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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Luft. Vor der Tür bewegte sich ein Wachposten, und das nackte Weib, das sich neben dem Großmeister in eine Decke gerollt hatte, hörte ebenfalls nicht, was vor sich ging.
    Aus der über dem Pärchen hängenden Masse wuchsen zwei Stränge hervor. Obwohl sie aus zahllosen ineinander verhakten Insekten bestanden, waren sie fest und unnachgiebig wie Tentakel. Einen kurzen Moment lang peitschten sie unkontrolliert durch die Luft, dann fuhr der erste Fortsatz auf die Kehle des Großmeisters hinab, während der andere vier dünnere Stränge ausbildete, die sich um Ruppels Hand- und Fußgelenke schlangen. Mit einem harten Ruck wurde der Schlafende auf den Rücken gewälzt und mit dicht an den Körper gepressten Armen und Beinen in die Kissen gepresst.
    Ruppels Schnarchen brach ab, was der neben ihm schlafenden Magd ein wohliges Seufzen entlockte. Als der Großmeister vor Schmerz erwachte, schnitt die lebende Schlinge bereits so tief in seinen Hals, dass er nicht einmal mehr husten konnte. Er wusste nicht, wie ihm geschah, versuchte aber instinktiv, sich gegen den unsichtbaren Angriff zu wehren. Er bäumte den Oberkörper auf, doch unter seinen Rücken gleitende Massen verhinderten, dass er sich zurückwerfen konnte.
    Wie ein Sturzbach brach die Insektentraube auf ihn herab.
    In Ruppel stieg unsagbarer Ekel auf, als die formlose Woge über ihn spülte und ihn von allen Seiten lückenlos umschloss. Myriaden nadelfeiner Klauen tänzelten über seine nackte Haut und krallten sich in ihr fest. Wie gern hätte er aufgeschrien oder um sich geschlagen, doch die Umklammerung des Feindes war stärker. Verzweifelt versuchte er seinen Geist zu sammeln, um sich auf magischer Ebene zu wehren, doch mit brennenden Lungen, die nach dem nächsten Atemzug gierten, war es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen.
    Kurz vor dem Ersticken verlor Ruppel das Bewusstsein.
    Sofort lockerte das Geschmeiß die würgende Fessel, denn er wurde lebend benötigt. Eingehüllt in einen schwarzen Kokon, hoben sie den Großmeister an und schwebten mit ihm zum Fenster hinaus.
    Zurück blieb nur die schlummernde Magd, die von allem nichts mitbekommen hatte. Und ein kleiner Insektenschwarm, der auf Ruppels Lager niederging, genau dort, wo sich sein Körper eben noch in das mit Daunen gefüllte Unterbett gedrückt hatte. In Windeseile bildeten sie einen menschlichen Körper nach, dessen Umrisse denen des Großmeisters entsprachen.
    Ruppel selbst wurde durch die Luft davongetragen, über den Burghof und die Ostmauer hinweg, ohne dass die auf den Zinnen postierten Gardisten etwas davon bemerkten; die Fackeln und Feuerkörbe spendeten einfach zu wenig Licht, um den Kokon der Finsternis zu entreißen. Statt zum Portal zurückzukehren, hielt das Ungeziefer auf den nur wenige hundert Schritt entfernt verlaufenden Bannkreis zu.
    Das einzelne Insekt verfügte über keinen eigenen Willen, es war nur ein Werkzeug. Ein kleiner Teil von etwas Größerem, weitaus Mächtigerem, das in seiner Gänze auf Dauer unbezwingbar war. Angst vor der Vernichtung war diesem Geschmeiß unbekannt. Ohne auch nur einen Flügelschlag innezuhalten, hielt es auf die unsichtbare Kuppel zu, die Greifenstein vor magischen Angriffen schützte.
    Die dunkle Armada jenseits der Barriere spürte ihre Annäherung und machte sich entsprechend bereit. Im gleichen Moment, da der Kokon den Bannkreis passierte, zerfiel er zu Asche. Fingerbreit um Fingerbreit vergingen die Insekten, die der Magie des Schwingenschilds zu nahe kamen. Aber auf der anderen Seite waren schon Legionen neuer Diener bereit, Ruppel entgegenzunehmen und mit einem neuen Kokon zu umgeben.
    So glitt er in die sternenfunkelnde Nacht hinaus, ohne dass sich für ihn etwas änderte. Aller Sinne beraubt und von einem dichten Panzer umgeben, begab sich der ohnmächtige Großmeister auf eine lange Reise, den Bitterfelsen entgegen. Der erste Streich war gelungen, nun musste nur noch die Jadeträgerin in ihre Gewalt gebracht werden.
     
    Nispe wurde schon seit Tagen von Schlaflosigkeit geplagt. Er wusste, dass er bei Großmeister Ruppel in Ungnade gefallen war, und im Gegensatz zu Mea fehlte ihm die Zuversicht, dass sich die Dinge von allein wieder richten würden. Er hatte sich gerade von der linken auf die rechte Seite gewälzt, als ihn plötzlich ein Gefühl tiefen Unbehagens überkam. Er wusste nicht genau, was sich gerade verändert hatte, aber aus irgendeinem Grund spürte er deutlich, dass jemand zu ihnen in den Raum geschlichen

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