Kostenlose Bücher