Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
Vom Netzwerk:
der letzten Wochen von den
Bäumen gerissen hatten und der später vom Schnee versteckt worden war. Évi kam,
weil sie nichts gegen diesen Winter tun konnte, in dem ihr Ofen nicht wärmte
und Aja die Kälte nicht länger aushielt. Vielleicht kam sie auch, weil meine
Mutter die Wagentür mit einem lauten Schlag zugeworfen hatte und schneller als
sonst losgefahren war, das letzte Mal, als sie mich abgeholt und in scharfem
Ton gesagt hatte, ich würde Aja in den nächsten Wochen sicher nicht besuchen.
    Ich war wach geworden und stand im
Türrahmen, als sie Aja Schuhe und Mantel auszogen und ins Wohnzimmer legten, wo
sie nicht einschlief, sondern auf alles wie zum ersten Mal schaute, auf unsere
Möbel, unser Geschirr hinter Glas, auf die Bücher, die hoch bis zur Decke in
den Regalen standen, und den Ofen, in dem es auch nachts brannte und der von
November bis April diesen Geruch von Öl durchs Haus schickte. Meine Mutter
holte Decken und Kissen, gab Zitrone in heißes Wasser und ließ Aja genug davon
trinken, klappte zwischen unseren roten Sesseln eine Liege für Évi auf und
sagte, sie solle sich hinlegen und schlafen, bis zum Morgen würde sie auf Aja
aufpassen, und dann kniete sie auf dem Boden, wickelte nasse Tücher mit einem
Schuss Essig um Ajas Waden und legte danach ihre Hände auf die Decke,
vielleicht aus Angst, sie könne verrutschen. Als der Arzt am Morgen kam,
schlief Évi noch, als habe sie nach Wochen zum ersten Mal schlafen können und
könne jetzt nicht mehr aufwachen. Meine Mutter hatte ihn schon angerufen, als
es noch dunkel gewesen war, und jetzt, als sie ihm die nasse Jacke in unserer
Diele abnahm, verbot sie ihm, mit Évi zu schimpfen, und sagte, er solle gar
nicht erst auf die Idee kommen, Aja ins Krankenhaus zu schicken.
    Aja wurde in unserem Wohnzimmer,
auf unserem roten Sofa gesund. Ihr Fieber ging zurück, die Schatten um ihre
Augen wurden heller, und ihr Blick wurde wieder so, wie Karl und ich ihn
kannten. Ich streute Vogelfutter auf die Fensterbänke, damit Meisen und Finken
kamen und Aja ihnen zuschauen konnte, wenn sie Körner pickten. Évi hatte
begonnen, in unserer Küche zu kochen, und wenn meine Mutter am Abend den Wagen
abstellte und die Tür aufstieß, war der Tisch schon gedeckt. Aja hatte wieder
angefangen zu essen, und der Arzt kam nicht mehr jeden Tag, um nach ihr zu
sehen. Er hörte sie ein letztes Mal ab, klopfte mit den Fingern auf ihren
Rücken und ließ sie husten, während meine Mutter sich an der Lehne ihres
Sessels festhielt, und als er den Kopf schüttelte, weil er kein Pfeifen, kein
Rasseln mehr hören konnte, war sie neben Évi plötzlich blass geworden. Évi
faltete ihre Decke, ihr Nachthemd zusammen und legte beides auf ihren Korb mit
den Gläsern, die sie fürs Kochen gebraucht hatte. Bevor sie mit Aja an der Hand
die Straße zum großen Platz hinablief, drehte sie sich um und schaute zu meiner
Mutter, die im Hof stehen geblieben war, und als sei es ihr erst jetzt
eingefallen, schob sie das Tor noch einmal auf, ging mit ihren schnellen, leichten
Schritten zurück und umarmte meine Mutter, als sei ihr der Abstand plötzlich gleich,
den meine Mutter noch immer zu halten wusste. Während Aja am Tor stand und ich
am Fenster, vor dem die Meisen am Morgen noch Futter gepickt hatten, umarmte
sie meine Mutter, ohne ein Wort zu sagen, und meine Mutter schien nichts
dagegen zu haben, so viel konnte ich vom Fenster aus sehen.
    Am nächsten Tag besorgte meine
Mutter in dem kleinen Elektroladen hinter dem großen Platz einen Heizlüfter,
den sie ohne Erklärung in Ajas Zimmer stellte, und weil Évi nicht wagte, etwas
dagegen zu sagen, blies er fortan an den Nachmittagen warme Luft zwischen die
Wände und brachte die schmalen Papierfiguren zum Tanzen, die an Fäden von der
Decke hingen. Als Évi zum Fotoladen ging, schickte meine Mutter jemanden, der
die Fugen rund um die Türen und Fenster abdichtete, so gut er konnte, und der
verschwunden war, bevor Évi am Nachmittag zurückkam. Dann zog sie ihren
dunklen Mantel mit dem spitzen Kragen und den hellen Knöpfen an, die passenden
Ohrringe und Handschuhe, und ging mit mir an der Hand von Tür zu Tür durch
Kirchblüt, mit einer Wut, die ich von ihr nicht kannte, und einem Beben in der
Stimme, das nur ich hören konnte, weil sie es sofort zurückhielt, sobald jemand
öffnete, um dann freundlich zu sprechen, nicht zu laut, nicht zu schnell, und
die Leute dazu zu bringen, wieder Évis Kuchen zu bestellen. Bis April waren wir
jedes

Weitere Kostenlose Bücher