Bank, Zsuzsa
Papiere hinter den Kaffeetassen in dem
Schränkchen über der Kochplatte. Sie sagte, allein der Gedanke beruhige sie, nie
mehr nachts in einem Wald, nie mehr morgens unter einer Brücke nach ihnen
tasten zu müssen. Wenn sie vor den Fenstern ihren Flieder zurückschnitt, wenn
sie unter den Bäumen Blätter zusammenfegte, fielen ihr die Papiere manchmal
ein, und sie legte die Schere, den Rechen beiseite, nahm die Stufen zum Fliegengitter,
streifte im schmalen Flur die Mäntel, schob die Tür des Schränkchens auf und
tastete hinter Kaffeetassen nach ihnen, als könnten sie sich aufgelöst haben
und verschwunden sein. Évi trug die Papiere nie bei sich, aus Angst, sie zu
verlieren, so wie sie auch ihre Geldbörse nie bei sich trug, sondern das Geld,
das sie brauchte, herausnahm und lose in ihre Tasche warf. Wenn jemand am
schiefhängenden Tor stand und Évis Papiere sehen wollte, weil Zigi versäumt
hatte, rechtzeitig zu tun, was er tun musste, damit sie hier wohnen konnten,
ging Évi, holte sie aus dem Schränkchen und zeigte sie, ohne sie aus der Hand
zu geben, als habe sie Angst davor, man könne sie ihr wegnehmen.
Évi hatte sich aus ihren
Zirkustagen, wie wir sie nannten, eine Vorliebe für alles Gelbe bewahrt und sah
zu, dass immer etwas Gelbes sie umgab, und wenn es nur ein Tuch an ihrem Hals
oder eine Blüte vor ihrem kleinen Altar neben dem Eingang war, eine winzige
Erinnerung, die Évi wegziehen und mitnehmen konnte zu einem gelben Wagen, an
einen Tisch, an dem sie Jahre zuvor schwarze Perlen an Zigis Kostüme genäht
hatte. An Zigis rechtem Fuß blieb eine blasse Stelle, durch die kein Blut mehr
floss und die ihn nicht mehr schmerzte, an der er aber spüren konnte, wann es
frieren würde. Sie war gekommen und geblieben, seit jener Winternacht, in der
Schnee auf ihren Decken gelegen und Évi ein Fuchs aufgescheucht hatte, kurz
bevor Évi darauf gedrängt hatte, zum Schlafen in eine Kirche zu gehen. Die
Stiefel, die Zigi am Morgen unter zwei hölzernen Engeln neben seinen Füßen
gefunden hatte, hatte er so lange getragen, bis sie auseinandergefallen waren,
und seitdem hatte er jedes Jahr ein Paar Schuhe verschenkt, als habe er es sich
damals unter den weit ausgebreiteten Flügeln so auferlegt.
In jedem Herbst, wenn Zigi in
Kirchblüt war, ging er am ersten Tag, der klamme Kälte gebracht hatte, auf die
Straßen, und kam nach Stunden zurück ohne Schuhe, die er einem Fremden
gelassen hatte, den er irgendwo hinter Kartons und Tüten entdeckt hatte. Zigi
suchte diese heimlichen Plätze, und er fand sie, wie andere den Weg zu einem
Haus finden, vielleicht weil er die Zeit nie vergaß, als er mit Aja auf dem
Rücken selbst an Feldrainen entlang und durchs Dickicht der Wälder gelaufen
war, immer wenige Schritte vor Évi, um einen Weg zu finden, einen Pfad auszumachen,
in seinen abgetragenen Schuhen, deren Nähte sich gelöst und die zwei
Gummibänder zusammengehalten, die seine Füße nicht mehr gewärmt und geschützt
hatten vor Eis und Schnee und Regen. So wie Évi einen kleinen Altar neben der
Tür aufstellte, mit bunten Bildern von Heiligen und Blütenblättern aus dem
Garten, zog Zigi in jedem Herbst, den er bei Évi verbrachte, an einem der
Nachmittage los, nachdem er genügend Bretter ans Haus geschlagen und die
Rahmen der Fenster gestrichen hatte. Wenn wir in unseren Linden saßen, ging er
am Bachlauf hinab, mit seinen schnellen, leichten Schritten, die Arme so an
den Seiten, als wolle er zu einem Sprung abheben, bis zur Brücke über den
Klatschmohn und weiter, und wir wussten dann, Zigi machte sich auf, um jemanden
zu finden, der Schuhe brauchte und dem er seine würde schenken können.
Väter
Was blieb, war Ajas Gabe, den
Schnee zu spüren. Wenn sie sagte, heute Nacht wird Schnee fallen, morgen früh
wird er auf euren Fensterbänken liegen, dann fiel er auch, und meine Mutter
holte am Abend schon den großen Besen und die Schaufel aus der Einfahrt, Évi
stopfte Decken und Handtücher in die Fensterrahmen, damit es in den kleinen
Zimmern nicht nass würde, stellte die dunklen Stiefel mit der dicken Sohle aus
Gummi an die Tür, damit sie in der Nacht nicht nach ihnen suchen müsste, wenn
der Schnee stärker fallen und sie mit einer Taschenlampe ums Haus gehen würde,
um nachzusehen, ob das Dach, ob Fenster und Türen den Schneeflocken auch
standhielten. Évi war aus ihrem Wanderjahr die Angst geblieben, Ajas Füße
könnten nass werden, und unter jedem regengrauen Himmel, vor jedem
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